Ein historischer Blick in die Entwicklungen der Frauenrechtssituation unter verschiedenen Herrschaftsformen
Die Situation der Frauen im Iran und in Ostkurdistan
Farhad Jahanbeygi, Journalist
Die Situation der Frauen im Iran und in Ostkurdistan steht im Zusammenhang mit der allgemeinen Lage der iranischen Gesellschaft und Bevölkerung. Aufgrund des Mangels an Demokratie und des religiösen und patriarchalen Systems werden Frauen weiterhin unterdrückt. Im Folgenden wird dargelegt, dass diese Unterdrückung eine Kontinuität hat, obwohl sich die Herrschaftsform im iranischen Staat durch Revolutionen und Aufstände immer wieder veränderte.
In der Geschichte Irans gab es viele berühmte Frauen aller dort lebenden Nationalitäten, wodurch sich die Situation der Frauen in verschiedenen Phasen und unter aufeinanderfolgenden Regierungen, die diese Region beherrscht haben, verändert hat.
Aufgrund des Zoroastrismus1 wurde früher die Gleichstellung von Männern und Frauen bis zu einem gewissen Grad akzeptiert. Im Sassanidenreich2 saß beispielsweise Purandokht3 als Herrscherin auf dem Thron und regierte mehr als zehn Länder. Obwohl Frauen auf höchster politischer und militärischer Ebene selten eine Rolle spielten, waren sie in der Armee zahlreich vertreten und beteiligten sich aktiv an Kriegen.
Nach der Etablierung des Islam und seiner Herrschaft über die Gesellschaft sowie seiner Integration in Macht und Politik verschlechterte sich die Situation der Frauen im Zentraliran. So wurden sie jahrhundertelang nirgends in der iranischen Geschichte erwähnt. Unter den Kurd:innen spielten Frauen jedoch eine Rolle und hatten historischen Quellen und religiösen Büchern zufolge einen Platz in den Emiraten und auf der Ebene der religiösen Führung (bspw. bei den Yaresan4).
Den historischen Quellen nach wurde Frauen insbesondere nach der Eroberung Irans durch die Mongolen unabhängig von ihrer Klassenzugehörigkeit keine bedeutende Rolle zugestanden, und sie wurden sogar in Harems (der Unterwelt vergleichbare Orte innerhalb der Paläste der Könige, die Frauen vorbehalten sind) festgehalten. Am Ende der Qajaren-Dynastie5 kam es unter westlichem Einfluss zu einigen Veränderungen im Iran, insbesondere nach der »Konstitutionellen Revolution«6. Obwohl Frauen eine gesellschaftliche Teilhabe zugestanden wurde und sie die Möglichkeit bekamen ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, waren sie nicht gleichberechtigt und hatten kein Wahlrecht.
In der Schlacht von Teheran (1909) spielte eine Kurdin namens Bibi Maryam Baxtiyarî eine bedeutende Rolle. Sie infiltrierte Teheran mit mehreren Kavalleristen und schloss sich zusammen mit ihnen den Kräften der Armee von Sardar Asad Baxtiyarî (den sie unterstützte) an, als diese eintraf. Sie griff die Kosaken an und beteiligte sich aktiv an der Schlacht, wodurch sie berühmt wurde.
Während der »Konstitutionellen Revolution« gab es im Iran nur eine Frauenorganisation, die Mukhadrat Vatan Vereinigung, die 1910 gegründet wurde und hauptsächlich öffentliche Aktivitäten organisierte. Im Bereich der Frauenrechte war sie jedoch nicht besonders aktiv. Besonders engagierten die Mitglieder sich gegen die russische und britische Besatzung Irans.
Während der Regierungszeit von Reza Schah Pahlavi I. (1925-1941 Schah von Persien) wurden mehrere Frauenorganisationen gegründet. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Reza Schah sein wahres Gesicht als Diktator zeigte und begann, alle Parteien, Organisationen und Zeitungen, auch die der Frauen, zu unterdrücken. Darüber hinaus machte er das Ablegen des Kopftuchs zur Pflicht und befahl seinen Polizisten, den Frauen auf der Straße die Kopfbedeckungen abzunehmen.
Das Frauenwahlrecht wurde erstmals 1952 im iranischen Nationalrat (Parlament) diskutiert. Sayed Hassan Moderis, einer der prominentesten Mullahs Irans und damaliges Parlamentsmitglied, lehnte es jedoch ab und sagte: »Das Wahlrecht für Frauen führt zu politischer Instabilität, religiöser Korruption und Chaos in der Gesellschaft.«
Im Jahr 1962/63 lehnte Ruhollah Khomeini, ein damals prominenter Mullah, die Genehmigung des Projekts »Provinz- und Provinzräte«, das den Regionen eine begrenzte Selbstverwaltung gewährte, ab. Insbesondere lehnte er ab, Frauen das Wahlrecht zu gewähren, aber seine Ablehnung war erfolglos, und das Frauenwahlrecht wurde schließlich eingeführt.
Nach dem Sieg der iranischen Volksrevolution7 1979 und der Machtergreifung der Mullahs verschlechterte sich die Lage der Frauen. Sie spielten zwar eine bedeutende Rolle beim Umsturz, und viele von ihnen starben bei den Demonstrationen vor dem Sieg der Revolution. Doch mit der Einführung des gesetzlichen Hijab-Zwangs wurden Frauen zunehmend aus der Gesellschaft ausgeschlossen und marginalisiert. 1988 wurden zahlreiche Frauen hingerichtet.
Obwohl Frauen offiziell nicht daran gehindert wurden, sich an gesellschaftlichen Angelegenheiten zu beteiligen und sogar Positionen in niedrigeren Führungsebenen einzunehmen, gab es für sie keine Chancengleichheit, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und sich in die Verwaltungs- und Machtstrukturen der Gesellschaft einzubringen. Frauen spielten immer wieder eine bedeutende Rolle bei den Aufständen gegen das Regime im Iran und in Ostkurdistan. Besonders in der Jin Jiyan Azadî-Revolution8 wurde die Rolle der weiblichen Führung deutlich, und viele bezeichnen diesen Aufstand als »Frauenrevolution«.
Zur Zeit hält der Widerstand der Frauen gegen das frauenfeindliche und patriarchalische Regime im Iran an, und das Regime unterdrückt sie auf jede erdenkliche Weise. Die aktuellen Statistiken zeigen eine hohe Zahl weiblicher politischer Gefangener in iranischen Gefängnissen. Derzeit gibt es im Iran einige Frauenorganisationen, die jedoch unter der Aufsicht und Kontrolle des iranischen Regimes stehen und nicht unabhängig arbeiten und kämpfen können. Organisationen, die außerhalb der Behörden agieren, wird entweder die Möglichkeit einer Betätigung untersagt, oder sie werden geschlossen und ihre Vorsitzenden und Mitglieder inhaftiert.
Im Exil sind mehrere iranische Frauenorganisationen tätig, sie können aber mangels Möglichkeiten keine Wirkung entfalten. Mit einer Ausnahme verfügen all die im iranischen Staat lebenden Nationen über keine unabhängigen Frauenorganisation, höchstens über Zusammenschlüsse innerhalb von Organisationen unterschiedlicher Ausrichtung. Die Ausnahme, die sich derzeit unabhängig und aktiv in der politischen und organisatorischen Arbeit im Iran und in Ostkurdistan engagiert, ist die Gemeinschaft der freien Frauen Ostkurdistans (KJAR). Die kurdische ist auch auch die einzige Nation auf iranischem Staatsgebiet, die über einen unabhängigen Kampfverband von Frauen verfügt: die Frauenverteidigungskräfte (HPJ) führen ihre Arbeit und Kämpfe unter dem Dach der Demokratischen und Freien Gesellschaft Ostkurdistans (KODAR) durch.
Frauenorganisationen im Iran
Frauenbewegungen wurden im Nahen Osten nach 1900 gegründet. Ihre Ziele und Aktivitäten variierten je nach den herrschenden Umständen in den verschiedenen Ländern. Im Iran wurden die ersten Frauenorganisationen offiziell mit Beginn der »Konstitutionellen Revolution« während der Qajarenzeit gegründet.
Qajarenzeit (Qajaren-Dynastie)
1910 wurde während der »Konstitutionellen Revolution« mit der bereits erwähnten nationalen Mukhadrat Vatan Vereinigung die erste unabhängige Frauenorganisation im Iran gegründet. Zuvor schon hatten mehrere Männer und Frauen im Jahr 1907 die Frauen-Freiheitsorganisation gegründet, die außerhalb von Teheran geheime Treffen abhielt und dort den niedrigen Status von Frauen in der iranischen Gesellschaft thematisierte. Sie zielten darauf ab, Frauen für ihre Rolle in der Gesellschaft zu sensibilisieren. Aufgrund des Widerstands radikaler Kräfte wurde die Vereinigung jedoch bald aufgelöst.
Pahlavi-Zeit
Im Jahr 1922, während der Herrschaft von Reza Schah Pahlavi I., wurde in Rasht, im Norden des Iran, der Patriotische Frauenbund von einer Gruppe linker intellektueller Frauen gegründet. Sie hatten eine gleichnamige Zeitschrift – die erste linke Zeitschrift Irans – und das Ziel, die politischen und sozialen Rechte der Frauen durchzusetzen und die Situation junger Frauen zu verbessern. Die Organisation eröffnete Schulen für Frauen und Mädchen und bot Kurse an. Weitere Aktivitäten waren die Einrichtung eines Krankenhauses für mittellose Frauen und die Ausrichtung des zweiten Kongresses der Frauen des Ostens im Jahr 1932. Ein Jahr später wurde der Bund jedoch auf Anordnung von Reza Schah aufgelöst und verboten. Die Organisation war die erste im Iran, die den 8. März als Frauentag anerkannte.
Im Jahr 1923 hatten kommunistische Jugendliche innerhalb des Patriotischen Frauenbunds eine Organisation namens »Das Erwachen der Frauen« gegründet. Es war eine radikale Organisation, die drei Jahre lang bestand; sie war es, die die Einführung den 8. März als den internationalen Frauentag im Iran initiierte.
1943 wurde der Iranische Frauenverband als Teil der Tudeh-Partei gegründet. 1947 wurde er Mitglied der Internationalen Demokratischen Föderation der Frauen. Der Iranische Frauenverband publizierte eine Zeitschrift mit dem Titel »Unser Erwachen«. Er wurde 1949 zusammen mit der Tudeh-Partei verboten. 1951 organisierte sie sich jedoch neu und gründete die Demokratische Organisation iranischer Frauen.
Als Ergebnis der Arbeit von Frauenorganisationen wurde die Einführung des Frauenwahlrechts 1963 im iranischen Nationalrat (Parlament) erstmals verabschiedet.
1967 wurde mit dem Iranischen Fraueninstitut das erste staatliche Fraueninstitut gegründet. Zweck war, den Iran bei internationalen Frauenkonferenzen zu vertreten. Als Ergebnis der Arbeit wurde 1975 das Familienunterstützungsgesetz und 1978 das Gesetz über das Recht auf Abtreibung verabschiedet.
Zeit der Islamischen Republik
Als die Mullahs im Iran an die Macht kamen, wurden aufgrund der patriarchalischen, religiösen und frauenfeindlichen Mentalität der Islamischen Republik Iran viele Hindernisse für Frauen geschaffen, und einige der Rechte, die sie sich über Jahrzehnte erkämpft hatten, wurden ihnen wieder entzogen. Unter anderem das Familienrecht sowie das Recht auf Abtreibung wurden abgeschafft und ein Hijab-Zwang eingeführt.
Frauen gingen in massiven Protesten gegen den erzwungenen Hijab und die aberkannten Rechte auf die Straße. Eine Demonstration anlässlich des internationalen Frauentags begann am 8. März 1980 und dauerte sechs Tage. Die Proteste fanden nicht für die Erlangung von mehr Rechten statt, sondern um die in der Vergangenheit erkämpften Rechte zu verteidigen. Sie wurden jedoch von den Behörden massiv unterdrückt. Parteien und andere Organisationen schwiegen zur Repression gegen die Proteste der Frauen, da sie die Demonstration für überflüssig hielten.
Infolge der schweren Repression und eines zunehmend militarisierten Klimas im gesamten Iran, verstummte die Frauenbewegung so wie andere Parteien und Organisationen mit Beginn des Irak-Iran-Krieges für eine ganze Zeit lang.
Zeitweise erlaubten die Behörden die Gründung von Parteien oder Organisationen, aber insbesondere Frauen wurde dieses Recht nicht gewährt. Einige autoritäre Organisationen mit islamischen Suffixen arbeiteten im Namen der Frauen, Fortschritte bei den Frauenrechten wurden indes nicht erzielt.
Später wurde die Frauenbewegung im Iran schrittweise neu organisiert, und sie konnte mehrere Kampagnen organisieren, darunter »Frauensolidarität«, »Eine Million Unterschriften« und »Nein zur Steinigung«.
Die Kampagne »Eine Million Unterschriften« war eine unabhängige und gemeindebasierte Kampagne, die 2006 von einer Reihe von Aktivist:innen organisiert wurde. Ziel war es, eine Million Unterschriften für die Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung von Frauen zu sammeln. Bei der ersten Kundgebung der Kampagne waren die Aktivist:innen mit heftiger Repression seitens der iranischen Sicherheitskräfte konfrontiert. An dem Tag wurden siebzig von ihnen auf dem Haft-e-Tir-Platz in Teheran festgenommen. Auch danach wurden die Aktivist:innen der Kampagne immer wieder verhaftet, sodass sie die Kampagne ins Internet verlegten und dort fortsetzten. Doch auch ihre Website wurde mehrfach von den Behörden blockiert.
Ebenfalls 2006 wurde die Kampagne »Nein zur Steinigung« von Aktivist:innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und einem Netzwerk ehrenamtlicher Anwält:innen ins Leben gerufen. Diese hatte zum Ziel, die Bestrafung durch Steinigung abzuschaffen, die als unmenschliche Strafe noch immer von den Behörden verhängt wurde.
Derzeit sind neben den Organisationen, die unter der Aufsicht und mit Unterstützung des Staates im Bereich der Unterstützung von Frauen sowie von Frauenrechten tätig sind, mehrere andere Organisationen im Iran und im Ausland aktiv, darunter das Iranische Frauenzentrum, die 8. März Frauenorganisation (im Iran und Afghanistan), die Feministische Schule, die Solidarität mit iranischen Frauen, das Nationale Netzwerk für Frauenkooperation, das Iranische Frauenforschungszentrum, die Organisation zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und die Organisation zur Verteidigung der Rechte der Frau im Iran.
Frauenorganisationen in Ostkurdistan
In Ostkurdistan beteiligten sich Frauen während des Bestehens der Republik Kurdistan9 (Mahabad) an der Arbeit und den Kämpfen. Danach, am Vorabend der iranischen Volksrevolution, beteiligten sich Frauen maßgeblich am Kampf gegen das iranische Regime, insbesondere in den Reihen der Komala10.
Derzeit sind mehrere kurdische Frauenorganisationen in Ostkurdistan, im Iran und im Ausland aktiv. Dazu gehören die Rojhilat-Frauenorganisation (Ronak) in Schweden, die Gemeinschaft der freien Frauen Ostkurdistans (KJAR), die Demokratische Frauenunion Kurdistans, die Kurdish Women›s Horizon Organization (der Arbeitervereinigung Kurdistans) und die Frauenvereinigung Rojhilat (der Revolutionären Arbeitervereinigung Kurdistans). Die Demokratische Frauenunion Kurdistans, die Organisation Kurdish Women›s Horizon und die Frauenvereinigung Rojhilat sind zwar Frauen verpflichtet, arbeiten jedoch im Rahmen der jeweiligen Parteien, deren Teil sie sind, und verfügen über wenig Eigenständigkeit.
Die Gemeinschaft der freien Frauen Ostkurdistans (KJAR) ist die einzige dortige Frauenorganisation, die ihre Aktivitäten und Projekte unabhängig durchführt. Sie gilt derzeit als die aktivste Frauenorganisation im Iran und in Ostkurdistan. Im Sinne der Volksdiplomatie konnte sie verschiedene Projekte, Kampagnen und gemeinsame Arbeiten mit Frauen und Frauenorganisationen anderer Nationalitäten im Iran und im Ausland – darunter afghanische, arabische und aserbaidschanische Frauen – organisieren.
Militärische Organisation der Frauen
Obwohl in der Geschichte des Iran Frauen sich selbst verteidigten und eine Rolle beim Schutz der Gesellschaft und des Landes spielten, gab es kaum eine eigene militärische Organisierung. Wie bereits erwähnt, waren Frauen in den Reihen von Komala und sogar bei den Volksmudschahedin11 auf militärischer Ebene vertreten, hatten jedoch keine unabhängige militärische Organisation. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde 1993 die Gründung einer Frauenarmee der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) auf der Grundlage der Philosophie von Abdullah Öcalan beschlossen. Im Jahr 2003 wurde die erste Frauenarmee, die YJA-Star (Einheiten freier Frauen) gegründet.
Mit der Gründung der Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) im Jahr 2004 schlossen sich Frauen den Reihen dieser Organisation an, um ein freies und demokratisches Land zu schaffen. Viele starben auf dem Weg zur Freiheit des Landes als Märtyrerinnen. Im Jahr 2014 wurden die ostkurdischen Frauenverteidigungskräfte (HPJ)12 als bewaffneter Verband gegründet. Sie organisieren sich auf der Grundlage des Paradigmas der basisdemokratischen Gesellschaft, der Ökologie und der Freiheit der Frauen und setzen sich für den Schutz aller Frauen in Ostkurdistan und im Iran ein.
Derzeit sind Hunderte HPJ-Kämpferinnen in den Bergen Ostkurdistans unterwegs. Nicht nur Frauen kurdischer Ethnie, sondern auch der persischen, aserbaidschanischen und weiterer Ethnien wurden in die Reihen der HPJ aufgenommen.
Frauen und Gefängnisse im Iran und Ostkurdistan
In verschiedenen Sprachen und Kulturen ist ein Gefängnis ein Ort, an dem Beschuldigte und Kriminelle zur Strafe und Folter für ihnen zur Last gelegte oder von ihnen begangene Verbrechen festgehalten werden.
Im Laufe der Geschichte haben Autoritäten Gefängnisse auch für ihre Gegner gebaut. Es ist nicht klar, wer den ersten Kerker gebaut hat, aber Historiker:innen und Legenden berichten, dass Held:innen und Gegner:innen der Autoritäten in schwarzen Gruben eingesperrt wurden. Dies zeigt, dass Gefängnisse eine lange Geschichte haben, die bis zur Gründung der ersten Staaten und anderer Machtstrukturen zurückreicht und Teil ihres Repressionssystems waren.
Im Iran und in Ostkurdistan wurden am Ende der Qajarenzeit, im Iran als Tajdd-Zeit (Erneuerungszeit) bekannt, Gefängnisse gebaut. Das erste, Anbar Shahi, wurde 1848 in Teheran errichtet. Aufgrund der geringen Zahl weiblicher Häftlinge gab es jedoch kein spezielles Frauengefängnis. Frauen, die zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurden, wurden in einem gesicherten Haus unter Bewachung festgehalten.
Am 2. Dezember 1929 wurde das Qasr-Gefängnis in Teheran von Reza Schah Pahlavi I. unter schwedischer Aufsicht eröffnet. Es verfügte über 192 Zellen und war für die Inhaftierung von 800 Gefangenen ausgelegt. Sein erster Gefangener war der Mann, der das Gefängnis selbst gebaut hatte, ein Mann namens Sarhang Dargahi.
1944 wurde im nordwestlichen Teil des Qasr-Gefängnisses das erste Frauengefängnis im Iran geschaffen. In anderen Teilen Irans gab es jedoch aufgrund der sozialen Situation und von Besonderheiten der Gemeinschaften keine Frauengefängnisse.
Laut Vida Hajis Buch »Dad Bedad« wurde die höchste Anzahl weiblicher politischer Gefangener zwischen 1971 und 1978, zur Zeit der Herrschaft von Mohammad Reza Schah, inhaftiert. Die meisten unter ihnen waren Mitglieder von Guerilla- und linken Gruppierungen. In diesen Jahren wurden in zahlreichen Städten Frauengefängnisse errichtet.
Später, zur Zeit der Islamischen Republik Iran, sah sich die Regierung gezwungen, die Anzahl der Frauengefängnisse zu erhöhen, da Frauen aktiv an den Widerstandsbewegungen teilnahmen und sich gegen die patriarchale und religiöse Mentalität des Regimes auflehnten.
Derzeit befindet sich das größte Frauengefängnis Irans in der Nähe der Hauptstadt Teheran. Dort werden die meisten weiblichen politischen Gefangenen festgehalten, darunter auch kurdische.
Allerdings existieren keine eindeutigen Statistiken über die Zahlen weiblicher Gefangener im Allgemeinen und politischer Gefangener im Besonderen, da Justiz- und Sicherheitsbehörden nicht bereit sind, sie zu veröffentlichen. Einigen dennoch von iranischen Regierungsbehörden veröffentlichten Statistiken zufolge, befinden sich derzeit etwa 20.000 Frauen in den Gefängnissen des iranischen Regimes.
Der iranische Atlas der politischen Gefangenen führt auf, dass momentan insgesamt 1.085 politische Gefangene in iranischen Gefängnissen inhaftiert seien, darunter 166 Frauen.
Zeyneb Celaliyan (Jalalian) ist die einzige Frau im Iran und Ostkurdistan, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Sie setzt ihren Widerstand gegen den Druck der Behörden und Sicherheitskräfte fort.
Fußnoten
1 Der Zoroastrismus ist eine Religion, die von Zarathustra (Zoroaster) gestiftet wurde. Sie breitete sich etwa vom 7. bis zum 4. Jahrhundert v.u.Z. im iranischen Kulturraum aus. In der Spätantike war unter der Dynastie der Sassaniden die zurvanistische Variante des Zoroastrismus weit verbreitet. Charakteristisch für die Lehre Zoroasters ist der universale Dualismus: das Gute und das Böse. (vgl. Wikipedia)
2 Das Sassanidenreich war das zweite persische Großreich des Altertums. Der Name des Reiches leitet sich von der letzten vorislamischen persischen Dynastie der Sassaniden ab. Es existierte von 224/226 bis 642/651. (vgl. Wikipedia)
3 Bōrān (auch Buran, Puran oder Purandokht bzw. Pūrānduxt; † Ende 631) war eine Tochter des persischen Königs Chosrau II. Sie bestieg als erste Frau den Thron des Sassanidenreiches. (vgl. Wikipedia)
4 Die Yaresan (auch Kakai oder Ahl-e Haqq) sind eine im 14. Jahrhundert von einem wandernden Derwisch, Sultan Sahak, gegründete Religionsgemeinschaft, die zwischen der Grenze der Autonomen Region Kurdistan im Irak und Lorestan im Iran und um Kirmaşan (Kermanschah) und in neuerer Zeit auch in der Diaspora in westlichen Staaten beheimatet ist. (vgl. Wikipedia)
5 Die Qajaren (Kadscharen) waren eine Dynastie in Persien (1779–1925), eine turkmenischstämmige Familie, die sich auf den Mongolen-Herrscher Hülegü zurückführte. (vgl. Wikipedia)
6 Die Konstitutionelle Revolution im Iran war eine von westlich orientierten Kaufleuten, Handwerkern, Aristokraten und einigen Geistlichen getragene liberale Revolution von 1905 bis etwa 1911. Ziel der konstitutionellen Bewegung war es, die absolute Monarchie durch ein parlamentarisches Regierungssystem abzulösen und eine moderne Rechtsordnung einzuführen. (vgl. Wikipedia)
7 Die Islamische Revolution, ursprünglich auch als »Iranische Revolution« bezeichnet, war eine vielschichtige Bewegung, die 1979 zur Absetzung von Schah Mohammad Reza Pahlavi und zur Beendigung der Monarchie im Iran führte. Symbolfigur und später Revolutionsführer war der Ajatollah Ruhollah Chomeini, der ab 1979 gegen weitere revolutionäre und säkulare Gruppen sein Staatskonzept von der Regentschaft der Geistlichkeit zum Teil mit Gewalt durchsetzte und neues Staatsoberhaupt wurde. (vgl. Wikipedia)
8 Ausgelöst wurde die Jin Jiyan Azadî-Revolution durch den staatlichen Femizid an Jîna Amînî. Sie war im September 2022 wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Hijab-Gesetz von der iranischen Sittenpolizei festgenommen und misshandelt worden. Sie starb kurz darauf an den Folgen. Die Nachricht über diesen Mord löste unter dem Slogan »Jin Jiyan Azadî« (Frau Leben Freiheit) die bisher größte und längste Protestwelle gegen das Regime des Iran seit dessen Machtantritt 1979 aus.
9 Die Republik Kurdistan wurde im äußersten Nordwesten des zu jenem Zeitpunkt teils von Großbritannien, teils von der Sowjetunion besetzten Iran gegründet und bestand vom 22. Januar bis zum 16. Dezember 1946. Die besonders in Europa verbreiteten Beinamen des Staates beziehen sich auf ihre Hauptstadt Mahabad. (vgl. Wikipedia)
10 Die Komala-Partei des im Westen des iranischen Staatsgebietes gelegenen Teils Kurdistans wurde 1969 gegründet und ist eine sozialdemokratische Partei. Sie kämpft für einen Iranischen Bund mit einer säkularen Regierung, die die Regeln der Demokratie für soziale Gerechtigkeit befolgt. (vgl. Wikipedia)
11 Die Volksmudschahedin sind eine militante iranische Oppositionsbewegung. Sie sind Teil des seit 1993 von Paris aus geführten Nationalen Widerstandsrates des Iran, einer Organisation, die sich selbst als säkulares und demokratisches Exilparlament des iranischen Volkes bezeichnet. (vgl. Wikipedia)
12 HPJ: Hêzên Parastina Jinên Rojhilatê Kurdistanê, Frauenverteidigungseinheiten Ostkurdistans
Kurdistan Report 234 | Juli-September 2024