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Zielstrebig Richtung eines verheerenden Krieges

  • Februar 6, 2025
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Die Auswirkungen eines Krieges zwischen Iran und Israel: Soziale, politische und wirtschaftliche Dimensionen Zagros Andaryari In den letzten Monaten haben sich die Spannungen zwischen Iran und Israel erheblich

Zielstrebig Richtung eines verheerenden Krieges

Die Auswirkungen eines Krieges zwischen Iran und Israel: Soziale, politische und wirtschaftliche Dimensionen

Zagros Andaryari

In den letzten Monaten haben sich die Spannungen zwischen Iran und Israel erheblich verschärft. Konflikte wie diese, die häufig als Stellvertreterkrieg in Ländern wie Syrien und dem Libanon ausgetragen werden, zeigen den fortgesetzten Einsatz Irans zur Unterstützung bewaffneter Gruppen wie der Hisbollah und anderer schiitischer Milizen im Irak, Jemen und Syrien als Teil seiner Strategie zur regionalen Macht­erweiterung. Israel führt dagegen Luftangriffe auf iranische und verbündete Stellungen durch, um die Macht des Irans in der Region einzudämmen.

Vor kurzem hat der Iran zweimal Raketen auf Israel abgefeuert, worauf Israel mit Luftschlägen auf iranische Militäreinrichtungen reagierte. Diese Ereignisse verdeutlichen die wachsende Möglichkeit einer direkten militärischen Konfrontation zwischen den beiden Staaten. Das könnte sich zu einem großangelegten und verheerenden Krieg entwickeln, dessen Folgen weit über die Grenzen hinausreichen würden.

Die Situation der Minderheiten und Frauen

Die ethnischen und religiösen Minderheiten im Iran, insbesondere Kurden, Belutschen und Araber, sehen sich seit langem Repression und Diskriminierung ausgesetzt. Ein Krieg und die daraus resultierende innere Sicherheitskrise könnten diese Situation weiter verschärfen und die Bedingungen für politische Gefangene aus diesen Gruppen verschlimmern. Zeynab Jalalian, eine kurdische politische Gefangene und Symbolfigur des Widerstands kurdischer Frauen, bleibt trotz Krankheit und andauernder Folter inhaftiert.

Zeynab Jalalians Widerstand gegen ihre Repression inspiriert viele Frauen und Minderheiten im Iran, sich gegen die unterdrückende und diskriminierende Politik des Regimes aufzulehnen.

Neben Jalalian sind weitere kurdische Frauenaktivistinnen wie Pakhshan Azizi und Verisha Moradi, ebenfalls inhaftiert, zu Symbolen für Mut und Durchhaltevermögen gegen Unterdrückung und Diskriminierung geworden. Diese Frauen, die unter harten und unmenschlichen Haftbedingungen leiden, haben sich zu stillen Stimmen der Minderheiten und Frauen entwickelt, die für ihre Rechte kämpfen.

Ein kraftvolles Beispiel für diesen Widerstand zeigt sich in der Reaktion von Ahoo Daryaei[1]. Mit großem Mut durchbricht sie das Schweigen und die Unterdrückung, indem sie ihren Körper als Symbol des Protests gegen die geschlechtsspezifische Diskriminierung, den Missbrauch und die Erniedrigung der Islamischen Republik nutzt. Diese Form des Protests steht nicht nur für individuellen und kollektiven Widerstand, sondern auch für eine breitere soziale Bewegung, die darauf abzielt, Kreisläufe der Gewalt und Entmenschlichung zu durchbrechen. Solche Proteste können gerade in Krisenzeiten die Stimmen der Frauen als integralen Bestandteil sozialer und politischer Bewegungen verstärken und sie zu einer wirksamen Kraft für Veränderung machen.

Die Bewegung »Jin, Jiyan, Azadî« (Frau, Leben, Freiheit), die 2022 mit landesweiten Frauenprotesten im Iran begann, hat sich zu einem Symbol des Widerstands gegen Geschlechterdiskriminierung, ethnische Unterdrückung und staatliche Gewalt entwickelt. Diese Bewegung, die alle iranischen Frauen, insbesondere kurdische, belutschische und arabische Frauen, umfasst, setzt ihren Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit fort. Ein Krieg könnte jedoch die Errungenschaften dieser Bewegung gefährden, da die Regierung die Kriegsbedingungen als Vorwand verstärkter Repression nutzen könnte und Frauen weiter ihrer Grundrechte zu berauben.

Wirtschaftliche Situation

Ein Krieg zwischen Iran und Israel hätte steigende Militärausgaben, den Rückgang der ausländischen Investitionen und verschärfte Sanktionen zur Folge. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen des Iran könnte eine Eskalation der Krise zu höherer Arbeitslosigkeit, geringerer Produktion und wachsender sozialer Ungleichheit führen. Regionen nationaler Minderheiten, wie Kurdistan, die bereits unter erheblichen wirtschaftlichen Problemen leiden, würden wahrscheinlich noch schwerwiegendere wirtschaftliche und soziale Krisen erleben.

Die fortgesetzten Sanktionen und die instabile Kriegslage würden die Preise für Güter und Dienstleistungen in die Höhe treiben und die Kaufkraft der Bevölkerung stark verringern. Diese Situation könnte zu weit verbreiteter Unzufriedenheit und einer höheren Wahrscheinlichkeit von Protesten führen.

Die Situation der kurdischen Parteien

Sollte ein Krieg ausbrechen, wären die kurdischen Parteien im Iran mit einer komplexen Lage konfrontiert. Einerseits könnten die kurdischen Parteien im Iran entweder verstärkter Repression und Kontrolle ausgesetzt sein, oder könnten versuchen, die Situation für die Stärkung ihrer Position zu nutzen.

Darüber hinaus könnten die kurdischen Parteien neue Allianzen mit anderen nationalen und politischen Gruppen anstreben, um den äußeren Druck auf die Zentralregierung zu erhöhen und gemeinsame Forderungen wie Menschenrechte, Autonomie und soziale Gerechtigkeit voranzubringen.

Zusammenfassend hätte ein Krieg zwischen Iran und Israel erhebliche Auswirkungen auf diese Parteien. Während neue Möglichkeiten zur Erweiterung des Einflusses und zur Gewinnung von Unterstützung entstehen könnten, würden sie auch verstärktem Druck durch die iranische Regierung ausgesetzt sein.

Trotz der Herausforderungen könnten diese Parteien jedoch bestehende Unzufriedenheit und regionale Veränderungen nutzen, um ihren Einfluss zu erweitern und möglicherweise eine kurdische Autonomie im Osten Kurdistans zu erreichen, ähnlich wie in anderen Regionen Kurdistans.

Zunahme der Hinrichtungen

Ein besorgniserregender Aspekt des Kriegszustands ist die wahrscheinliche Zunahme der Hinrichtungen, insbesondere politischer Gefangener. Derzeit befinden sich sechs kurdische, vier belutschische, vier arabische und mehrere Gefangene mit doppelter Staatsbürgerschaft als Geiseln in der Gewalt des Regimes. Obwohl der Iran die doppelte Staatsbürgerschaft nicht anerkennt, könnte er das Leben dieser Menschen als Druckmittel für seine eigenen Zwecke nutzen, wobei Hinrichtungen als Abschreckung und zur Unterdrückung sozialer Unruhen eingesetzt würden. Diese Situation würde die sozialen Spannungen verschärfen und die Legitimität der Regierung weiter untergraben.

Soziale Konsequenzen und die Rolle der Zivilgesellschaft

Auf gesellschaftlicher Ebene könnten der Krieg und seine Folgen ein Klima der Angst und Unsicherheit schaffen. Zunehmende Hinrichtungen, Repressionen und Sicherheitsmaßnahmen führten zu weitverbreitetem Schweigen und Selbstzensur. Der Mut von Persönlichkeiten wie Ahoo Daryaei, Pakhshan Azizi, Zeynab Jalalian und Verisha Moradi, die sich mutig der Unterdrückung entgegenstellen, zeigt jedoch, dass der Kampf für Veränderungen lebendig und dynamisch bleibt.

Dies könnte eine breitere soziale Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung auslösen, in der sich Menschen aller ethnischen Zugehörigkeiten und Geschlechter gemeinsam gegen Unterdrückung wehren. Eine solche Bewegung könnte ein beispielloses Modell sozialer Solidarität bieten und die Menschen in ihrem Widerstand gegen die vom Regime auferlegten Zwänge und Ungerechtigkeiten stärken.

Die Rolle der Zivilgesellschaft in dieser kritischen Zeit ist von entscheidender Bedeutung. NGOs, Menschenrechtsaktivisten und soziale Gruppen können durch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Förderung des Dialogs eine wesentliche Grundlage für positive soziale Veränderungen schaffen. Diese Organisationen könnten Menschenrechtsverletzungen dokumentieren, die Regierung zur Rechenschaft ziehen und internationale Aufmerksamkeit auf die besorgniserregende Lage der Minderheiten und Frauen lenken. Auch unter einem repressiven Regime kann die Zivilgesellschaft die Forderungen nach Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit verstärken und eine stärkere und wirkungsvollere kollektive Stimme schaffen.

Internationale Folgen

Ein Krieg zwischen Iran und Israel hätte erhebliche internationale Auswirkungen und könnte westliche Länder und andere globale Mächte dazu veranlassen, die Menschenrechtslage und humanitären Krisen im Iran noch intensiver zu beobachten. Doch ein solcher Fokus könnte zu neuen wirtschaftlichen und diplomatischen Sanktionen führen, die die ohnehin angespannte Wirtschaftslage im Iran weiter verschärfen würden.

Ein Krieg zwischen Iran und Israel würde voraussichtlich die Repression und den Druck auf Minderheiten und politische Gefangene intensivieren und die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung, insbesondere gefährdeter Gruppen wie Frauen, zusätzlich verschlechtern.

In diesen Zeiten kann die Bewegung »Jin, Jiyan, Azadî« (Frau, Leben, Freiheit) eine zentrale Rolle in der sozialen Widerstandsfähigkeit spielen und das gesellschaftliche Bewusstsein stärken. Persönlichkeiten wie Zeynab Jalalian, Pakhshan Azizi und Verisha Moradi, die Mut im Angesicht von Unterdrückung verkörpern, würden die iranische Gesellschaft inspirieren und als Symbol für Gerechtigkeit und Freiheit stehen.

Auch die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen werden eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung politischer Gefangener und der Bewusstseinsbildung spielen. Letztlich kann eine soziale Solidarität unter den verschiedenen Gemeinschaftsgruppen und internationaler Druck dazu beitragen, Menschenrechtsverletzungen zu reduzieren und eine größere soziale Gerechtigkeit im Iran zu fördern.


[1]     Ahoo Daryaei, Doktorandin der französischen Literatur an der Islamic Azad University in Teheran, protestierte gegen die Hidschāb-Pflicht, indem sie ihre Oberbekleidung ablegte und sich in Unterwäsche in den Innenhof der Universität setzte. Daraufhin wurde sie festgenommen und in eine Psychiatrie verbracht.