Hintergründe der Nicht-Einladung Rojavas zu den Genfer Verhandlungen
Das US-amerikanisch-russische Tauziehen um die KurdInnen in Syrien
Can Çiçek, Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e. V.
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Eine ungehaltene Rede auf der 12. EUTCC-Konferenz in Brüssel 2016
Die führende Rolle der Frau in Zivilgesellschaft und Politik
Yüksel Genç
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Zum 17. Jahrestag der Entführung Abdullah Öcalans
Die Isolation von Imralı durchbrechen ...
Asrın Hukuk Bürosu, Rechtsanwaltsbüro
»... Der erste Nagel wurde in Moskau angesetzt; ich habe die Eiseskälte des Verrats erlebt. Der zweite Nagel kam in Rom hinzu; ich habe den spitzfindigen Machenschaften des Kapitalismus gegenüber die Würde nicht aufgegeben. Der dritte Nagel wurde in Athen eingeschlagen; durch den Verrat einer unvergleichlichen Freundschaft hat meine Stimme versagt, war ich gelähmt! Der vierte Nagel kam in Nairobi hinzu; ich wurde an die Türkei, die mit der Todesstrafe nach mir gefahndet hat, ausgeliefert. Als Resultat des ›Çar-mîx-[Vier-Nägel-]Komplotts‹ wurde ich in das Ein-Personen-Gefängnis der Insel Imralı im Marmara-Meer – das Grab des Hades – gesteckt und in die Erwartung der Kreuzigung [Todesstrafe] versetzt ...« (Abdullah Öcalan)
Das »Komplott der vier Nägel« war der Beginn von allem. Im Kurdischen bedeutet »çar mîx« »vier Nägel« und deutet auf die Stationen Abdullah Öcalans während des internationalen Komplotts sowie den schmutzigen Handel an diesen Stationen hin. Die Ereignisse an den vier Stationen Moskau, Rom, Athen und Nairobi in den vier Monaten vom 9. Oktober 1998 bis zum 15. Februar 1999 sind durch die von den USA angeführte NATO-Operation gestaltet worden. Jede dieser vier Stationen kommt für Öcalan einem an die Felsenriffe von Imralı geschlagenen Nagel gleich. Öcalan, der diese seine Tragödie und die des Volkes als Kreuzigung des modernen Rom bewertet, ist – wie im Falle des mythischen Helden Prometheus, der das Feuer aus den Fesseln der Götter befreite und dem Volk schenkte – seit 17 Jahren durch die Götter des kapitalistischen Systems an den Felsen von Imralı gekettet.
Auch wenn wir es historisch-mythologisch zum Ausdruck bringen, wird jede Herangehensweise ohne Berücksichtigung der Hintergründe die seit 17 Jahren andauernde Isolation von Imralı nicht interpretieren können und verfehlen. In seinem fast fünfzigjährigen politischen Wirken kämpft Öcalan darum, das kurdische Volk, dessen Identitäts-, kulturelle, soziale, politische, ökonomische und ästhetische Werte verleugnet wurden, erneut mit diesen Werten zusammenzuführen. Doch im Gegensatz zu zahlreichen Leitfiguren aus Geschichte und Gegenwart gründete und gründet er seinen Kampf auf die pluralistisch-demokratische Einheit der Völker. Denn Öcalans Dialektik manifestiert sich auf dem Grundsatz: »Eine Demokratisierung des kurdischen Volkes bedeutet eine Demokratisierung von Türken, Arabern, Persern, Assyrern, Armeniern, Tschetschenen, Turkmenen, Israelis.« Damit grenzt er sich auch deutlich von den Führungspersönlichkeiten ab, die im Verlauf ihrer Entwicklung eingeengt, totalitär, diktatorisch und faschistisch werden. Trotz des Wunsches der kapitalistischen Hegemonie, Öcalan möge ihrer Politik dienen, widmet er sich den vom kapitalistischen Radius ausgegrenzten und geschwächten Völkern, Glaubensgemeinschaften, dem weiblichen Geschlecht, den arbeitenden Klassen und der Natur. Aus diesem Grund wird der Fluch von Imralı fortgesetzt.
In diesem Monat wird der Todeskorridor von Imralı sein 18. Jahr erreichen; ein Labyrinth, das vom ersten Tag an stets auf Öcalan persönlich abgestimmt war und in dem ein gnadenloser politisch-psychologischer Krieg geführt wird. Die vom ersten Tag an mitten im Marmara-Meer geschaffene Isolationssituation, die darauf abzielt, ihn in absoluter Einsamkeit festzusetzen, besteht auch heute noch. Das Recht auf Besuche von Anwälten, Familie und anderen Besuchern, Kommunikation per Telefon oder Post, Informationsgewinnung durch Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen wurden im Verlauf teilweise oder, so wie in den letzten zehn Monaten, komplett eingeschränkt. Dazu gehören auch die Zwangsrasur der Haare, die Todesdrohungen, ständiges lautes Öffnen und Schließen der Türen, die Inhaftierung in einer 10 qm kleinen Zelle mit einem Minifenster, die dutzenden Bunkerstrafen und physisch-psychologische Strafen wie die, über zehn Jahre lang Einzelhäftling auf der Insel zu sein.
Die einer Entführung gleichende jüngste Zwangsverlegung am 15. März 2015 von zwei der fünf Häftlinge, die als beratender Beirat in der Dialogphase auf die Insel gebracht worden waren, zeigt, dass sämtliche Vorgehensweisen gegen Herrn Öcalan im Sinne des Komplotts fortgeführt werden. Seine Ablehnung der Nahostpolitik des Dreiergespanns USA-Großbritannien-Israel in den 1990er Jahren, womit er zum »störenden Akteur« geworden war, fand ihr Ende mit dem Komplott vom 15. Februar. Mit seinem Ziel eines »demokratischen Kurdistan und Nahen Ostens sowie einer demokratischen Zivilisation« hat er in den 2000ern die Liquidation ins Leere laufen lassen. Sein demokratisch-freiheitlich-konstruktiver Führungsstil hat bei den Verantwortlichen des Komplotts Ängste generiert und zu der Totalisolation geführt.
Die Deskription dieser »Totalisolation« über die historischen und aktuellen Hintergründe vorzunehmen und den politisch-juristischen Kampf hierauf zu gründen, scheint am ehesten geeignet. Die globalen Akteure des Komplotts waren bisher trotz zahlreicher Bemühungen keinen juristischen Konsequenzen ausgesetzt. Genau diese aber würden auch die Illegalität des seit der rechtswidrigen Verschleppung bestehenden Regiments von Imralı bestätigen. Das Verfahren Öcalan/Griechenland, das am 22. Februar in Athen fortgeführt wird, ist ein wichtiges Medium, um die internationale Rechtlosigkeit des Komplotts offenzulegen. Aus diesem Grund möchten wir uns vor dem 22. Februar mit dem Aufruf Öcalans von 2003 in Imralı an die Verfahrensleitung wenden:
»Die griechischen Richter und Staatsanwälte sollten ihrer Pflicht nachkommen, die an dem Komplott beteiligten Schuldigen vor Gericht zu stellen und zu verurteilen. Sollten sie dies nicht tun, werden sie, wie auch die regierende Elite, die Sokrates ihrer Interessen wegen dem Tode überließ, als ›verdammte Richter und Staatsanwälte‹ in die Geschichte eingehen und sich nicht davon befreien können, zu einem Instrument des Komplotts geworden zu sein.«
Die Offenlegung und Quittierung dieser internationalen Beziehungen wird auch dem Sumpf ein Ende bereiten. Mit der Aussage »Ich bin ein Gefangener des internationalen Komplotts« weist Öcalan auf diese Realität hin. Das Komplott und die Totalisolation als Ausdruck internationaler Angriffe können nur über diese Art der Deutung überwunden werden. Die Isolation von Imralı zu durchbrechen, bedeutet gleichzeitig auch, den Angriffen auf kurdische Städte ein Ende zu setzen. Öcalan zeigt Wege auf, diese sozialen, politischen und militärischen Angriffe zu überwinden:
»Die gänzliche Vereitelung des internationalen Komplotts hängt vom Erfolg der Etablierung eines Systems der demokratischen Moderne sowie der Bemühungen für Frieden und eine demokratische Lösung ab. Es gilt weiterhin als Aufgabe für die Völker und alle verantwortlichen Kräfte, dieses Komplott, das alle Verräter und Kollaborateure des 20. Jahrhunderts unter dem höchsten imperialistischen Willen vereint, zu einem historischen Frieden in Anatolien und Mesopotamien zu transformieren. Das Wahrnehmen dieser Aufgabe ist auch der Weg des gewünschten würdevollen Friedens, der Geschwisterlichkeit, Freiheit und Gleichberechtigung ...«