Eelamtamilische Frauen – Opfer des systematischen Völkermords in Sri Lanka

Täter dieses Verbrechens müssen vor Gericht gebracht werden!

Uma Jeneevan, Tamilische Frauen-Organisation e. V.

Vortrag von Uma Jeneevan, Tamilische Frauen Organisation e. V. Deutschland, auf der internationalen Frauenkonferenz »Eelamtamilische Frauen – Opfer des systematischen Völkermords in Sri Lanka«, 09.05.2015 in Frankfurt. Der Vortrag wurde aus dem Englischen übersetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Namen der Tamilischen Frauen-Organisation e. V. Deutschlands heiße ich alle herzlich Willkommen, die zu dieser »Internationalen Frauenkonferenz« aus der ganzen Welt gekommen sind. Vor allem begrüße ich Ananthi Sasitharan – ein Mitglied des nördlichen Provinzrates in Sri Lanka, Elong Josianne – von der EPEE in Frankreich, Bjørg Spillum – Direktion für Integration und Vielfalt in Norwegen, Yvette Annie – Fédération des Initiatives des Femmes Africaines de France et d’Europe in Frankreich, Anna Annor – Menschenrechtsaktivistin aus der Schweiz, Sivakumary Kuhendran – Vorsitzende der Tamilischen Frauen-Organisation e. V. Norwegen und die Vertreterinnen der YXK-Jin, die autonome Frauenorganisation des Verbandes der Studierenden aus Kurdistan.

Obwohl das heutige Thema der Völkermord an tamilischen Frauen in Sri Lanka ist, ist es unser Wunsch, über die Probleme zu reden, mit denen Frauen auf der ganzen Welt konfrontiert sind.

Die Situation von Frauen hat sich im Allgemeinen nach dem Zweiten Weltkrieg verändert, Frauen wurden 1949 in die Menschenrechte mit einbezogen, die besagen, dass eine Frau ebenfalls eine Person ist, die Respekt und Freiheit verdient.

Dennoch werden Frauen durch Kriege, sexuellen Missbrauch und soziale Eliminierung schwer geschädigt. So wie tamilische Frauen ein Ziel eines Völkermords in Sri Lanka sind. Wir hoffen, einige Lösungen, zumindest Ansätze zu bekommen, um die Sicherheit dieser Frauen zu erhöhen und die Umstände zu ändern.Völkermord an den Tamilen

Die Frauen von Tamil Eelam sind einem breiten Spektrum an sexuellem Missbrauch ausgesetzt als Teil einer systematischen Genozid-Kampagne gegen ihr Volk durch den srilankischen Staat.

Die Nation von Tamil Eelam mit ihrer historischen Heimat im nördlichen und östlichen Teil der Insel, der nun als Teil von Sri Lanka betrachtet wird, war seit dem Abzug der britischen Kolonialmacht 1948 einem systematischen Genozid durch die benachbarte singhalesische Nation ausgesetzt.
Von 1978 bis 2009 führten die Tamil Tigers (Liberation Tigers of Tamil Eelam – LTTE) eine Kampagne des bewaffneten Widerstands gegen die singhalesische militärische Besetzung ihres Heimatlandes durch. Sri Lanka vernichtete diesen Widerstand im Mai 2009. In der letzten Phase des bewaffneten Konflikts von September 2008 bis Mai 2009 wurden den UN, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und anderen internationalen Vertretern der Zugang zur tamilischen Region durch die Regierung von Sri Lanka verwehrt. Während dieser Zeit sollen, laut UN-Bericht, wiederholt eine ganze Reihe von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Vergewaltigung als Kriegswaffe, vorgekommen sein. Mehr als 147 000 tamilische Zivilisten wurden während dieser 8 Monate getötet oder sind verschwunden.

In der Tamil-Eelam-Gesellschaft sind kultureller Konservatismus und alte Geschlechterrollen immer noch verbreitet und dies wurde von srilankischem Militärs, Paramilitärs, geheimdienstlichen und höheren Strukturen ausgenutzt, um Geburten von Tamil-Eelam-Kindern zu verhindern, indem sie Tamil-Eelam-Frauen erniedrigten, verstümmelten und vergewaltigten. Gesellschaftliche Normen wie die Entblößung von Körperteilen und die Jungfräulichkeit bei der Hochzeit haben dafür gesorgt, dass Frauen öffentlich verhört und körperlich durchsucht wurden, willkürlicher Verstümmelung und Vergewaltigung ausgesetzt waren und entweder Selbstmord oder ein Leben in Abgeschiedenheit wählten.

Ex-Mitglieder der LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam), männliche und weibliche, sind die einzigen Mitglieder der Tamil-Eelam-Gesellschaft, die sich auf einer Ebene emanzipiert haben, auf der ein Opfer von Erniedrigung, Verstümmlung oder Vergewaltigung sein/ihr Leiden überwinden und sich wieder fortpflanzen kann. Die weiblichen Ex-Kader der LTTE werden daher besonders ins Visier genommen. Viele von ihnen wurden mehrfach in Internierungslagern oder während wochenlanger Verhöre vergewaltigt und wurden erst nach einem Zeitraum, nach dem ein Schwangerschaftsabbruch nicht mehr möglich war, entlassen. Sie stehen vor der Wahl, sich das Leben zu nehmen, das Risiko eines Schwangerschaftsabbruchs einzugehen oder das Kind eines singhalesischen Soldaten zu gebären. Sie stehen nach ihrer Entlassung außerdem weiter unter Beobachtung und haben keinen Kontakt zu männlichen LTTE-Ex-Kadern, die die einzigen Männer wären, die eine Frau heiraten würden, die sexuellen Missbrauch erlitten hat. Zudem wurden viele zwangssterilisiert.

Eine große Anzahl Tamil-Eelam-Frauen aus der gesamten tamilischen Heimat, unabhängig von Alter oder sozialer Schicht, sind sexuell missbraucht worden. Ex-Mitglieder von LTTE sind zusätzlichem Missbrauch ausgesetzt. Dies sind keine Verbrechen, die von ein paar verdorbenen Soldaten im Alleingang begangen werden. Das Muster des sexuellen Missbrauchs weist auf eine systematische Kampagne zur Verhinderung von Geburten innerhalb einer nationalen Gruppe hin.

Zunächst möchte ich über den völkermordähnlichen sexuellen Missbrauch an Frauen der Tamil Tigers sprechen.

Sri Lankas Völkermordkampagne gegen die Eelam-Tamil-Nation ist langwierig und facettenreich. Frauen stellten besondere Ziele für systematischen Missbrauch dar, welcher auf die Zerstörung der zukünftigen Lebensfähigkeit der Nation abzielte. Während der ersten antitamilischen Pogrome 1958 war die Massenvergewaltigung von tamilischen Frauen so verbreitet wie Brandstiftung und Mord. Gewalt gegen Frauen, einschließlich Massenvergewaltigungen und öffentlicher Erniedrigung, machte große Teile der antitamilischen Pogrome und Kriegsmisshandlungen aus.
Seitdem der bewaffnete Widerstand 2009 endete, hat sich die Kampagne gegen Frauen intensiviert. Von der Behandlung weiblicher Leichname, die auf den letzten Schlachtfeldern gefunden wurden, bis zu der Art der Untersuchungen von weiblichen Studentinnen an der Universität Jaffna Anfang 2013 gibt es ein klares Muster, welches entwickelt wurde, um psychische und physische Verletzungen zu verursachen und Geburten innerhalb der tamilischen Nation zu verhindern.

1. Völkermordähnliche Taten sexuellen Missbrauchs an Frauen von Tamil Eelam seit 2009
Trotz der verbesserten Bildung bleibt die eelamtamilische Gesellschaft in ihren gesellschaftlichen Anschauungen konservativ und gebunden an veraltete Geschlechterrollen. Ihren nackten Körper, den sie vor niemandem enthüllen soll, und ihre Jungfräulichkeit für ihren Ehemann zu schützen, wird als erste Pflicht einer Frau betrachtet. Diese Geschlechterrollen nehmen keine Rücksicht auf Opfer sexueller Gewalt.

Ein Vergewaltigungsopfer zum Beispiel wird als Schande für die Familie und als untauglich für die Ehe betrachtet, da sie keine Jungfrau mehr ist. Frauen, die nackt in der Öffentlichkeit zu sehen sind, wird vorgeworfen, ihre Keuschheit verloren zu haben, selbst wenn dabei eine Waffe auf sie gerichtet war.

1.1 Erniedrigung
Intime, unangemessene und sexuell anzügliche Fragen und Zurschaustellung von Frauen, welche in einer streng patriarchalen Gesellschaft aufwuchsen, verursachen irreparable mentale Verletzungen. Solche Akte, die in der Öffentlichkeit stattfinden und häufig von Familienmitgliedern mitangesehen werden, vergrößern die Folter der Demütigung.

Ab Januar 2009 wurden alle, die aus Gebieten der LTTE kamen, in Spezialcamps, die in gerodeten Dschungelgebieten im Norden der Insel errichtet wurden, festgehalten. Während den UN und internationalen Einrichtungen der Zugang verwehrt wurde, wurden Frauen und Männer, die in keiner familiären Beziehung zueinander standen, dazu gezwungen, in Gruppen von 20 Leuten in kleinen Zelten zu leben. Toiletten und Sanitäranlagen wurden nicht bereitgestellt. Als Badestellen dienten offene Teiche inmitten des Stacheldrahtgeheges des Camps, die oft neben Polizei- oder Militärpunkten lagen. Frauen wurden in der Nähe der Badestellen regelmäßig tot aufgefunden.

Öffentliche Durchsuchungen, einschließlich Leibesvisitationen von Frauen durch männliche Soldaten und Geheimdienst­offiziere, sind Routine geworden. Am 27. November 2012 wurde beispielsweise das Mädchen-Wohnheim der Universität Jaffna von männlichen Militär- und Geheimdienstoffizieren überfallen. Mädchen wurden in der Öffentlichkeit durchsucht, ihren Eltern wurde gesagt, dass sie sich für weitere Verhöre melden sollen. Zusätzlich führt das Militär eine Datenbank mit Fotos von tamilischen Familien, einschließlich Frauen und junger Mädchen, und oft kursierten diese Fotos durch die paramilitärischen Netzwerke.

1.2 Verstümmlung
Die Verstümmlung des Körpers als Folge von Folter während der routinemäßigen Befragung von Verdächtigen ist ein übliches Verfahren auf der Insel. Man findet in der ganzen tamilischen Heimat sowohl Männer als auch Frauen mit Genitalverstümmlung als Folge von Folter. Tamil-Eelam-Frauen werden gezielt entstellt, damit sie kein normales Leben führen können. Ende 2011 tauchten die »grease devils« in der tamilischen Heimat auf. Bei den »grease devils« handelt es sich um Männer, die im Alleingang und überzogen mit Schmierfett in der Nacht in militärisch kontrollierten Dörfern auftauchten.
Die Aktivitäten der »grease devils« beschränkten sich auf sexuelle Übergriffe und die willkürliche Brustverstümmlung von tamilischen Frauen. Die Häuser wurden nur selten ausgeraubt. Gelegentlich, wenn der Hausbesitzer Alarm schlug, wurden die »devils« von den Dorfbewohnern in Militärlager verjagt.
Viele Frauen, die in den bewaffneten Auseinandersetzungen der letzten Monate verletzt wurden, wurden in militärisch kontrollierten Krankenhäusern aufgenommen, nicht erreichbar für die Medien oder andere unabhängige Personen. Im direkten Auftrag der srilankischen Militärverwaltungen wurden unnötige Operationen durchgeführt, um die Frauen dauerhaft zu entstellen. In vielen Fällen, insbesondere bei Frauen, wurden notwendige operative und medizinische Eingriffe verweigert bis sich ihr Gesundheitszustand so verschlechterte, dass Körperteile amputiert werden mussten.

1.3 Vergewaltigung
Mehrere Videoaufnahmen aus den letzten Tagen des bewaffneten Konfliktes und unmittelbar danach zeigen, dass Frauen, die gefangen genommen wurden, Opfer von abstoßendem sexuellen Missbrauch und Massenvergewaltigungen wurden und dann erschossen wurden. Viele dieser Videos wurden von srilankischen Soldaten aufgenommen. Viele Frauen wurden vergewaltigt und geschwängert, wenn sie in militärisch besetzte Gebiete kamen und während sie in Camps festgehalten wurden. Familien berichteten immer wieder, dass unverheiratete Frauen schwanger aus den Lagern zurückkehrten. Vergewaltigungen von Frauen in militärisch besetzten Gebieten, vor allem aber auch in den eigenen vier Wänden, sind weit verbreitet. Im Januar 2013 wird beispielsweise von zwei Fällen berichtet: Der erste Fall berichtet über ein vierjähriges Kind, welches in der Nähe eines militärischen Checkpoints vergewaltigt und danach zurückgelassen wurde, der andere Fall berichtet von einer 27-jährigen, psychisch instabilen, tamilischen Frau, die vergewaltigt in einem Brunnen in der Nähe eines Militärcamps gefunden wurde.

1.4 Zwangsweise Geburtenkontrolle
Trotz der geringen Bevölkerungsdichte des tamilischen Heimatlandes im Vergleich zum Rest der Insel und des langsamen Bevölkerungswachstums in der Region werden viele eelamtamilische Frauen zu Maßnahmen einer dauerhaften Geburtenkontrolle in Krankenhäusern gezwungen, welche unter strenger Kontrolle der srilankischen Regierungsbehörden stehen. Frauen, die ihr erstes oder zweites Kind gebären, werden dazu gezwungen sich sterilisieren zu lassen.

2. Genozidale Handlungen sexuellen Missbrauchs gegen weibliche Ex-Kader der LTTE
Während die LTTE in erster Linie einen Kampf für das Recht auf Abspaltung vom modernen Staat Sri Lanka führten, setzten sie sich auch für eine soziale Revolution in der Gesellschaft von Tamil Eelam ein. Dabei waren Frauen in allen Bereichen der LTTE-Aktivitäten beteiligt, sowohl in den höchsten Stellen der zivilen Verwaltung als auch an der Front, immer gleichberechtigt mit ihren männlichen Genossen. Viele Männer und Frauen traten den LTTE bei, nachdem sie Opfer oder Zeuge srilankischer Völkermordhandlungen wurden. Weil ihre Organisation die Perspektive einer sozialen Revolution hat, waren männliche und weibliche Kader zu einem Leben in der Normalität befähigt, sogar nach der Erniedrigung, Körperverletzung und Vergewaltigung. Von vielen weiblichen Ex-Kadern, die Gliedmaßen verloren oder erhebliche sichtbare Wunden erlitten hatten, ist bekannt, dass sie männliche Kader geheiratet und Kinder bekommen haben. Seit 2009 wurden die Unterwerfung und der Missbrauch von weiblichen Ex-LTTE-Kadern auf alle Frauen Tamil Eelams ausgeweitet. Von der Minute an, in der sie das von den LTTE verwaltete Gebiet verließen, wurden sie in speziellen Lagern interniert. Weit weg von zivilen Siedlungen und für mehrere Jahre wurden sie nur in so genannte »Gastfamilien« entlassen, werden zu regelmäßigen Verhören gerufen und es wird ihnen verboten, in Kontakt mit anderen Ex-LTTE-Kadern zu treten.

2.1 Zwangsschwangerschaft
Mehrere Ex-Kader der LTTE wurden systematisch vergewaltigt, während sie in speziellen Lagern interniert waren. Der Missbrauch war keine Foltermethode, die der Informationsgewinnung diente: Die Opfer wurden nicht befragt. Viele wurden nach dem Missbrauch ermordet. Die meisten Opfer wurden im späten Stadium der Schwangerschaft aus den Lagern entlassen. Alle Ex-LTTE-Kader, die aus der Internierung entlassen werden, müssen sich routinemäßig bei speziellen Verhörzentren melden. Die meisten der ehemaligen weiblichen Kader werden von führenden Geheimdienstlern vergewaltigt. Ihre Schwangerschaft wird sichergestellt und die Möglichkeiten von medizinischen Abtreibungen werden ihnen verwehrt. Im Distrikt Jaffna gab es nach 2009 einen Anstieg von Geburten und von ausgesetzten Babys. Dies sind Kinder, die nach dem Mai 2009 gezeugt wurden. Es wird berichtet, dass hochschwangere Ex-LTTE-Kader Selbstmord begangen haben oder Abtreibungen zu Hause vorgenommen haben und danach ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

2.2 Vereinzelung
Weibliche Ex-Kader sind entweder in Sonderlagern interniert oder werden in Häusern sogenannter »hosts« faktisch isoliert. »Hosts« sind registrierte Familien, oft nahe Verwandte der Betroffenen, die zugestimmt haben, Verantwortung für die freigelassenen Ex-Kader zu übernehmen. Sie versprechen dafür zu sorgen, dass sie zu den Routineverhören gehen und die Ex-Kader von Männern zu isolieren. 2012 wurden dutzende von Frauen, die meisten von ihnen Ex-Kader, im Namen der Umsetzung der »konstruktiven Empfehlungen« der Erkenntnis- und Versöhnungsorganisationen des srilankischen Präsidenten von der srilankischen Armee zwangsrekrutiert und so zur Isolation verurteilt. Viele wurden später mit psychischen Traumata ins Krankenhaus gebracht. Staatliche Medien berichteten, dass diese neuen Rekrutinnen von Dämonen besessen seien.

2.3 Zwangssterilisation
Die Mehrheit der verheirateten Ex-LTTE-Kader wurden unmittelbar nach ihrer Auslieferung an das srilankische Militär im Jahre 2009 gegen ihren Willen massenhaft im Vavuniya-Krankenhaus und in geheimen Haftanstalten sterilisiert. Nach 2009 wurden ahnungslose tamilische Zivilisten ohne ihre Zustimmung zur Sterilisation gezwungen. Ahnungslose Frauen, die verdächtigt wurden, mit den LTTE in Verbindung zu stehen, wurden zu Abtreibungen gezwungen. Die Kinder von Frauen, die unmittelbar nach ihrer Kapitulation entbunden hatten, wurden den Müttern gegen ihren Willen weggenommen.
Das zweite Thema, über das ich berichten möchte, sind die Tamil-Eelam-Frauen.

Die meisten Touristen denken, dass Sri Lanka eine Insel mit idyllischen Plätzen, Resorts, heiligen Tempeln und herzlichen Menschen ist. Im Jahr 2014 besuchten 1,5 Millionen Touristen Sri Lanka und jedes Jahr erhöht sich die Anzahl.

In Sri Lanka gibt es jetzt eine neue Regierung unter dem Präsidenten Maithripala Sirisena. Noch heute gibt es gemäß den Berechnungen des Ostministeriums für Frauen ungefähr 86 000 Kriegswitwen, jung und alt, und alle sind tamilische Frauen. Sie alle kämpfen um ihr Überleben. Die meisten tamilischen Witwen leben im nördlichen Sri Lanka.

Eine Witwe namens Vijayalakshmi Masilamani sagt: »Das Leben ist jetzt härter als zu Zeiten des Krieges. Während des Krieges halfen sich die Menschen untereinander. Jetzt ist es hart, weil wir größtenteils nur Frauen sind. Und jede ist bedürftig.« Vijayalakshmi muss arbeiten, um mit ihren zwei Kindern zu überleben. Sie zum Beispiel sortiert Fisch in verschiedene Größen. Sie bekommt nur zwei Dollar und etwas Fisch, weit entfernt von einer sicheren Beschäftigung. An Tagen, an denen sie, wegen schlechten Wetters oder anderer Probleme, nicht arbeiten kann, muss sie sich Geld von anderen leihen, um die Schulgebühren für ihre zwei Töchter zu bezahlen. Somit ist sie gezwungen, einen weiteren Nebenjob zu haben. So hat Vijayalakshmi ein Lebensmittelgeschäft eröffnet. Sie findet, dass es besser gewesen wäre, wenn sie im Krieg umgekommen wäre. Könnt Ihr die Emotionen und Gedanken nachempfinden, die man beim Kampf ums Überleben hat? Nicht nur sie fühlt solches, jede tamilische Witwe erfährt dies.
Das nächste Beispiel erzählt die Geschichte von Shyla Ithayaraj, die das »Tharaka-Witwenzentrum« leitet. Dieses Zentrum wird von Witwen geführt, die anderen Witwen helfen, indem sie Kochkurse geben und ihnen zeigen, wie sie bei der Haushaltsführung Geld sparen können. Jede Witwe steuert etwas von dem Geld bei, das sie verdient. So kann das Tharaka-Zentrum bei familiären Notfällen rechtzeitig kleine Darlehen geben. »Sehr schwierig«, sagt Shyla, »viele Männer sagen: Lebe ehrenvoll, bleib zuhause und so weiter. Die Herausforderungen, mit denen die tamilischen Witwen im Osten und Norden konfrontiert sind, unterscheiden sich von denen der Singhalesen.«

Eine ihrer Aufgaben sind Hausbesuche, bei denen sie sich die Probleme der Frauen anhört. Ein Bericht ist über eine Frau, die selbst Witwe ist. Auch ihre Mutter und ihre älteste Tochter sind Witwen. Sie wollte, dass ihre jüngste Tochter heiratet. Aber niemand stellt sich als Bräutigam vor wegen des familiären »Pechs«.

Eine weitere Witwe ist Maheshwari Sivalingam. Sie erzählt, dass tamilische Witwen in Flüchtlingscamps evakuiert wurden. Es gab keine medizinische oder psychologische Hilfe für verletzte Frauen. Menschen sind gestorben. Sie haben nicht nur finanzielle Probleme, sondern leiden auch unter Depressionen. Viele Witwen sind nicht mehr in der Lage, Geld zu verdienen, da sie, wie Maheshwari, Körperteile verloren haben und nun körperlich behindert sind. In den Fällen, in denen diese Frauen noch ein eigenes Haus besitzen, wurde es ihnen weggenommen mit der Begründung, sie bräuchten diesen Raum nicht mehr und sie wurden so dazu gezwungen umzusiedeln. Die Regierung gab ihnen dafür eine monatliche Unterstützung von zwei Dollar.

Shanty Sachithanantham, eine Frauenrechtsaktivistin, die insbesondere die Witwen unterstützt, erwähnt, dass tamilische Frauenrechtsorganisationen in Sri Lanka nicht unabhängig arbeiten können. Sie ärgert sich sehr über die Tatsache, dass sich die Regierung und die Armee in Treffen der Witwen einmischen. Folglich können keine ehrlichen und offenherzigen Gespräche entstehen. Die Regierung lehnt bewusst Beratungen ab, verbessert aber die Infrastruktur der Insel, um nach außen keinen falschen Eindruck zu erwecken.

Der systematische und gut geplante sexuelle Missbrauch von Tamil-Eelam-Frauen in ihrer Gesamtheit zeigt, dass es Planung auf Staatsebene gibt, die zum Ziel hat, physischen und mentalen Schaden zu verursachen und besonders die Geburten innerhalb der ethnischen Gruppe der Eelam Tamilen zu verhindern. Die Muster und die Art der Missbräuche machen klar, dass die Planer die Schwächen der Nation von Eelam-Tamil, besonders ihre Einstellungen gegenüber sexueller Gewalt, genau studiert haben und die tamilischen Frauen demütigen, verstümmeln und vergewaltigen, um sicherzustellen, dass sie Selbstmord begehen oder ein Leben in Isolation wählen, ohne eine eigene Familie zu gründen und Kinder zu bekommen. Die mutwillige, öffentliche Zurschaustellung und die sexualisierten, öffentlichen Verhöre von Frauen im gebärfähigen Alter ohne begründeten Verdacht auf eine Beteiligung an politischen Aktivitäten weisen darauf hin, dass es hier um die reine Demütigung und nicht um Informationsgewinnung geht. Die Überfälle der »grease devils« waren außergewöhnlich, da sie nicht mit Raub verbunden waren. Ihre einzige Absicht war, die Genitalien von tamilischen Frauen zu verstümmeln und die öffentliche Meinung dahingehend zu bestärken, dass diese Frauen Opfer von Vergewaltigungen geworden sind. Die Tatsache, dass kein Einziger der »grease devils« bestraft worden ist, nachdem sie in Armeelager gejagt wurden, ist der stärkste Beweis für eine Beteiligung des Staates. Die Auswahl der weiblichen Ex-LTTE-Kader für weitere Missbräuche belegt die tiefe Analyse der eelamtamilischen Gesellschaft und die Komplexität der Planung auf sehr hoher Ebene der srilankischen Verwaltung. Die Tatsache, dass die meisten Ex-LTTE-Kader nach den Vergewaltigungen nicht ermordet, aber dann geschwängert werden und erst nachdem Abtreibungen nicht mehr möglich sind, freigelassen werden, zeigt die Absicht der Vergewaltiger. Sie sollen dafür sorgen, dass die politisch aktivste und sozial emanzipierteste Gruppe tamilischer Frauen Kinder von singhalesischen Soldaten zur Welt bringen soll. Die wiederholte Schwängerung von Kadern und die anschließende Unterbringung in sogenannten »Gastfamilien« folgt dem Muster des Sicherstellens, dass Ex-Kader nur Kinder von Soldaten zur Welt bringen sollen. Die Isolierung von weiblichen und männlichen Ex-Kadern und die Beseitigung ihrer Kinder zeigt eine weitere Besessenheit von der Absicht, Geburten in Teilen der Bevölkerung, die dem tamilischen Befreiungskampf verbunden sind, insgesamt zu verhindern. Statt die sozioökonomischen Herausforderungen unmittelbar nach dem bewaffneten Konflikt zu erleichtern, sind Besatzungs- und Regierungskräfte aktiv daran beteiligt, besonders verwundbare Frauen auszubeuten und weiter zu missbrauchen.

Unsere Forderungen an die internationale Gemeinschaft sind:

– Erkennen Sie an, dass der einem erkennbaren Muster folgende sexuelle Missbrauch von eelamtamilischen Frauen in genozidaler Absicht begangen wurde.

– Ergreifen Sie sofortige Maßnahmen zur Beendigung der anhaltenden Militarisierung des tamilischen Heimatlandes, welche die sexuelle Gewalt verschlimmert, und drängen Sie auf den Abzug der zahlreichen srilankischen Kräfte, die bereits das tamilische Heimatland besetzen.

– Stellen Sie sicher, dass allen Tamilen, die in Internierungslagern und speziellen Geheimlagern festgehalten werden, sofortiger Zugang zu internationalen Organisationen ermöglicht wird und sie entlassen werden, damit sie schnellstmöglich ein normales Leben führen können.

– Initiieren Sie eine unabhängige internationale Untersuchung des Genozids an den Eelam-Tamilen auf der Insel, um so die Täter dieses Verbrechens vor Gericht zu bringen.

– Führen Sie ein von der UN unterstütztes Referendum durch, das die politischen Bestrebungen der Eelam Tamilen -sowohl in der Heimat als auch in der Diaspora- ermittelt, mit einem freien und souveränen Staat als ausdrücklicher Option, da es [Anm. das Referendum] das demokratische Instrument für eine dauerhafte Lösung des Konfliktes der Insel ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Volksrat der Eelam Tamilen – Deutschland e.V.
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