Sich ein gemeinsames Verständnis von Solidarität aneignen
Die Isolation kann nur gemeinsam wirklich durchbrochen werden
Ali Çiçek und Wolfgang Struwe
Halim Deners Tod jährt sich im Juni das 25. Mal
Die Toten bleiben jung
Volker Braun, 17. Mai 2019
Wer das Arbeiterjugendzentrum (AJZ) in Bieleld an der Heeper Straße kennt, der kennt auch das große Graffiti, das auf dem Rollladen in Front des AJZ zu sehen ist. Über 23 Jahre wurde es nicht übermalt und erinnert an den damals 16-jährigen, kurdischen Jugendlichen Halim Dener, der in der Nacht vom 30. Juni 1994 von einem zivilen SEK-Polizisten in Hannover beim Plakatieren beobachtet und von hinten erschossen wurde.
Liebe Leserinnen und Leser,
Widerstand lohnt sich! Tausende politische Gefangene in den Gefängnissen der Türkei und Aktivist*innen weltweit befanden sich bis zu 200 Tage in einem unbefristeten Hungerstreik, 30 politische Gefangene waren ins Todesfasten getreten.
Durch diesen Widerstand und diese politische Mobilisierung war es den Anwält*innen des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan erstmals nach rund acht Jahren möglich, ihren Mandanten auf der türkischen Gefängnisinsel Imralı zu besuchen.
Öcalan und die anderen Insassen auf der Gefängnisinsel haben in diesem Kontext eine gemeinsame Sieben-Punkte-Erklärung verfasst. Wir möchten diesen Appell nochmals mit unserer Leserschaft teilen, da er die wahre Agenda der kurdischen und türkischen Gesellschaft widerspiegelt:
1. In diesem historischen Prozess, den wir durchlaufen, ist eine tiefgreifende gesellschaftliche Versöhnung erforderlich. Für die Lösung der Probleme besteht starker Bedarf an einer Methode demokratischer Verhandlungen, jenseits jeglicher Polarisierung und Konfliktkultur.
2. Die Probleme in der Türkei und sogar in der gesamten Region, insbesondere den Krieg, können wir durch »Soft power«, also mit Intelligenz und politischer und kultureller Stärke lösen statt mit physischer Gewalt.
3. Wir glauben, dass die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) für die Problemlösung in Syrien auf die Konfliktkultur verzichten und einen Status erreichen sollten, der den Prinzipien der lokalen Demokratie entspricht und ihre Rechte auf der Grundlage eines vereinten Syriens verfassungsrechtlich garantiert. In diesem Sinne sollten auch Bedenken der Türkei berücksichtigt werden.
4. Bei allem Respekt für den Widerstand der Freundinnen und Freunde innerhalb und außerhalb der Gefängnisse möchten wir betonen, dass sie ihre Aktion nicht an den Punkt bringen sollen, an dem ihr Leben in Gefahr gerät oder gar zum Tod führt. Für uns ist ihre geistige, körperliche und psychische Gesundheit wichtiger als alles andere. Wir glauben außerdem, dass der sinnvollste Ansatz mit der Entwicklung einer mentalen und spirituellen Haltung zusammenhängt.
5. Unsere Haltung auf Imralı richtet sich nach der Newroz-Deklaration von 2013. Wir sind entschlossen, die darin erklärte Ausdrucksmethode zu vertiefen und diesen Weg fortzusetzen.
6. Ein würdevoller Frieden und eine demokratische politische Lösung stehen für uns an erster Stelle.
7. Wir grüßen alle, die sich aufgrund unserer Haltung besorgt gezeigt haben und aktiv wurden, mit Respekt und sprechen unseren großen Dank aus.
Mit diesem Sieben-Punkte-Plan von Abdullah Öcalan hat die kurdische Seite nochmals ihren Willen zu einer demokratischen Lösung der gesellschaftlichen Fragen in der Türkei, vor allem der kurdischen Frage, dargelegt. Eine solche Lösung bleibt aktuell, ist weiterhin unabdingbar, auch und gerade angesichts der ganzen Gräueltaten und Ungerechtigkeiten ringsum.
Eure Redaktion
Kurdistan Report 204 | Juli/August 2019
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