Export der schiitischen islamischen Revolution durch den Iran

Schiitische Milizen im Nahen Osten

Arez Andaryari, Journalist

 

Die iranischen Revolutionsgarden haben ein umfangreiches Netzwerk von schiitischen Milizen im Nahen Osten aufgebaut, die im Interesse der iranischen Regierung agieren.

Der Einsatz von Milizengruppen und anderen Stellvertretern im Krieg hat seine Wurzeln in den Konflikten zwischen den Machtblöcken während des Kalten Krieges. Nach dem Zerfall des bipolaren Systems versuchen die Hauptakteure in Ostasien und im Nahen Osten mittels dieser Gruppen, eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der neuen Ordnung in dieser Region zu spielen, statt sich in einer Konfrontation direkt gegenüberzustehen.

Besonders in der Außenpolitik Irans spielt diese Strategie, die auf Stellvertreterkräfte setzt, auch nach dem Zusammenbruch des bipolaren Systems, eine zentrale Rolle. Der Iran legt dabei großen Wert darauf, seinen strategischen Einflussbereich im Nahen und Mittleren Osten auszuweiten. Dafür versucht er in Konflikten zwischen Regierungen zu vermitteln und gleichzeitig mit Hilfe seiner Stellvertreterkräfte seine Werte und Regeln durchzusetzen. Diese Gruppen haben in der Außenpolitik der Islamischen Republik Iran die Funktion, Bedrohungen durch Feinde in der gesamten Region und in unmittelbaren Nachbarländern entgegenzuwirken.

Ein kurzer Blick auf die Geschichte der Quds-Einheit und ihre Bemühungen zur Gründung von Milizen

Die Quds-Einheit ist Teil der Revolutionsgarde. Neben den Boden-, Luft- und Seestreitkräften sowie der Basidsch-Miliz wird diese Einheit als fünfte aktive Kraft der Islamischen Revolutionsgarden bezeichnet und ist für Auslandseinsätze verantwortlich.

Die Aktivitäten der Quds-Einheit begannen während des Iran-Irak-Krieges in den 80er Jahren mit dem Ziel, Spionage- und Militäraktionen im Irak durchzuführen. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Organisation und Verbreitung der Ideologie der Islamischen Republik Iran außerhalb der Landesgrenzen, insbesondere in Kriegsgebieten und umliegenden Ländern im Nahen Osten. Die Quds-Einheit ist die Abteilung für Auslandseinsätze der Revolutionsgarden, und ihr Wirken zielt darauf ab, die Ereignisse und Beziehungen zwischen den Staaten zu beeinflussen und die Interessen der Islamischen Republik durchzusetzen.

Nach Beginn der Unruhen in Syrien im Jahr 2011 hat die Quds-Einheit einen neuen Aufgabenbereich in der Region übernommen. Insbesondere in Syrien nahmen diese Aufgaben mit dem Angriff des IS auf den Irak erheblich zu. Vier Jahre nach der Tötung von Qasem Soleimani, dem Kommandanten dieser Einheit, durch die USA 2020 in der Nähe des Flughafens von Bagdad, scheint es, als hätten sich Veränderungen in der Politik der Quds-Einheit vollzogen. Diese Veränderungen sind größtenteils auf den politischen Wandel und den Einfluss des neuen Kommandanten zurückzuführen.

Die Gründung und Einflussnahme der Quds-Einheit lassen sich historisch in vier Phasen unterteilen:

Die erste Phase bezieht sich auf das Jahr 1989, als diese Einheit aus der 9. Badr-Division des Auslandskommandos Ramadan gebildet wurde, das einen wesentlichen Teil der großen militärischen Organisationen der Revolutionsgarden und der iranischen Regierung darstellt.

Die zweite Phase der politischen Aktivitäten der Quds-Einheit ist die des Aufbaus dieser Einheit sowie der Basidsch-Organisation und umfasst die Übertragung aller militärischen Befugnisse und Ressourcen sowie die Aufwertung der Position des Landes in internationalen Konflikten und asymmetrischen Kriegen außerhalb der iranischen Grenzen. In dieser Phase, in der der Aufbau und militärisches Training den Schwerpunkt der Einheit bildeten, wurde das Kommando für zehn Jahre an General Ahmad Vahidi übertragen.

Die dritte Phase der Aktivitäten der Quds-Einheit, die im Ausland mit unbegrenzten Befugnissen auf dem Höhepunkt ihrer militärischen und politischen Macht operierte, fiel in die 23-jährige Amtszeit von Qasem Soleimani. Die vierte Phase der politischen Aktivitäten der Quds-Einheit kann als eine der Schwächung dieser Kräfte im Irak und der Ausweitung der weniger intensiven militärischen Aktivitäten beschrieben ­werden. Es ist die aktuelle Phase, die mit der Amtszeit von Esmail ­Qaani zusammenfällt.

Militärische Gruppierungen außerhalb der Grenzen der Islamischen Republik Iran

In den letzten vier Jahrzehnten hat die Islamische Republik Iran mehrere wichtige militärische Organisationen außerhalb ihrer Grenzen gegründet, um ihre geopolitischen Ziele zu verfolgen und die schiitische Gemeinschaft weltweit zu unterstützen. Diese Organisationen unterstehen der Revolutionsgarde (IRGC) sowie den Geheimdiensten und der Spionageabwehr des Iran.

Eine Übersicht über diese Organisationen:

1. Freiheitskämpfer der Revolutionsgarde: Diese Gruppe wurde von Mohammad Montazeri, dem Sohn Hossein Ali Montazeris, gegründet. Ihre Aufgaben umfassten Auslandseinsätze und den Kampf gegen Israel.

2. Das Hauptkomitee der Islamischen Revolution im Irak: Gegründet unter der Führung von Seyyed Mahmoud Shahroudi zur Koordinierung der Oppositionskräfte gegen die Baath-Partei im Irak. Die Gründung dieser Organisation fiel zeitlich mit jener der 9. Badr-Division zusammen. Sie führte politische, kulturelle und militärische Aktivitäten durch.

3. Freiheitskämpferbewegung der Revolutionsgarden: Diese Gruppe wurde von Mehdi Hashemi, dem Schwiegersohn von Hossein Ali Montazeri und einem führenden Mitglied der IRGC gegründet.

4. Gruppe für unregelmäßige Kriegsführung: Geleitet von Mostafa Chamran, konnte diese Gruppe auf dessen Erfahrungen in unregelmäßiger und Guerillakriegsführung im Libanon und Ägypten zurückgreifen. Nach Chamrans Tod im Iran-Irak-Krieg wurde die Gruppe aufgelöst.

5. Zentrum für unkonventionelle Kriegsführung: 1983 unter der Leitung von Mohsen Rezai und dem Kommando von Ali Rezai gegründet, wurde diese Organisation 1984 zum Ramazan-Hauptquartier weiterentwickelt. Das Ramazan-Hauptquartier war eine offizielle militärische Organisation, die sich auf Spionage, Guerillakriegsführung und unkonventionelle Aktivitäten spezialisierte.

6. Nasr-Kommando: Unter dem Kommando von Reza Saifollahi gegründet, hatte diese Organisation das Ziel, Verbindungen zu den schiitischen und kurdischen Organisationen im Irak aufzubauen. Später fusionierte sie mit der Quds-Einheit.

7. Die 9. Badr-Division: Diese Division spielte eine wichtige Rolle während Saddam Husseins Herrschaft und gehörte zur Infrastruktur der Quds-Einheit. Ihre Aktivitäten waren umfangreich und von besonderer Bedeutung für die iranischen militärischen Bestrebungen im Irak.

Diese Organisationen spiegeln die umfassende Strategie des Iran wider, seinen Einfluss in der Region auszuweiten und seine politischen sowie militärischen Interessen durch den Einsatz von Proxy-Kräften und militärische Unterstützung für schiitische Gruppen voranzutreiben.

Unter den genannten Organisationen ist die Rolle der 9. Badr-Division besonders hervorzuheben. Denn sie ist eine militärische Organisation, die während der Herrschaft Saddams im Irak gegründet wurde. Ursprünglich wurde sie durch irakische schiitische Gegner und Kriegsgefangene im Iran ins Leben gerufen. Mit der Umwandlung der 9. Badr-Brigade zur 9. Badr-Division übernahm Adnan Ibrahim, bekannt als Abu Ali Basri, das Kommando. Später führten Abu Mahdi al-Muhandis und Hadi Farhan al-Amiri die Division und spielten nach dem Sturz Saddam Husseins eine entscheidende Rolle in den politischen und militärischen Ereignissen im Irak. Mit über 10.000 Mitgliedern trugen sie maßgeblich zur Gründung der Hashd al-Shaabi (Volksmobilisierungskräfte) im Irak bei.

»Krieger ohne Grenzen«

Die Quds-Einheit ist eine Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarde, die für Auslandseinsätze zuständig ist und umfangreiche militärische Trainingsprogramme in Ländern wie dem Irak, Afghanistan, Pakistan, Jemen, Syrien, Libanon, Palästina, Bosnien, Venezuela, Kolumbien, Bolivien und Zentralasien organisiert. Mit etwa 800 aktiven Zentren und rund 10.000 bis 50.000 militärischen Kräften und Beratern bietet sie Ausbildung, Training, Organisation und Unterstützung an.

Der Führer der Islamischen Revolution, Ali Khamenei, bezeichnet die Quds-Einheit als »Krieger ohne Grenzen«. Ihr Kommandosystem operiert autonom und unabhängig in jedem Land und Kriegsgebiet, was ihnen umfassende Befugnisse vor Ort verschafft. Das Ausbildungszentrum der Quds-Einheit in Teheran, bekannt als Imam-Ali-Sicherheitszentrum, arbeitet parallel zur Basidsch-Organisation und ist auf den Umgang mit inländischen Protesten und Unruhen spezialisiert. Die Spezialeinheit 400 der Quds-Einheit ist für grenzüberschreitende Terroranschläge und elektronische Kampfführung zuständig.

Die Islamische Republik Iran unterstützt die Milizen hauptsächlich aus strategischen und religiösen Gründen, um ihren Einfluss im Nahen Osten auszuweiten, den Einfluss der USA in der Region zu begrenzen, Israel zu bekämpfen und die schiitische Gemeinschaft zu fördern. Der Einsatz von Proxy-Gruppen ist für den Iran kostengünstiger und sicherer als direkte militärische Konfrontationen.

Die Islamischen Revolutionsgarden haben ein umfangreiches Netzwerk von schiitischen Milizen im Nahen Osten aufgebaut, die im Namen der iranischen Regierung agieren. Laut Aussagen einiger Mitglieder der Quds-Brigaden umfasst dieses Netzwerk bis zu 200.000 bewaffnete schiitische Kräfte im Nahen Osten, die sowohl militärisch ausgebildet als auch strategisch eingesetzt werden.

Ein Überblick über iranische Stellvertreterkräfte im Nahen Osten

Die iranischen Stellvertreterkräfte im Nahen Osten sind zentral für die Außenpolitik der Islamischen Republik Iran. Diese Kräfte, die hauptsächlich von der Quds-Einheit der Iranischen Revolutionsgarde unterstützt werden, operieren in verschiedenen Ländern der Region.

Die Unterstützung dieser Stellvertreterkräfte durch den Iran dient mehreren Zwecken. Zum einen nutzt der Iran diese Gruppen, um seinen geopolitischen Einfluss im Nahen Osten auszudehnen und die Machtverhältnisse in der Region zu seinen Gunsten zu gestalten. Zum anderen steht die Verteidigung und Förderung des schiitischen Glaubens und der Gemeinschaften in der Region im Mittelpunkt der iranischen Strategie. Darüber hinaus dienen die Präsenz und Aktivitäten dieser Gruppen als Abschreckung gegen Feinde des Iran, insbesondere die USA und Israel, ohne dass der Iran direkte militärische Konfrontationen eingehen muss. Der Einsatz von Stellvertreterkräften ist für den Iran auch kostengünstiger und weniger riskant als direkte militärische Auseinandersetzungen.

Diese Stellvertreterkräfte bilden somit einen wesentlichen Bestandteil der iranischen Außenpolitik und militärischen Strategie im Nahen Osten. Sie ermöglichen es dem Iran, seine Interessen zu wahren und seine geopolitischen Ziele zu verfolgen, indem er seine Präsenz und seinen Einfluss in der Region stärkt.

Hisbollah im Libanon
Eine der bedeutendsten und mächtigsten Stellvertreterkräfte ist die Hisbollah im Libanon. Diese schiitische paramilitärische Organisation entstand als Reaktion auf die israelische Invasion des Libanon im Jahr 1982 und hat seitdem eine zentrale Rolle im libanesischen Widerstand gegen Israel und in der politischen Landschaft des Landes gespielt. Hisbollah ist tief in die inneren Konflikte Syriens verwickelt und hat entscheidend dazu beigetragen, das Regime von Bashar al-Assad zu stützen und gegen den IS zu kämpfen. Viele westliche Länder, darunter die USA, sowie Israel und einige arabische Staaten betrachten die Hisbollah als terroristische Organisation.

Die Koalition Ahl al-Bait
Eine weitere wichtige Gruppe sind die Verteidiger der Heiligtümer der Ahl al-Bait, eine Koalition von Milizen, die von der Quds-Einheit der Revolutionsgarden und der libanesischen Hisbollah unterstützt und ausgebildet werden. Diese Gruppen bestehen aus Schiiten aus Afghanistan, Pakistan, dem Irak, Syrien und dem Libanon und agieren wie reguläre Regierungstruppen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, schiitische Heiligtümer zu schützen und die Interessen des Iran zu verteidigen.

Die syrische Hisbollah
Im Syrienkonflikt hat der Iran auch die syrische Hisbollah ins Leben gerufen, eine Erweiterung der libanesischen Hisbollah, um das Assad-Regime zu unterstützen. Diese Gruppe wurde von Hussein Hamdani, einem hochrangigen iranischen Kommandeur, begründet und arbeitet eng mit der syrischen Armee zusammen. Ihre Aufgaben umfassen den Schutz wichtiger schiitischer Heiligtümer wie das Grab von Sayyida Zaynab. Die syrische Hisbollah besteht aus etwa 15.000 Zwölfer-Schiiten1, die von Kommandeuren der libanesischen Hisbollah und der Revolutionsgarde ausgebildet werden. Im April 2014 erklärte die syrische Hisbollah offiziell ihre Gründung und bestätigte den Tod von acht ihrer Mitglieder. Sie betonten, den Weg Khomeinis fortzusetzen.

Liwa Fatemiyoun in Syrien
Liwa Fatemiyoun ist eine bewaffnete schiitische Gruppe in Syrien, die hauptsächlich aus im Iran ansässigen Afghanen besteht. Nach ihrer Ausbildung und Koordination in den Kasernen der Revolutionsgarden werden sie in Syrien eingesetzt. Nach aktuellen Informationen leben mehr als 2.500 Mitglieder dieser Brigade, afghanische Schiiten, sowohl im Iran als auch in Syrien und kämpfen in verschiedenen Regionen Syriens. Diese Brigade wurde, wie in den iranischen Medien berichtet, erstmals von siebzehn schiitischen Afghanen mit Wohnsitz in Damaskus gegründet.

Liwa Zainabiyoun
Die neu gegründete Liwa Zainabiyoun ist die dritte militärische Gruppe, die im Iran für den Krieg in Syrien ausgebildet wurde. Ihre Mitglieder bestehen aus pakistanischen Schiiten, die im Iran leben. Diese Brigade begann ihre Tätigkeit nach dem Angriff des IS auf den Irak mit Unterstützung der Quds-Einheit der Revolutionsgarden. Ihr Zentrum befindet sich im Irak, und ihre Hauptquartiere sind in der religiösen Stadt Qom im Iran und in Islamabad, Pakistan. Diese Brigade hat enge Verbindungen zur pakistanischen Hisbollah. Der Gesamtkommandeur dieser Brigade ist Hadi Naqvi, der offen erklärt hat, dass diese Gruppe ein Zweig der libanesischen Hisbollah ist.

Liwa Badr im Irak
Liwa Badr ist eine der bekanntesten Gruppen unter den Verteidigern der heiligen Schreine im Irak und hat enge Verbindungen zur Islamischen Republik Iran und den Revolutionsgarden. Diese Brigade ist eine von 42 aktiven Milizen im Irak, die direkt vom Iran unterstützt wird. Liwa Badr ist der militärische Zweig der Islamischen Gesellschaft des Irak, die 1980 von Mohammed Baqir al-Hakim, dem damaligen Führer dieser politischen und militärischen Gruppe, gegründet wurde. Ihre Mitglieder bestehen aus irakischen Gefangenen und Flüchtlingen im Iran. Derzeit wird Liwa Badr von Hadi al-Ameri kommandiert, der zuvor Mitglied des irakischen Parlaments und Verkehrsminister war und eine wichtige Rolle bei der Vereinigung der irakischen Bevölkerung gegen die Terrorgruppe IS spielte. Er hatte enge Verbindungen zu Qassem Soleimani, dem Kommandeur der Quds-Einheit der iranischen Revolutionsgarden.

Liwa Abu al-Fadl al-Abbas
Diese Brigade wurde aus mehreren schiitischen Milizen im Irak gebildet und begann ihre offizielle Tätigkeit im Jahr 2013 zum Schutz des Schreins von Sayyida Zainab, der Tochter des ersten Imams der Schiiten, in Syrien. Zu den Mitgliedern dieser Brigade gehören viele Angehörige der libanesischen Hisbollah und irakische Staatsbürger, die in Damaskus leben. Der militärische Offizier von Liwa Abu al-Fadl al-Abbas, Ala al-Kaabi, gab bekannt, dass die Brigade derzeit aus 500 Soldaten im Irak besteht. Der Kommandeur dieser Brigade ist Hussein Abu Ajib, ein schiitischer Iraker, der in Syrien lebt und enge Verbindungen zur Quds-Einheit des Iran pflegt.

Liwa Zulfiqar
Diese Brigade ist neben Liwa Abu al-Fadl al-Abbas eine zweite schiitische Miliz in Damaskus, deren Mitglieder erklären, dass ihre Aufgabe der Schutz des Schreins der Tochter des ersten Imams der Schiiten sei. Der Kommandeur dieser Brigade war Abu Shahd al-Jubouri, der im Februar 2014 bei den Kämpfen in Damaskus getötet wurde. Es gibt nur wenige Informationen über diese Brigade, aber zwei bekannte Kommandanten dieser Gruppe sind Abu Shahd al-Jubouri und Fadhil Sobhi, beides Mitglieder der Verteidiger der heiligen Schreine im Iran.

Asa'ib Ahl al-Haq
Mahmoud Hashemi Shahroudi, der frühere Leiter der Justizbehörde des Iran und derzeit Mitglied des Führungsgremiums des Expertenrates im Irak, erteilte die offizielle Genehmigung für die militärischen Aktivitäten der Gruppe Asa'ib Ahl al-Haq im Irak unter der Leitung von Scheich Qais Khazali. Diese Gruppe wird von der Hisbollah im Libanon als eine ihrer Unterorganisationen betrachtet und hatte vor dem Terrorangriff des IS auf den Irak etwa 30.000 Mitglieder. Heute ist die Zahl ihrer Kämpfer auf über 50.000 angewachsen.

Saraya al-Salam
Früher bekannt als Jaish al-Mahdi, wird diese Gruppe vom schiitischen Geistlichen Muqtada al-Sadr im Irak geleitet. Saraya al-Salam ist eine der irakischen Milizen, die nach dem Fall von Mûsil (Mosul) beim Angriff durch den IS von Muqtada al-Sadr gegründet wurde. Muqtada al-Sadr erlangte 2003 nach dem Sturz des Saddam-Regimes große Bekanntheit. Er ist der Sohn von Ayatollah Muhammad Muhammad Sadiq al-Sadr, einer der einflussreichsten religiösen Persönlichkeiten im Irak. Nach der US-Besetzung des Irak im Jahr 2003 gründete Muqtada al-Sadr die Gruppe Jaish al-Mahdi, um gegen die Besatzer zu kämpfen. Die Kämpfer von Jaish al-Mahdi lieferten sich mehrfach Gefechte mit amerikanischen Truppen in verschiedenen irakischen Städten, insbesondere in Najaf.

Saraya al-Khorasani
Die meisten Mitglieder der Brigade Saraya al-Khorasani stammen aus dem Süden und der Mitte des Iraks, und ihr Hauptziel war der Kampf gegen die Terrorgruppe IS. Der Kommandeur dieser schiitischen Brigade, Sayed Ali Ali Yaseri, forderte in einem Interview offen die Gründung einer Revolutionsgarde im Irak. Ein Merkmal, das diese Brigade von anderen irakischen Milizen unterscheidet, ist ihr Logo, das dem der Islamischen Revolutionsgarde des Iran ähnelt.

Hisbollah-Brigade im Irak
Die Hisbollah-Brigade im Irak ist eine weitere bewaffnete schiitische Gruppe, deren Mitglieder hauptsächlich Anhänger von Ayatollah Muhammad Baqir al-Sadr und Ayatollah Khomeini sind. Diese Gruppe begann ihre Aktivitäten im Jahr 2003. Obwohl sie zu den erbittertsten Feinden von Saddam Hussein zählte, verurteilte sie die Besetzung ihres Landes durch fremde Mächte aufs Schärfste. Nach dem Sturz des Saddam-Regimes führte die Hisbollah-Brigade ihren ersten Angriff gegen amerikanische Truppen im Jahr 2003 im Gebiet Al-Baladiyat in Bagdad durch und setzte ihre Aktionen und Angriffe bis 2011 fort. Die Hisbollah im Irak ist Teil der Hisbollah im Libanon unter der Führung von Hassan Nasrallah und wurde von Wathiq al-Battat gegründet. Wathiq al-Battat emigrierte 1993 zusammen mit einigen anderen Feinden Saddam Husseins in den Iran. Die Anzahl der Mitglieder der Hisbollah im Irak wird auf etwa 380.000 geschätzt, alle bewaffnet und mit über zehntausend Raketen ausgestattet.

Imam-Ali-Brigade
Die Imam-Ali-Brigade ist eine Gruppe schiitischer Milizen im Irak unter der Führung von Muhammad Shibl al-Zaidi. Die Imam-Ali-Brigade wurde, wie andere schiitische Gruppen, mit Unterstützung der Islamischen Republik Iran zur Bekämpfung des IS gegründet.

Lashkar-e Seyyed al-Shuhada
Lashkar-e Seyyed al-Shuhada ist eine Gruppe, die im Jahr 2003 gegen amerikanische Streitkräfte im Irak kämpfte und 2011 eine wichtige Rolle im syrischen Bürgerkrieg spielte. Die Mitglieder dieser Gruppe sind irakische Schiiten, deren erklärtes Ziel in Syrien der Schutz des Schreins von Hazrat Zainab war. Abu Mustafa Khazali wurde zum Kommandeur dieser Gruppe und Abu Ala al-Walai zum Gesamtleiter ernannt. Es liegen jedoch nur wenige Informationen und Bilder über sie vor.

Bewegung al-Nujaba
Die »Islamische Widerstandsbewegung Hisbollah al-Nujaba«, kurz Bewegung al-Nujaba, wurde von einigen Schiiten gegründet, die der Islamischen Republik Iran nahestehen. Diese Gruppe pflegt sehr enge Beziehungen zur Hisbollah im Libanon. Es gibt ein Bild ihres Kommandanten zusammen mit Hassan Nasrallah bei einem Besuch im Libanon. Die Bewegung al-Nujaba ist die einzige Gruppe, die während des Krieges gegen den IS im Irak behauptet hat, eine Drohne namens »Yasir« gebaut zu haben.

Ansar Allah Huthis im Jemen
Die Huthis, bekannt als die Bewegung der Jugend, sind eine politische und religiöse Bewegung, die in der Region Saada im Jemen beheimatet ist. Diese Bewegung wurde 1992 von Hussein Huthi in Opposition zur Regierung des Jemen gegründet. Ein Hauptgrund für die Entstehung dieser Bewegung, unterstützt durch den Iran, ist der Kampf gegen die Vorherrschaft der USA, Saudi-Arabiens und deren Verbündete in der Region. Das genaue Ausmaß der iranischen Unterstützung für die Huthis ist unbekannt, aber es wird angenommen, dass die Gruppe seit dem Jahr 2015 jährlich bis zu 100 Millionen Dollar aus Teheran erhält. Die Unterstützung umfasst zudem die Lieferung von Drohnen und Raketen sowie militärische Ausbildung und die Bereitstellung geheimdienstlicher Informationen. Für den Iran hat sich die Zusammenarbeit mit den Huthis als besonders erfolgreich erwiesen.

Hossein-Anhänger in Aserbaidschan
Die Islamische Widerstandsbewegung Aserbaidschans oder auch die Gruppe der Hossein-Anhänger (Hosseinçilar) ist eine soziale und politische Bewegung in der Republik Aserbaidschan. Ihre Mitglieder sind Absolventen der islamischen Hochschule in Qom und stehen der Politik der aserbaidschanischen Regierung kritisch gegenüber. Neben den in der Republik Aserbaidschan lebenden Mitgliedern sind auch Aserbaidschaner aus Russland, dem Kaukasus, der Türkei und Europa in dieser Bewegung aktiv.

Ein Mullah namens Tohid Ebrahimi (Bili) ist der Gründer und erste Leiter der Gruppe der Hossein-Anhänger. Am Anfang äußerte die Gruppe ihren Protest und ihre Unzufriedenheit über der Politik der aserbaidschanischen Regierung gegenüber den Schiit:innen. Damals war die Gruppe noch unbekannt. Als in Aserbaidschan religiöse Aktivisten verhaftet und verurteilt wurden, verließ die Gruppe das Land. In den folgenden Jahren begann sie zu Beginn der Kriege in Syrien und im Irak, sich zum Schutz der Schreine der Ahl al-Bayt und zur Bekämpfung von Terrorismus, IS und takfiristischen2 Gruppen zu betätigen. Zuletzt wurde 2017 offiziell der Name »Hossein-Anhänger« für diese Gruppe gewählt, um das Wohlwollen von Qassem Soleimani, dem Kommandeur der Quds-Einheit der ­Revolutionsgarde, zu gewinnen, und die Gruppe kündigte offiziell Aktionen an.

Es ist erwähnenswert, dass viele der Aserbaidschaner der Hossein-Anhänger nach ihrer Teilnahme am Syrienkrieg und ihrer Rückkehr in ihr Heimatland zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden oder auf andere Weise durch die Regierung mit Repression belegt wurden.

Die höchste Zahl an Proxy-Kräften

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass wahrscheinlich kein anderes Land der Welt, selbst die Großmächte, außerhalb seines eigenen Territoriums so viele Proxy-Kräfte und Stellvertreter hat wie Iran. Es ist bemerkenswert, dass ein Land, dessen wirtschaftliche Situation instabil ist und das im inneren mit Unzufriedenheiten konfrontiert ist, einen erheblichen Teil seiner finanziellen Mittel und Ressourcen dafür verwendet, Proxy-Kräfte außerhalb seiner geografischen Grenzen zu etablieren. Die Regierung der Islamischen Republik Iran ist sehr fähig in der Gründung und Nutzung ihrer Proxy-Kräfte und greift, um ihre eigenen Ziele zu erreichen, sogar auf Gruppen zurück, die sie nicht selbst gegründet hat und die ihr ideologisch nicht nahestehen.

 

 Fußnoten

1 Die größte Strömung innerhalb der Schia. Den Zwölfer-Schiit:innen gehören ca. 80% der schiitischen Muslim:innen an. Ein Unterschied zu den anderen Strömungen innerhalb der schiitischen Glaubenslehre ist die Zahl der anerkannten Imame.

2 Takfirismus ist eine salafistische Strömung, die andere Muslim:innen sehr schnell zu Ungläubigen erklärt.


   Kurdistan Report 235 | Oktober-Dezember 2024