Nicht das Lächeln verschönert den Widerstand, sondern der Widerstand verschönert das Lächeln ...

Asîye, Sêvê, Fatma, Pakîze

Kongress der Freien Frauen (KJA)

Sie sind die Namen des Kampfes gegen das Patriarchat im Staat, in der Gesellschaft und in der Familie. Es bedeutet Isolation innerhalb der Isolation, Unterdrückung innerhalb der Unterdrückung und Ausbeutung innerhalb der Ausbeutung.

Sie sind diejenigen, die HALT sagen zu einem faschistischen System, das herrscht, sexistisch agiert, vergewaltigt, rassistisch und militaristisch vorgeht, zu einem System, das die Welt wie Vaters Erbschaft in kleine Parzellen von Nationalstaaten aufteilt und, wo es sich niederlässt, die Natur in eine Müllkippe verwandelt.Asîye, Sêve, Fatma, Pakîze

Sêvê, Fatma und Pakîze

wurden in Silopiya (Silopi) am 4. Januar 2016 durch die Schüsse von »Sicherheitskräften« verletzt. Zu der Adresse, die dem Rettungswagen genannt worden war, kam statt der Ambulanz ein Hinrichtungskommando. Die Leichname wurden den Angehörigen nicht überlassen. Tausende GenossInnen ehrten die drei Frauen auf ihrem letzten Weg. Aber die Familien der drei wurden vom türkischen Staat daran gehindert, an der Beerdigung teilzunehmen.

Asîye

wurde im Februar 2016 in einem der Keller des Grauens verbrannt. 300 Menschen sind es gewesen, die im Februar in Kellern, in denen sie (teilweise verletzt) Schutz vor den Angriffen der türkischen Armee gesucht hatten, lebendig verbrannt wurden. Die unkenntlichen Leichname aus diesen Kellern wurden alle in unterschiedliche Krankenhäuser in anderen Provinzen verbracht. Erst drei Monate später war ihre Identität mittels DNA-Analyse offiziell festgestellt. Eine Beerdigungszeremonie wurde von Schwerstbewaffneten verhindert. Aber die Bevölkerung von Botan hat sie an ihre Herzen gedrückt.

Bis heute hat es zu den Hinrichtungen der vier Frauen und auch zu denen der 300 Menschen in den Kellern keine Befragung gegeben. Kein Staatsanwalt hat am Ort der Morde die Untersuchung aufgenommen.

So wie die Menschheit durch die Revolution der Frauen in der Zeit des Neolithikums geprägt worden war, so ist sie nach Tausenden von Jahren der Staatenlosigkeit der Frauen durch einen von Frauen angeführten und gegen Staaten gerichteten Widerstand in Kobanê in Erstaunen versetzt worden.

Die Staatenbildung der Herrschenden nach Sykes-Picot vom 16. Mai 1916 hat Kurdistan in vier Teile und die Frauen somit in acht Teile aufgespalten und dadurch den Mittleren Osten zerrissen. Der Widerstand der Frauen von Kobanê, Şengal (Sindschar), Nisêbîn (Nusaybin), Cizîr (Cizre) ist die Geschichte der keine Grenzen anerkennenden Frauen. Diese Frauen nahmen Teil am Weltfrauenmarsch von 2015, der in Botan, Nisêbîn und Rengîn startete. Syrische, aramäische, assyrische, armenische, arabische, türkische, kurdische und andere internationale Frauen liefen dabei zusammen auf die Grenzen zu.

Asîye, Sêvê, Fatma und Pakîze kamen aus derselben Unterdrückung, aus derselben Gewalt, aus derselben Folter und aus denselben Knästen. Sie erlebten Vertreibung aus Haus und Heimat, Exil im Exil, leisteten Widerstand gegen männliches Herrschaftsdenken und schlossen sich der kurdischen Frauenbewegung an. Ihre Mörder sind die mit dem sexistischen, rassistischen, militaristischen und faschistischen Gedankengut. Asîye, Sêvê, Fatma und Pakîze verteidigten die Werte eines kommunalen Lebens ohne Machtansprüche, einer Gesellschaft der Frau, und sie sind Mahnmale gegen das Ausbeutungssystem der Männerherrschaft.

Die letzten Worte dieser vier Frauen sind die Worte der Widerstand leistenden Frauen aus Tausenden von Jahren – sie sind die Stimmen des Kampfes für eine faire und freie Welt.

Pakîze Nayır, Co-Vorsitzende des Volksrates von Silopiya: »Die Angriffe der Junta haben das Ausmaß eines Massakers angenommen. Die von Tayyip Erdoğan hierhergeschickten Polizisten und Militärs wenden IS-Methoden an. Die Angriffe sind blutrünstig. Was wir hier erleben, hat das Ausmaß der Geschehnisse in Kobanê seit langem überschritten. Haus für Haus greifen sie an und werfen Bomben hinein. Wir haben viele Verletzte. Diese Grausamkeit hält der türkische Staat dem kurdischen Volk gegenüber für angemessen. Aber das Volk lässt sich nicht einschüchtern, wird sich nie einschüchtern lassen, wird sich nicht aus den Straßen zurückziehen, und wir werden nicht besiegt werden. Glaubt uns, wenn Botan siegt, ist das ein Sieg für die gesamte Menschheit. Es wird offen am kurdischen Volk ein Völkermord verübt. An der Bevölkerung von Botan wird ein Völkermord verübt. Wenn wir heute nicht unsere Stimme dagegen erheben, kann es morgen zu spät sein. Hunderte von Menschen sind mit dem Tode bedroht. Wenn diejenigen, die sich DemokratInnen, SozialistInnen oder auch nur einfach Mensch nennen, diesen Schrei nicht erhören, wird es morgen zu spät sein. Selbstverwaltung und Selbstverteidigung ist unser grundsätzliches Recht, und auf dieses Recht werden wir nicht verzichten. Hört unseren Schrei. Es ist nötig, das eigene Leben einzusetzen, weniger geht nicht. Wenn wir diesen Kampf nicht führen, wird ihn niemand führen. Kümmert euch um meine Mutter.«

Die 41-jährige Sêvê Demir war 13 Jahre alt, als ihre Familie mit ihr in den Westen der Türkei ging. 2009 [nach dem Erfolg der kurdischen KandidatInnen bei den Kommunalwahlen] wurde auch sie im Rahmen eines politischen Genozids zusammen mit zehntausend anderen festgenommen. In ihrer Gerichtsverhandlung bestand sie darauf, ihre Verteidigung in ihrer Muttersprache zu halten. Sie tat dies mit aufrechter Haltung und einem Lachen im Gesicht. Drei Jahre war sie bereits im Gefängnis, als sie sich an dem großen Hungerstreik [gegen die Isolation Abdullah Öcalans] beteiligte. Am 68. Tag des Hungerstreiks wurde dieser Widerstand durch den Aufruf Abdullah Öcalans beendet. Als sie im Januar 2016 von Silopiya aus ihre FreundInnen anrief, hielt sie eine Ansprache an das gesamte kurdische Volk, in der sie mit ihrem Lachen den Lärm der Panzer im Hintergrund übertönte: »Unsere Hoffnung ist groß. Dieser Widerstand wird seinen Sieg nicht verfehlen. Aber sollte ich dabei fallen, begrabt mich auf der Faraşin-Hochebene [bei Elkê (Beytüşşebap)/Şirnex (Şırnak)]. Es lebe der Widerstand!«

Auch die 28-jährige Fatma Uyar war 2009 eine der Festgenommenen. Sie blieb fünf Jahre im Gefängnis. Aus der Haft entlassen führte sie den Kampf gegen das männliche Herrschaftsbewusstsein ohne Unterbrechung weiter. Sie wurde Mitglied im KJA (Kongress der Freien Frauen). Wir zitieren einige ihrer letzten Worte: »Botan ist ein Ort des Aufstandes gegen die Kugeln der Tyrannei aus dem Gewehrlauf der Männlichkeit. An diesem Ort erzählt jede Ecke Geschichten über diese Tyrannei. Eine schöne Frau ist diejenige, die jederzeit kampfbereit ist, sich aufrecht hält und sich niemals den Männern beugt.«

Asîye Yüksel, in jungem Alter verheiratet, verlor ihren Mann und war junge Mutter von zwei Kindern. Sie war als Verteidigerin des Frauenfreiheitskampfes bekannt, Mitfrau des KJA, Co-Vorsitzende des Volksrates von Cizîr: »Die Frau aus Botan ist es, die den Kampf anführt. Mein größter Traum ist es, in einem freien Kurdistan zu leben. Ich bin eine Mutter und ich kann doch meine verletzten Kinder nicht alleinlassen. Bis zu meinem letzten Blutstropfen werde ich kämpfen. Ich werde nie das Leben einer Sklavin akzeptieren. Achtet gut auf meine Kinder, ich vertraue sie euch an.«