»Art for Öcalan« – Kunst im politischen Kontext
Reimar Heider, Internationale Initiative »Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan«
Bilder und Kunst haben für politische Kampagnen stets eine große Rolle gespielt. Das gilt auch für Kampagnen für die Freilassung politischer Gefangener. Beispiele sind die weltweite »Free Mandela«-Kampagne oder auch die »Free Mumia Abu-Jamal«-Kampagne. Beide haben eine Reihe von bekannten Bildern hervorgebracht. In Kapstadt (Südafrika) existiert sogar ein eigenes Archiv für die Kunst der Anti-Apartheid-Bewegung.
Im kurdischen Kontext dagegen scheint der Schwerpunkt eher auf Musik und Liedern zu liegen. Diese werden meist in kurdischer Sprache vorgetragen und sind dadurch für Außenstehende kaum verständlich. Abgesehen von einigen Symbolen (deren Verwendung zum Teil hierzulande in bis ins Absurde reichendem Maße verboten sind) hat die kurdische Bewegung wenige prägnante Bilder hervorgebracht, die internationalen Wiedererkennungswert haben oder gar positiv konnotiert wären.
Die Internationale Initiative »Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan« versucht seit ihrer Gründung im Jahre 1999, auch visuelle Akzente zu setzen. Bereits im Gründungsjahr produzierte sie ein abstraktes Plakat mit einer aufgebrochenen Kette und der Aufschrift »Free Öcalan«. Bereits im Jahre 2002 fand eine Kunstaktion auf einer Insel im Main statt, für die der italienische Künstler Gianni Motti Öcalans Einzelzelle nachbaute. Doch mit »Art for Öcalan« (Kunst für Öcalan) starten wir 2012 erstmals eine ausgedehnte, langfristige Kunst-Kampagne.
Isolation, Kunst, Kampagne
Ein Ausgangspunkt der Kampagne war die Frage, wie eine grauenvolle Situation wie eine mehr als zehnjährige Isolationshaft anders als verbal verständlich gemacht werden kann. Niemand kann sich eine derartige Isolation vorstellen oder sie nachempfinden. Über poetische oder bildliche Darstellungen könnte jedoch ein anderer emotionaler Zugang geschaffen werden.
Eine weitere Überlegung war die Tatsache, dass auf Demonstrationen und in Spots immer wieder die gleichen Bilder Öcalans verwendet werden. Leider gibt es aus der Zeit vor 1999 nur wenige wirklich gelungene Fotos, auf denen er für eine internationale Öffentlichkeit sympathisch erscheint.
Die Kampagne »Art for Öcalan« soll für beide Probleme eine Lösung bieten. Auf der einen Seite möchten wir KünstlerInnen sensibilisieren und dafür gewinnen, Kunstwerke zu schaffen oder zur Verfügung zu stellen, die einen Bezug zu Öcalan als Person, seiner Situation als politischer Gefangener oder seinem politischen Kampf herstellen. Auf der anderen Seite möchten wir die entstandenen Kunstwerke in unserer Kampagnenarbeit einsetzen.
Botschaften aus der Vergangenheit und Briefmarken aus der Zukunft
Einige der zur Verfügung gestellten Gemälde kurdischer Maler haben wir bislang für Bucheinbände verwendet. Auf dem Cover von verschiedenen Büchern Öcalans finden sich Ausschnitte aus Gemälden von Ahmet Güneştekin, Rodi Khalil und Sosanî.
Äußerst phantasievoll kommen viele der originalen Einsendungen daher. Gimo Zangana benutzte ein bekanntes Motiv der »Free Mandela«-Kampagne und adaptierte es für »Art for Öcalan«. Nuri Aslan verwendete ein kurdisches Zitat von Öcalan: »Die Geschichte ist in unserer Gegenwart verborgen, und wir sind im Anfang der Geschichte verborgen.« Yekbûn wagte einen Blick in die Zukunft und entwarf Briefmarken aus dem Jahr 2061. Klaus Becher zeigt in »Türkische Partie« ein Schachspiel mit Insel und Panzern. Und Khalo versetzte Imralı gar in ein Super-Mario-Computerspiel.
20 000 Postkarten mit Motiven aus der »Kunst für Öcalan«-Kampagne wurden gedruckt und vor Öcalans Geburtstag verteilt – mit der Adresse des Gefängnisses auf Imralı, um sie als Geburtstagskarten in den türkischen Isolationskerker schicken zu können.
Zum kurdischen Kulturfestival in Dortmund wurden T-Shirts mit einem Motiv von Nesli Sever gedruckt, das Öcalans Gesicht aus Begriffen aus seinen Büchern zusammensetzt. Das Logo der Kampagne stammt ebenfalls von ihr.
Material weiter gefragt
Einige, allerdings nicht alle, bisher eingesandte Werke finden sich auf der Website art-for-ocalan.org im Internet. Dort finden sich auch Gedichte in englischer und italienischer Sprache. Wir bitten weiterhin um Zusendungen.
Für das kommende Jahr ist eine Wanderausstellung mit Bildern, Installationen und audiovisuellen Medien geplant. Einen genauen Zeitplan dafür gibt es noch nicht, aber für die Eröffnung wird der 4. April 2014, Öcalans 65. Geburtstag, angepeilt. Die Ausstellung wird auch in Deutschland zu sehen sein.
Wo Worte versagen ...
Die Internationale Initiative hat viele Texte über die Haftsituation Abdullah Öcalans und die wichtige Rolle, die er in jeglichem Friedensprozess spielen wird, veröffentlicht. Doch manchmal fühlen wir, dass Worte nicht alle Aspekte dessen ausdrücken können, was tatsächlich geschieht.
Ein außergewöhnlicher politischer Gefangener
Auf einer Insel, umgeben von Wasser
Im militärischen Sperrgebiet, bewacht von 1000 Soldaten
Kein Handschlag, keine Umarmung seit 1999
13 Jahre Isolation, 13 Jahre weiße Folter
Totales Verbot der Muttersprache, Kurdisch
Niemand zum Reden, nur Bücher zum Lesen
7000 handgeschriebene Seiten ...
... muss Kunst sprechen.
Millionen von Kurdinnen und Kurden haben wieder und wieder für Öcalans Freiheit und eine politische Lösung demonstriert. Doch ihre Stimme wird oft nicht gehört. Kunst kann einen Unterschied machen.Wir suchen Künstlerinnen und Künstler, die durch ihre Kunst die Kampagne für Öcalans Freiheit unterstützen wollen. Dies kann in Form von Gemälden, Zeichnungen, Skulpturen, Videos, Texten oder durch Musik erfolgen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Wir werden Eure Kunst im Internet veröffentlichen, Ausstellungen organisieren, sie auf Plakate, Postkarten, Aufkleber, T-Shirts drucken usw.
Wenn Du Dich künstlerisch betätigst und Dich an der Kampagne »Art for Öcalan« beteiligen willst, schreib uns an
Köln, im April 2012
Koordinationsbüro der Internationalen Initiative »Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan«
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