Episoden eines Kampfes um Selbstbestimmung

Der nationale Befreiungskampf in Arzach

Hovhannes Gevorkian, Jurist

Episoden eines Kampfes um Selbstbestimmung»Ich habe hier 16 Kugeln«, sagt Ashot Sevyan und zeigt auf seine Pistole. »Und 60 in meiner Kalaschnikow. Ich bin vorbereitet bis zum letzten Blutstropfen.« Heute mag Ashot Sevyan tot sein, weil er als letzter seinem Dorf in Karvachar blieb, das am 25. November an Aserbaidschan übergeben wurde. Er wollte sein Haus und seine Heimat nicht kampflos den Truppen der beiden Diktatoren Ilham Aliyev und Recep Tayyip Erdoğan überlassen, die am 27. September einen Krieg gegen die Republik Arzach entfesselt hatten. Nach rund sechs Wochen intensiver Kämpfe und einem Blutzoll von insgesamt über 10.000 Toten steht ein Abkommen, das vor allem Russland und die Türkei als Gewinnerin sieht. Aserbaidschan fühlt sich ebenfalls als Sieger, weil es sieben umliegende Gebiete und fast die Hälfte von Arzach bekommt.

Mit dem trilateralen Abkommen zwischen Armenien, Aserbaidschan und Russland wurde die Niederlage Armeniens besiegelt, das zudem hinnehmen muss, dass Aserbaidschan und die Türkei eine Route in Südarmenien nutzen können, um beide Länder miteinander zu verbinden. Ankara und Baku kommen ihrem panturkistischen Traum immer näher, weil die Türkei nun einen direkten Zugang zum ölreichen Kaspischen Meer bekommt. Auf der anderen Seite stationiert Russland etwa 2.000 Soldaten als »Friedenstruppen«, um die Versorgung des nicht besetzten Teils von Arzach mit Armenien sicherzustellen. Zusammen mit der Türkei wird Russland ferner ein gemeinsames Zentrum zur Überwachung des Waffenstillstandes in Aserbaidschan leiten.

Mehrere zehntausend Menschen sind bereits geflohen und haben ihre Häuser verloren. Die zweitgrößte Stadt in Arzach, Schuschi, ist nun unter türkischer und aserbaidschanischer Besatzung, während Städte wie die Hauptstadt Stepanakert oder Martuni zu 50 bis 70 Prozent zerstört wurden. In den vergangenen Wochen gab es kein Kriegsverbrechen seitens Ankaras und Bakus, das nicht begangen wurde: Bombardements von zivilen Einrichtungen, Hinrichtungen, Folter, Phosphorbomben, Streumunition, Einsatz dschihadistischer Truppen — all das wurde genauestens dokumentiert und blieb dennoch folgenlos. Arzach ist aber auch zum Massengrab aserbaidschanischer Soldaten geworden — drei Wochen nach Kriegsende erklären selbst regierungsnahe Medien, dass 9.000 bis 12.000 Soldaten von ihnen gefallen sind.

Doch bevor wir auf die politischen Konsequenzen und Perspektiven der verschiedenen Länder zu sprechen kommen, wollen wir einen Blick zurück auf die Geschichte Arzachs werfen und verstehen, was der jahrzehntelange Kampf um Selbstbestimmung dort für die Menschen bedeutet. Was macht Menschen wie Ashot Sevyan aus, die bis zum letzten Blutstropfen kämpfen wollen?

Ein langjähriger Kampf

Im Gegensatz zu den meisten Analysen rund um das Thema Arzach mitsamt dem Krieg zwischen 1988‒94 wird hier nicht die These vertreten, wonach das Thema der Selbstbestimmung erst mit den Massenprotesten in der »Autonomen Region Nagorno-Karabach« im Februar 1988 aktuell wurde. Damals gehörte die Region zur Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR), welche wiederum Teil der Sowjetunion war, genauso wie Sowjetarmenien. Schon der geläufige Name wie Nagorno-Karabach oder Berg-Karabach drückt eine ignorante Anpassung an die Unterdrückung aus: Erstere Bezeichnung ist die russische, wobei Nagorno für »Berg« steht, welches wiederum an die gebirgige Region angelehnt ist. »Karabach« ist der aserbaidschanisch-persische Name und steht für »schwarzer Garten«. Die Menschen dort selbst haben mehrmals deutlich gemacht, dass sie die armenische Bezeichnung »Arzach« vorziehen, die viel älter als alle anderen Bezeichnungen ist und das armenische Königreich erinnert. Es ist die Bezeichnung der dortigen indigenen Bevölkerung, sodass wir uns an dieser korrekten Bezeichnung orientieren.

Arzach war 1988 zu rund 80 Prozent armenisch, wurde aber von Baku aus regiert und bestimmt. Es war eine Herrschaft kolonialen Typs, wo die lokale Bevölkerung noch nicht einmal armenische Sender empfangen durfte und unterfinanziert wurde. 1921 wurde es entgegen dem Willen der damaligen Bevölkerung, die sogar zu 90 Prozent armenisch war, von Joseph Stalin an Aserbaidschan zugesprochen. Baku bemühte sich mit der Benachteiligung der Armenier*innen das Gebiet Stück für Stück auch demografisch unter seine Kontrolle zu bringen. So verwundert es nicht, dass zwischen 1921 und 1988 die lokale Bevölkerung immer wieder den Wunsch hegte und dafür protestierte, Teil von Sowjetarmenien zu werden. Es gab unzählige Resolutionen und Petitionen, die auch darauf pochten, das verfassungsrechtlich festgelegte Prinzip des Rechts auf Selbstbestimmung durchzusetzen.

Wie der Historiker Vicken Cheterian in seinem Standardwerk »War and Peace in the Caucasus« beschreibt, waren die Menschen 1988 nicht mehr oder weniger radikal in ihren Forderungen auf Selbstbestimmung als etwa 1978. Anders war jedoch, dass der sowjetische Zentralstaat längst nicht mehr so stark war und immer schwächer wurde. Die friedlichen Massendemonstrationen in Stepanakert und dann auch in Yerevan ab dem 21. Februar waren von einer gewaltigen Kraft, wo bis zu einer Million Menschen an den Demonstrationen teilnahmen. Die wichtigste Forderung war der Zusammenschluss mit Sowjetarmenien.

Was jedoch eine Woche später in der Industriestadt Sumgait unweit von Baku passierte, wird zu Recht als die »Geburt des Karabach-Konflikts« bezeichnet. Ab dem 26. Februar kam es in Reaktion auf die Massenproteste zu einem blutigen Pogrom an der armenischen Bevölkerung, die etwa 17.000 Einwohner*innen zählte. In seiner Art und Weise war es durchaus vergleichbar mit den Massakern im Osmanischen Reich, die 1915 im Genozid kulminierten. Ausgestattet mit Waffen und unbehelligt vom Staat zogen rassistische Banden durch die armenischen Viertel und töteten dutzende Menschen; egal welchen Alters, unabhängig vom Geschlecht, wobei bei den Frauen und Mädchen die Tatsache hinzukam, dass sie vorher vergewaltigt wurden.

Das Massaker von Sumgait brannte sich tief in das Gedächtnis der Armenier*innen ein und knüpfte an das Trauma des bis heute geleugneten Genozids durch den türkischen Staat an. Die aserbaidschanischen und sowjetischen Behörden stoppten das Blutvergießen erst nach drei Tagen und verhinderten so eine Aufklärung, was den nationalistischen Kräften in Baku noch mehr Auftrieb gab. Die Tatsache, dass eine Gruppe von Menschen allein aufgrund der Nationalität angegriffen wird, ist ein kennzeichnendes Merkmal der nationalen Unterdrückung. Sumgait wurde zum Symbol des nationalistischen, ja fast schon genozidalen Hasses, sodass es nicht verwundert, wenn aserbaidschanische Soldaten selbst in diesem Krieg das Schlagwort Sumgait mit Hakenkreuzen auf armenische Autos in den besetzten Gebieten schmieren.

Sehr schnell floh die lokale armenische Bevölkerung und die Spannungen zwischen beiden Ländern nahmen zu. Es ist dabei wichtig zu erwähnen, dass derlei türkisch-aserbaidschanische Massaker nicht einmalig in der Geschichte sind: In Schuschi gab es 1920 sogar ein noch viel schlimmeres Massaker mit über 20.000 Toten; fast die gesamte armenische Bevölkerung der Stadt wurde also umgebracht.

Von einer Krise hin zum Krieg

Bürgerliche Analyst*innen sprechen gerne von der Gewalt von »beiden Seiten« und nehmen dabei eine angeblich »neutrale« Sichtweise ein. Auch die Berichte der Medien zum diesjährigen Krieg waren auf eine groteske Art und Weise von dieser Position der Äquidistanz geprägt. Während die Türkei und Aserbaidschan einen Angriffskrieg entfesselten und ganze Städte ohne militärischen Sinn und Zweck pulverisierten, verteidigten sich die Bewohner*innen von Arzach mit dürftigen Mitteln und um ihrer Heimat willen. Es gab zwar auch Luftangriffe von armenischer Seite und zivile Opfer in Ganja und Barda, allerdings sind diese sinnlosen wie verbrecherischen Handlungen in der Verantwortung der armenischen Regierung, worauf wir noch zu sprechen kommen werden.

Der »Konflikt« wurde nicht durch das Streben der Bewohner*innen von Arzach heraufbeschworen, sondern durch die aserbaidschanische Unterdrückung und Gewalt, die auf dieses Streben hin folgte. Nach Sumgait folgte im November 1988 das Pogrom von Kirowabad (heute Ganja), wo ebenfalls Armenier*innen Opfer wurden. Das folgende Jahr war von einem lakonischen »Bevölkerungsaustausch« geprägt, wo Armenier*innen Aserbaidschan verlassen mussten und andersrum Aserbaidschaner*innen Armenien – obwohl beide Nationen seit Jahrzehnten und Jahrhunderten mit- und nebeneinander lebten! Diese Politik der Deportationen und des Austausches im wahrsten Sinne des Wortes, wo Angehörige der beiden Nationen sogar ihre Wohnungen tauschten, war ein Merkmal sowjetischer Politik infolge der Stalinisierung ab 1924.

Historisch gab es die Deportationen von ganzen Bevölkerungen zwar nicht nur im Kaukasus, aber vor allem dort: Im Rahmen der Kriege im Kaukasus spielten und spielen zum Beispiel die Deportationen von zehntausenden Aserbaidschaner*innen aus Sowjetarmenien von 1948‒53 und von Tschetschen*innen 1944 eine besonders Rolle. Diese Deportationen wurden von der Zentralregierung angeordnet und durchgeführt und sollten beide Nationen traumatisieren. Diese Tatsachen spielen in der historisch-materialistischen Analyse eine viel zu geringe Rolle, wenn es um eine Bestandsaufnahme der Völker im Kaukasus geht. Im Falle Aserbaidschans hat dieses Trauma sicherlich dazu beigetragen, dass der Nationalismus ab 1988 eine Blüte erlebte und ebenfalls Massen mobilisieren konnte.

Dieser Nationalismus orientierte sich am Panturkismus, der in Aserbaidschan während der kurzen Phase der Unabhängigkeit zwischen 1918‒20 florieren konnte und ein Bündnis mit Enver Pascha, einem der Hauptakteure des osmanischen Genozids 1915, einging. Und so verwundert es nicht, dass sich dieser aggressive panturkische Nationalismus vollends gegen Armenier*innen richtete und nach dem ersten Massaker von Baku 1918 an bis zu 30.000 Armenier*innen, wiederholte sich das Verbrechen im Januar 1990 und führte zur vollständigen Vertreibung der fast 200.000 Armenier*innen aus Baku — nicht wenige von ihnen sogar über das Kaspische Meer bis nach Zentralasien, sodass es zum Beispiel im Taschkent eine armenische Gemeinde gibt.

Nach dem Pogrom von Baku und der anschließenden sowjetischen Militärintervention drehten sich die Ereignisse immer mehr gen Krieg, der 1992 als Partisanenkampf begann, als die Sowjetunion zerfiel und Armenien und Aserbaidschan unabhängig wurden. Arzach hatte sich da von Aserbaidschan losgelöst und bestätigte mit einem Referendum am 10. Dezember 1991 seine Unabhängigkeit, die allerdings bis heute noch nicht einmal von Armenien anerkannt wird.

Obwohl die aserbaidschanische Seite besser ausgerüstet war und schon damals auf die Hilfe der türkischen Faschisten zählen konnte, waren es vor allem die Selbstverteidigungskräfte Arzachs, die im Mai 1992 Schuschi erobern konnten und immer mehr Teile von Arzach befreien konnten. Aserbaidschan selbst steckte zwischen den Jahren 1992‒94 in einer tiefen politischen Krise und hatte drei teilweise sehr unterschiedliche Präsidenten mit unterschiedlichen ideologischen Ansichten: Während Abulfaz Elchibey (Präsident von 1992‒93) von der nationalistischen Volksfront eine klar panturkistisch ausgeprägte Politik verfolgte und das »Turkentum« der Aserbaidschaner*innen betonte, legte der Vater des heutigen Diktators Heydar Aliyev den Wert auf eine säkulare eigene aserbaidschanische Identität, die zum Beispiel in der Verfassung jede*n Staatsbürger*in als »Aserbaidschaner*in« betitelt, egal ob es sich um Lasen, Talyschen oder Kurden handelt.

Da der Krieg in dieser Zeit bis zum Waffenstillstand im Mai 1994 für Aserbaidschan verloren wurde, wurde der anti-armenische Hass zum Kulminationspunkt für nahezu alle aserbaidschanischen Parteien, und zwar unabhängig davon, ob sie Ilham Aliyev unterstützen oder nicht. Die armenische Seite konnte nicht nur Arzach befreien, sondern auch die umliegenden Gebiete wie Karvachar, Jebrayil, Lachin, Fizuli etc. unter seine Kontrolle bringen. Diese Gebiete wurden mehrheitlich von Aserbaidschaner*innen bewohnt, haben aber auch jahrhundertelange armenische Wurzeln mit etlichen Klöstern, Kathedralen, Kreuzsteinen und Kirchen. Ein Großteil dieser Gebiete wurde nun kampflos an Aserbaidschan übergeben, was für die armenische Seite ähnliche Folgen hat wie es für die aserbaidschanische 1993‒94 hatte: Ethnische Säuberungen, die heute zehntausende Armenier*innen betreffen, während es vor 25 Jahren hunderttausende Aserbaidschaner*innen waren.

Wie kam es dazu und was waren die politischen Hintergründe einer solchen Politik?

Die armenische Seite: Selbstbestimmung oder Selbstmord?

Wie ein kopfloses Huhn irrt die armenische Bourgeoisie durch ein geschlossenes Labyrinth und gibt ein desaströses Bild von sich ab. In den Tagen und Wochen nach der de facto Kapitulation durch den Premierminister Nikol Paschinyan kam es zu Turbulenzen und politischer Gewalt. Fast die gesamte Regierung trat zurück und beinahe täglich kommt es zu Demonstrationen gegen den Premier, der des Verrats beschuldigt wird. Wie konnte es passieren, dass die armenische Seite trotz einer großen Mobilisierung aus dem Volk den Krieg verlor? Die Antwort liegt nicht nur in der militärisch-technologischen Überlegenheit Aserbaidschans und der Türkei, sondern vor allem am politischen Versagen der heutigen und vorherigen Regierungen.

Paschinjan war infolge der demokratischen Massenbewegung im Frühjahr 2018 angetreten, um die Korruption und Macht der Oligarchie, die hier synonym zur Bourgeoisie, also der herrschenden Klasse, die aufgrund ihres Privateigentums an den Produktionsmitteln die Arbeiter*innenklasse ausbeutet und den Mehrwert akkumuliert, zu beenden. Doch außer kosmetischen Gerichtsverfahren gegen Oligarchen wie Gagik Zarukjan oder dem früheren Präsidenten Robert Kotscharjan kam dabei wenig rum, zumal ihre ökonomische Macht niemals angetastet wurde. Außenpolitisch isolierte Paschinjan das kleine Land und stand zu Beginn und während des Krieges ohne Verbündete dar.

Die Politik der Bourgeoisie hat das Land in den Ruin getrieben, zumal die armenische Seite in den letzten 25 Jahren keinen Schritt Richtung Frieden mit Aserbaidschan tätigte. Während die aserbaidschanische Gesellschaft von der Niederlage geprägt und von jeher auf Revanche gesinnt war, glorifizierte die armenische Seite den militärischen Sieg. Infolgedessen nahm besonders im Militär die Korruption zu und zersetzte die Verteidigung von innen heraus, während auf der anderen Seite die mangelnde historische Aufarbeitung zu einem völlig falschen Verständnis des Nachbarlandes führte. Kriegsverbrechen wie etwa das Massaker von Khoyali 1992 oder die ethnische Säuberung aserbaidschanischer Dörfer durch nationalistische Milizen wurden nicht aufgearbeitet, sodass es auch in diesem Krieg zu Luftangriffen auf zivile Strukturen kam, die ohnehin keinen militärischen Zweck haben, aber den Hass unter den Völkern nur vertiefen.

Natürlich hätte Aserbaidschan diesen Krieg nicht ohne die Führung der Türkei gewinnen können, die auch den Einsatz islamistischer Terroristen organisierte, aber Tatsache bleibt, dass armenische Soldaten schlecht ausgerüstet in einen Drohnenkrieg geschickt wurden und selbst heute die Regierung viel zu wenig tut, um die gefangenen Soldaten zu befreien, die von türkischen und aserbaidschanischen Faschisten gefoltert und öffentlich gedemütigt werden. Sie hilft kaum den Geflüchteten aus Arzach, die entweder ihre Heimat verloren haben oder deren Häuser zerbombt wurden. Zwar wird die Grundversorgung für die Bewohner*innen von Arzach mit Wasser, Strom und Gas ein Jahr lang kostenlos sein, allerdings braucht es ein nationales Wiederaufbauprogramm, um die Städte wieder aufzubauen und die Hinterbliebenen der Gefallenen zu unterstützen.

Das ist eine enorme nationale Herausforderung, zumal die türkische Drohung der Vernichtung durch die Erdoğan-Regierung latent bleibt. Wie soll das alles bewerkstelligt werden in einem kleinen Land, das noch dazu unter der Corona-Pandemie zu leiden hat? Die Situation erfordert eine radikale Lösung, die in nichts anderem bestehen kann, als in der Enteignung derjenigen, die das Land seit der Unabhängigkeit plündern und jede*n vierten Armenier*in in Armut leben lassen. Armenien ist derzeit eine hochpolitisierte Gesellschaft, niemand hat die Massenbewegung mit den Streiks, Blockaden, Demonstrationen, Aktionen massenhaften zivilen Ungehorsams vergessen. Dieser Ansatz muss wieder aufgegriffen werden, um nun die Bewegung zu Ende zu bringen und dabei weit über das hinauszugehen, was der liberale Nikol Paschinjan vorgab: Eine radikale Veränderung der Gesellschaft, die an den materiellen Wurzeln der Misere orientiert ist.

Viele rufen nach »nationaler Einheit« angesichts der türkischen Gefahr, aber welche »Einheit« kann es zwischen einem armen Arbeiter und einer armen Bäuerin geben und denjenigen, die in Palästen leben? Die Geschichte hat von Vietnam über Algerien bis Kurdistan gezeigt, dass der nationale Befreiungskampf von den Ausgebeuteten und Unterdrückten angeführt werden muss, um erfolgreich zu sein.


 Kurdistan Report 213 | Januar/Februar 2021