Liebe Leserinnen und Leser,
das Verfassungsreferendum in der Türkei über die Einführung eines Präsidialsystems bestimmt derzeit die politische Agenda wie kein anderes Thema. Es ist auf den 16. April datiert. Als sicher gilt, dass uns bis dahin äußerst angespannte Zeiten bevorstehen.
Denn die AKP wird aller Voraussicht nach ähnlich wie zwischen den Wahlen vom 7. Juni und 1. November 2015 auf kontrollierten Terror setzen. Vizepremier Kurtulmuş hat bereits angekündigt, dass der Terror in der Türkei wohl bis zum Referendum anhalten, doch mit einem »Ja« zum Präsidialsystem ein Ende finden werde.
Die Regierungspartei will sich allerdings nicht auf die psychologische Kriegsführung beschränken. Sie geht auch ganz praktisch gegen ihre Kritiker, potentielle Gegner des Präsidialsystems und allgemein gegen die Opposition vor. Besonders stehen hier selbstverständlich HDP und DBP im Fokus. Es macht an dieser Stelle wenig Sinn, Zahlen zu den Festnahmen zu nennen, weil sie täglich steigen. Der türkische Staatsterror ist mittlerweile allgegenwärtig. Der Weg zum Faschismus in der Türkei nimmt immer klarere Züge an. Doch die Angriffslust der AKP macht zugleich auch ihre Nervosität und ihre Angst vor einem »Nein« beim Referendum deutlich.
Gleichzeitig herrscht in der internationalen Politik zumindest kollektives Schweigen gegenüber der AKP. Manch eine Regierung treibt es sogar noch schlimmer und unterstützt den Staatsterror des Erdoğan-Regimes aktiv. Die Völker und die demokratischen Kräfte im Land sind sich dessen bewusst, dass diejenigen Regierungen in Europa und auf der Welt, die diesem Regime noch weiter den Rücken stärken, mitverantwortlich sind für die von der AKP begangenen Menschenrechtsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dass die Bundesregierung hierbei besonders negativ auffällt und in Sachen Verfolgung kurdischer Aktivistinnen und Aktivisten brav dem Erdoğan-Regime nacheifert, ist kein Geheimnis.
Doch dann gibt es da noch die andere Seite, die viel Grund für Hoffnung und vor allem Kraft für den Widerstand gibt. Die große Zahl Langer Märsche für die Freiheit Abdullah Öcalans, die überall in Europa und in Kurdistan stattfanden, hat den Startschuss für einen langen Frühling des Widerstandes gegeben. Der Weltfrauentag am 8. März und das Newrozfest am 21. März werden den Widerstand gegen die AKP und ihren faschistischen Kurs fortsetzen. Die voranschreitende Revolution von Rojava ist für uns alle zu einer permanenten Quelle der Hoffnung geworden.
Wir müssen aber für diese Hoffnung auf eine andere Welt auch selbst aktiv werden. Die nächsten Wochen können richtungsweisend sein für die Zukunft der Türkei, Kurdistans und des gesamten Mittleren Ostens. Deshalb lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass der gerechtfertigte Widerstand gegen den AKP-Faschismus auch von hier aus geleistet wird! Lasst uns auch gemeinsam über unsere eigenen Alternativen im Hier und Jetzt diskutieren, voneinander lernen und kollektiv ein neues Leben aufbauen. Dafür kann die Konferenz »Die kapitalistische Moderne herausfordern III: Demokratische Moderne entfalten – Widerstand, Rebellion, Aufbau des Neuen« über Ostern in Hamburg eine gute Gelegenheit bieten. Wir würden uns jedenfalls freuen, Euch dort anzutreffen.
Eure Redaktion