Erneuter Kuhhandel auf Kosten der Kurd:innen im europäischen Exil und Nordsyrien absehbar

Türkei blockiert NATO-Beitritt von Schweden und Finnland

Elmar Millich


In der finnischen Hauptstadt Helsinki versammelten sich Kurden vor der irakischen Botschaft und verurteilten die Angriffe des türkischen Besatzerstaates auf irakisches Territorium und das Schweigen des Iraks dagegen. | Foto: anfSeit Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine von einer Zeitenwende sprach, stehen die Zeichen auf Sturm. Militärhaushalte werden per Grundgesetzänderung eben mal in schwindlige Höhen getrieben und alle Arten von Waffen an die Ukraine geliefert. Vor allem die Minister der Grünen, Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck, pflegen eine Rhetorik, als wäre Deutschland real und nicht nur de Facto mit Russland im Krieg. Und es schaut weltpolitisch nicht danach aus, als könnte der russische Präsident eine seiner Hauptforderungen an den Westen erfüllen, die er vor der »militärischen Spezialoperation« in der Ukraine stellte: Eine weitere Osterweiterung der NATO zu verhindern. Im Gegenteil: Unter dem Eindruck der russischen Offensive kippte bei der Bevölkerung und den Politikern in den seit Jahrzehnten offiziell neutralen Ländern Schweden und Finnland die Stimmung. Beide ersuchen nun offiziell um den Beitritt in die NATO und reichten die entsprechenden Anträge am 18. Mai in Brüssel ein. Der Schritt war aufgrund von vorausgegangen Diskussionen in den beiden skandinavischen Ländern erwartet worden und wurde von den westlichen Staaten einhellig begrüßt. Die Ratifizierung der entsprechenden Verträge durch die Mitgliedstaaten der NATO erschien reine Formsache. Doch alle hatten die Rechnung ohne den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan gemacht. Da die Aufnahme neuer Mitglieder in die NATO nur nach dem Einstimmigkeitsprinzip erfolgen kann, witterte dieser die Chance, die gesamte NATO auf sein Lieblingsthema einzuschwören: Den seit 40 Jahren anhaltenden Krieg gegen jede Form von kurdischer Selbstbestimmung. Erdoğan monierte, die skandinavischen Länder seien »wahre Gasthäuser für terroristische Organisationen«. Gemeint war hier vor allem die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

Sofort setzte eine hektische Diplomatie ein. Als erster äußerte sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg: Die Türkei sei ein geschätzter Bündnispartner und ihre Sicherheitsbedenken müssten ernst genommen werden. Doch die Zerwürfnisse der Türkei mit der NATO ziehen sich schon seit Jahren hin und beschränken sich nicht auf Exilaktivitäten von Kurd:innen in Europa. Nachdem die Türkei im Jahr 2019 russische Flugabwehrraketen vom Typ S-400 erhielten, stoppten die USA die schon beschlossene Auslieferung ihrer modernsten Kampfflugzeuge F-35. Die Zusammenarbeit der USA mit den nordsyrischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ gegen den »Islamischen Staat« (IS) ist der Türkei ebenfalls schon seit Jahren ein Dorn im Auge.

So fand dann auch der nächste Akt des diplomatischen Kuhhandels um die neuen NATO-Mitglieder in Washington statt. Der türkische Außenminister Cavusoğlu reiste am 18. Mai in die USA zu Gesprächen mit seinem Amtskollegen Antony Blinken. Beide verbreiteten eine gute Stimmung und meldeten Fortschritte in Verhandlungen über die Lieferung von F-16 Kampfflugzeugen an die Türkei. Quasi als Ersatz für die zurückgehaltenen moderneren F-35. Am nächsten Tag erschienen dann der finnische Staatspräsident Niinistö und die schwedische Ministerpräsidentin Andersson in Washington und bekräftigen den gemeinsamen Willen an einem zügigen NATO-Beitritt der beiden Länder. Inzwischen hatten türkische Politiker und Medien Forderungen für einen Veto-Verzicht ‒ vor allem gegenüber Schweden ‒ nachgeliefert. So verlangt die Türkei die Auslieferung von 30 angeblichen »Terroristen«. Die türkische Zeitung Sabah redete von einem angeblich 10-Punkte-Plan mit Forderungen an die skandinavischen Länder bezüglich ihres Umgangs mit der PKK und Anhängern der Fethullah-Gülen-Bewegung. Für Empörung in Schweden sorgte eine Veröffentlichung der Zeitung Turkiye Gazetsi, die fünf kurdischstämmige schwedische Politiker:innen als PKK-Kollaborateure namentlich an den Pranger stellten. Im Focus steht aktuell vor allem die parteilose Abgeordnete Amineh Kakabaveh. Am 25. Mai reisten dann eine Delegation schwedisch/finnischer Regierungsvertreter zu direkten Verhandlungen in die Türkei. Offensichtlich erfolglos, denn wenige Tage später verkündete Erdoğan in der Zeitung Hürriyet, solange er Präsident sei, würden keine Länder aufgenommen, die den »Terror« unterstützten. Zuvor hatte er bereits eine neue Militärinvasion in Nordsyrien angekündigt, um dort einen 30km tiefen »Sicherheitsstreifen« gegen die vor allem kurdische Bevölkerung einzurichten.

Erpressung der NATO durch die Türkei hat Tradition

Darüber, wie das Geschachere weitergehen und enden wird, lässt sich aktuell nur spekulieren. Die Erpressung der NATO durch die Türkei auf Kosten der Kurd:innen erweckt allerdings ein Déjà-vu Erlebnis. Gehen wir zurück ins Jahr 2009. Am 4. April wurde der bis dahin dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen zum neuen NATO-Generalsekretär gewählt. Dagegen gab es im Vorfeld massivsten Widerstand der Türkei ‒ vorgebracht vom damaligen Präsidenten Abdullah Gül und dem damals als Ministerpräsident agierenden Erdoğan. Neben der Veröffentlichung von »Mohammed-Karikaturen« ging es vor allem um den kurdischen Fernsehsender Roj TV, der seit 2004 in Dänemark eine gültige Sendelizenz besaß. Schon seit 2005 übte die türkische Regierung Druck auf Dänemark aus, den Sender zu schließen. Dieses war aber von Ministerpräsident Rasmussen unter Verweis auf die Pressefreiheit bislang abgelehnt worden. Direkt nach seiner Wahl, die vor allem durch Druck des damaligen US-Präsidenten Barack Obama auf die Türkei zustande kam, klang das plötzlich anders. Bezüglich Roj TV äußerte er im Anschluss: »Wir nehmen die türkischen Einwendungen sehr ernst, denn wir sind gegen jede Form von terroristischen Aktivitäten. Wenn Roj TV an terroristischen Aktivitäten beteiligt ist, werden wir alles tun, um die Station zu schließen.«

Und so kam es denn auch. Am 10. September 2010 erhob die dänische Staatsanwaltschaft Anklage gegen Roj TV wegen Unterstützung von Terrorismus. Am 10. Januar 2012 urteilte dann das zuständige Kopenhagener Gericht, dass Roj TV hinsichtlich der finanziellen, strukturellen und operationellen Verbindungen ein Instrument der PKK sei. Das Gericht verhängte erst mal eine Geldstrafe von umgerechnet 700.000 €. Der Entzug der Sendelizenz erfolgte dann durch den dänischen Staat am 3. Juli 2013. Das Vorgehen gegen Roj TV war auf europäischer Ebene koordiniert. Kurz nach dem Urteil vom 10. Januar 2012 teilte der in Frankreich ansässige Satellitenbetreiber EUTELSAT mit, die Übertragung von Roj TV einzustellen, um nicht in Gefahr zu laufen, terroristische Aktivitäten zu unterstützen. Aber auch schon vor dem dänischen Urteil gab es Bestrebungen, die Arbeit von Roj TV zu sabotieren. Am 4. März 2010 stürmte die belgische Polizei – dort hat die NATO bekanntermaßen ihr Hauptquartier – das Brüsseler Produktionsstudio des Senders, wobei alle technischen Geräte beschlagnahmt oder verwüstet wurden, um eine weitere Produktion von Fernsehsendungen zu verhindern. Deutschland war als engster Verbündeter der Türkei bereits im Mai 2008 gegen Roj TV vorgegangen. Die Polizei durchsuchte die für den Sender tätige Produktionsfirma VIKO in Wuppertal. Im Anschluss wurden eine Vermögensbeschlagnahmung und die Schließung der Einrichtung angeordnet, welche aber später vom Bundesverwaltungsgericht Leipzig wieder aufgehoben wurde.

Die türkischen Erpressungsversuche wiederholten sich im Dezember 2019 beim NATO-Gipfel in London anlässlich ihres 70-jährigen Bestehens. Erdoğan drohte mit einem Veto gegen die aktuellen NATO-Pläne zur Stärkung der Verteidigung Polens und der baltischen Länder. Er verlangte als Gegenleistung, dass die NATO die kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ offiziell als »Terrororganisationen« einstufe. Im Oktober 2019 hatte die Türkei und unter ihrer Führung stehenden islamistischen Milizen nach erfolgloser Diplomatie innerhalb der NATO und letztendlicher Zustimmung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump einen ca. 70 km breiten Streifen der nordsyrischen Konföderation zwischen Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) nach wochenlangen Kämpfen erobert und große Teile der ortsansässigen Bevölkerung vertrieben. Der französische Präsident Macron hatte daraufhin die NATO als »Hirntod« bezeichnet und einige NATO-Länder schränkten ihre Waffenlieferungen an die Türkei stark ein. Erst nach einem separaten Vierergipfel in der Downing Street 10 während der NATO-Tagung, an der neben dem Gastgeber Boris Johnson auch Angela Merkel und Emmanuell Macron teilnahmen, rückte Erdoğan von seinen Forderungen ab.

Die letzten Jahre waren zudem von außenpolitischen und militärischen Spannungen zwischen NATO, EU und Türkei geprägt. Die Gründe dafür lagen in eigenständigen Militäroperationen der Türkei, die teilweise im Gegensatz zu den Interessen der anderen EU- und NATO-Partner, hier vor allem Frankreichs, standen. Im innerlibyschen Bürgerkrieg 2019 zwischen der international anerkannten Regierung in Tripolis und dem im Ostteil die Macht innehabenden General Haftar, der auch inoffiziell von Frankreich unterstützt wurde, intervenierte die Türkei auf der Seite Tripolis und trug mit Lieferungen ihrer Bayraktar-Drohnen entscheidend dazu bei, dass sich die Regierung in Tripolis halten konnte. Ein internationales verhängtes Waffenembargo ignorierte die Türkei und es kam zu Konfrontationen mit NATO-Kriegsschiffen, die dieses überwachen sollten. Im September 2020 startete Aserbaidschan eine militärische Großoffensive, um die von Armenien kontrollierten umstrittenen Gebiete in Bergkarabach zurückzuerobern. Nach zwei Monaten intensiver Kampfhandlungen hatte Aserbaidschan seine wesentlichen Kriegsziele erreicht und es kam unter russischer Vermittlung zu einem Waffenstillstand. Auch hier war die politische Unterstützung durch die Türkei, der Einsatz türkischer Drohnen und syrischer Milizen unter türkischer Führung kriegsentscheidend für Aserbaidschan. Zwischen der EU und der Türkei kam es vor allem im Jahr 2020 zu erheblichen Spannungen. Im Streit mit Griechenland um die Ausbeutung von Gasfeldern im Mittelmeer hatte das türkische Forschungsschiff Oruc Reis unter Begleitung türkischer Kriegsschiffe mit der Erkundung der Gasvorkommen begonnen. Frankreich schickte zur Unterstützung der griechischen Position einen Flugzeugträger in die Region und verlegte Kampfflugzeuge nach Zypern. Die EU erwog ernsthaft wirtschaftliche Sanktionen gegen die Türkei, welche hauptsächlich von Deutschland blockiert wurden.

Kurdische Community in Schweden und Finnland in Sorge

Unabhängig von dem klaren Erpressungscharakter der aktuellen türkischen Veto-Drohung, lohnt es sich, einen Blick auf das Spannungsdreieck Türkei-Schweden-Kurdistan und seine Geschichte zu richten. Spektakulär heraus sticht da der Mord an dem damaligen schwedischen Ministerpräsidenten Olaf Palme im Jahr 1986 und der Umgang der schwedischen Sicherheitsbehörden mit diesem Ereignis. Obwohl Olaf Palme als Freund der internationalen Befreiungsbewegungen, wie etwa der PLO oder des südafrikanischen ANC galt, geriet schnell die PKK in den Fokus der Ermittler. Bewiesen konnten die Vorwürfe nie, dienten aber der Diffamierung der PKK schon kurz nach der Aufnahme ihres bewaffneten Kampfes 1984 nicht nur in Schweden, sondern auch in Westeuropa und den USA. Erst 34 Jahre später, im Juni 2020, schlossen die schwedischen Behörden den neu aufgerollten Fall ab und präsentierten den inzwischen verstorbenen Grafik Designer Stig Engström als Einzeltäter. Eine vom Diplomatie-Komitee der PKK geforderte Entschuldigung für die damaligen Anschuldigungen erfolgte bislang nicht und wird angesichts der aktuellen Situation wohl auch nicht mehr erfolgen.

Ungeachtet dessen blickt Schweden auf eine jahrzehntelange liberale Tradition zurück und auch nach 2015 erfolgte keine radikale Umkehr im Asylrecht wie etwa in Dänemark. Davon profitierten auch kurdische Flüchtlinge, so dass es aktuell in Schweden eine im Vergleich zur kleinen Bevölkerungszahl recht große Community gibt. Die sorgt sich nun zu Recht darum, wie die schwedische Regierung auf die türkische Erpressung reagiert. Doch schon vorher gab es Verschärfungen, etwa den Versuch, das im März 2020 eigentlich gegen den Islamismus verabschiedete neue Antiterrorgesetz auch gegen die kurdische Befreiungsbewegung anzuwenden. Für Empörung sorgte die Abschiebung des kurdischen politischen Aktivisten Resul Özdemir aus Schweden in die Türkei im April 2020. Als Sprachrohr der in Schweden lebenden Kurd:innen steht die oben schon erwähnte aus dem Iran stammende kurdische Parlamentsabgeordnete Amineh Kakabaveh im Mittelpunkt. Ihre Abgeordnetenstimme war notwendig für die Wahl der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Magdalena Anderson im November letzten Jahres. Sie vermutet, dass Erdoğan vermutlich die Schließung kurdischer Einrichtungen und Büros in Schweden sowie eine Aufhebung des aktuellen Waffenexportverbotes fordert. Auch der Vorsitzende des Demokratischen Gesellschaftszentrums in Schweden, Ridvan Altun, äußert sich besorgt, dass ihre für Demokratien selbstverständlich erscheinende politische Bewegungsfreiheit demnächst eingeschränkt wird. Diese war – vor allem gemessen an den Zuständen in Deutschland – bislang recht hoch. So hatte noch im April der in Belgien lebende Exilpolitiker Zübeyir Aydar an einer Konferenz im schwedischen Reichstag teilgenommen und in Anwesenheit zahlreicher Parlamentarier:innen ein Ende der Kriminalisierung der PKK in Europa gefordert. Solidarität kommt zumindestens von schwedischen Intellektuellen. Siebzehn prominente Persönlichkeiten forderten in einer Anzeige, die parallel in vier schwedischen Tageszeitungen geschaltet wurde, dem Auslieferungsbegehren der Türkei gegen kurdische Oppositionelle keinesfalls nachzugeben und das Recht auf Meinungsfreiheit zu achten. Ebenfalls besorgt um ihre politische Freiheit sind die in Finnland lebende Kurd:innen. Der in Helsinki sitzende kurdische Gemeindeverband NCDK forderte die finnische Regierung auf, keinen Kuhhandel mit der Türkei einzugehen und klare Stellung für die Rechte der kurdischen Befreiungsbewegung und der in Finnland lebenden Kurd:innen zu beziehen.

Es ist schwer, die weiteren Entwicklungen in Nordsyrien und der geplanten NATO-Erweiterungen abzusehen. Mit Sicherheit erwarten Schweden und Finnland keinen unmittelbaren Angriff seitens Russlands. Ein großer Teil der russischen Streitkräfte ist in der Ukraine gebunden und daran wird sich absehbar nichts ändern, auch nicht nach einem möglichen Waffenstillstand. Einen Zweifrontenkrieg kann sich Russland aktuell nicht leisten und die militärischen Beistandsverpflichtungen der EU gegenüber ihren Mitgliedsländern Schweden und Finnland sind vertraglich geregelt und nicht weniger verbindlich als innerhalb der NATO. Aber natürlich haben sich die skandinavischen Regierungen gegenüber ihrer Bevölkerung mit dem Beitrittsantrag unter Zugzwang gesetzt, dass nun auch Taten folgen. Auch die übrigen NATO-Mitglieder haben ein Interesse an einer zügigen Umsetzung des Beitritts der beiden Länder, bedeutete dies doch einen Punktsieg gegenüber Putin, der ja die Osterweiterung der NATO in den letzten Jahren als wesentlichen Grund für seinen Angriff auf die Ukraine nannte. Aufhorchen lässt, dass Erdoğan am 1. Juli die Angriffspläne auf Nordsyrien konkretisierte. In einem ersten Schritt wolle er die Region um Tel Rifat und Minbic von »Terroristen« säubern. Diese liegen östlich des Euphrats und damit eher in der russischen Einflusszone Syriens. Durchaus denkbar, dass aktuell Hintergrundgespräche zwischen Russland und der Türkei laufen, damit diese die geplante NATO-Erweiterung weiter hinauszögert, wenn als Gegenleistung Moskau bei einem eventuellen weiteren Einmarsch des türkischen Militärs in Nordsyrien die Füße stillhält.

Natürlich nutzt die Türkei die aktuelle Situation auch, um den Bewegungsfreiraum der kurdischen Befreiungsbewegung in den NATO-Ländern weiter einzuschränken. Wegen der in der letzten Mai-Woche stattgefunden sogenannten »Langen Märsche« der kurdischen Jugendbewegung gegen die aktuellen türkischen Militäroperationen im Nordirak, bestellte die Türkei die Botschafter Deutschlands und Frankreichs ein. Ein unter »Verbündeten« eher ungewöhnlicher Vorgang bei solchen Lappalien. Aber freie Hand in Nordsyrien und dem Nordirak für weitere Interventionen zu haben, ist für die Türkei aktuell von weitaus größerer strategischer Bedeutung, als der Umgang der NATO-Länder mit politisch aktiven Kurd:innen im Exil, welcher seit jeher konjunkturellen Schwankungen unterliegt. Daher werden die im Hintergrund geführten diplomatischen Kungeleien über die NATO-Erweiterung seitens der Türkei eher mit den USA und Russland erfolgen als mit den beiden skandinavischen Ländern, deren geplanter Beitritt lediglich den Anlass für den jüngsten türkischen Erpressungsversuch liefert.


 Kurdistan Report 222 | Juli/August 2022