Interview mit Cemil Bayik | Foto: Özgür GündemInterview mit Cemil Bayık, Kovorsitzender der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK)

Die Lage ist sehr ernst

Das Gespräch führte Martin Dolzer

Momentan greifen Dschihadisten des Islamischen Staates (IS) den Kanton Kobanê in Nordsyrien/Rojava von mehreren Seiten mit modernsten Waffen an. Wie ist der IS entstanden?


Der Islamische Staat hat sich in der Anfangsphase als ISIS/ISIL (Islamischer Staat in Irak und Syrien/der Levante) überwiegend innerhalb arabischer Sunniten organisiert. Einen der Grundsteine dafür legte Saddam Hussein bei der Neustrukturierung seiner Streitkräfte. Er formierte die Al-Agba-Streitkräfte, die auf Grundlage einer Verknüpfung nationalistischer und streng islamischer Ideologie agierten. Nach dem Sturz Husseins definierten sie sich als Islamisten und formierten sich neu. Durch den Machtwechsel im Irak unter Nuri al-Maliki zugunsten der Schiiten hat die Unzufriedenheit der Sunniten, die unter Saddam Hussein große Privilegien genossen hatten, dem IS einen fruchtbaren Nährboden bereitet. Die Regierung al-Malikis grenzte sie von angemessener Teilhabe aus. Viele der jetzigen Führungskader des IS stammen aus der Revolutionsgarde Husseins, weitere gehören den Nakschibendi an [einem sunnitischen Sufi-Orden, dem auch der türkische Staatspräsident R. T. Erdoğan und der Präsident der kurdischen Autonomieregion im Nordirak Mesûd Barzanî angehören; Anm. d. Red.]. Die Revolutionsgarden organisierten sich zum Teil auch in Syrien, wo sie sich dem Geheimdienst andienten und von dort aus u. a. gegen die neue Regierung des Irak agierten.

Heute sind die Zentren der Organisation in Ar-Raqqa und Tal Abyad (Girê Sipî) im Norden Syriens. Kämpfer rekrutiert der IS hauptsächlich aus der Türkei, Tschetschenien, Nordafrika und Europa. Saudi-Arabien und Katar liefern Waffen, Jordanien gewährt Freiräume zur Ausbildung. Die türkische Regierung unterstützt ihn, indem sie militärische und medizinische Infrastruktur und ebenfalls Ausbildungsorte zur Verfügung stellt. Zudem betreibt die Türkei intensiven Handel mit der Organisation und kauft ihr in großem Maße Erdöl ab. Der IS wird von den USA und weiteren Kräften als destabilisierende Kraft im Rahmen einer Teile-und-herrsche-Logik instrumentalisiert. Momentan soll er die Grundlage der Revolution in Rojava schwächen. Sein Vorgehen hat eigentlich nichts mit dem Islam zu tun. Die Organisation greift Frauen an, vergewaltigt und verkauft sie. Sie versucht darüber hinaus, das kulturelle Erbe der Region zu zerstören, sei es das assyrische, das êzîdische, das christliche oder auch das moslemische, wenn es nicht mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmt. Angriffe gelten den Kultstätten und kulturellen Zentren, wie auch der Menschlichkeit insgesamt.

Der IS betreibt, um sich durchsetzen zu können, eine gezielte psychologische Kriegsführung. Die Dschihadisten überschwemmen die Außenwelt mit Schreckensbildern von Enthauptungen sowie Massakern und bauen darauf, dass diese über soziale Netzwerke, Handys und Medien verteilt werden. Dadurch werden die Menschen derart eingeschüchtert, dass sie sich nicht mehr trauen, sich den Dschihadisten entgegenzustellen. Die aus der Armee Saddam Husseins stammenden Kader können zudem mit ihrem Wissen über die gesellschaftlichen Strukturen der Region einzelne Gruppen oder Stämme instrumentalisieren oder Spaltungsprozesse vorantreiben. Sie wissen um die Widersprüche und Konfliktlinien in der Region.

Von Ar-Raqqa aus will der IS in Syrien, im Irak und im Iran ein Kalifat errichten. In Şengal (Sindschar) hat er in großem Ausmaß Kriegsverbrechen und Massaker an der Bevölkerung begangen. Die Volksverteidigungseinheiten (YPG) aus Rojava und die Guerilla der PKK beschützten die êzîdische, christliche und turkmenische Bevölkerung und gaben den Menschen dadurch Hoffnung. Wir mussten den Êzîden helfen, da jeder Mensch Verantwortung dafür trägt, dass keiner Bevölkerungsgruppe und keinem Menschen Unrecht angetan wird.

Die PKK hat die Menschen in Şengal, in Maxmur, Cewlala und Kerkuk und an weiteren Orten durch ihren Einsatz vor Massakern bewahrt und wesentlich dazu beigetragen, den Vormarsch des IS zu stoppen. Schrittweise hat die Bevölkerung Vertrauen gefasst und angefangen sich zu trauen, auch selber Widerstand gegen den IS zu leisten. Das ist sehr wichtig. Letztendlich müssen die Menschen in dieser Region lernen, sich selber zu schützen und zu organisieren.

Zum Teil arbeiten wir in den genannten Regionen mit den Peschmerga der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) von Mesûd Barzanî und der Patriotischen Union Kurdistans (YNK) zusammen. PDK und die YNK lehnten zuvor zwei Jahre lang unsere Vorschläge ab, perspektivbildende Gremien und eine gemeinsame Verteidigung aufzubauen, da sie das nicht für notwendig hielten. Beide Parteien und deren Peschmerga waren nicht auf die Angriffe des IS vorbereitet. Wir hatten sie allerdings vorausgesehen. Bei genauerer Analyse der Entwicklungen in der Region war die Dynamik des Konflikts vorhersehbar.

Êzîdische Flüchtlinge, die in Şengal im Nordirak von Kriegsverbrechen des IS betroffen waren, beschuldigen die PDK, sie durch ihren Rückzug aus den êzîdischen Gebieten verraten zu haben. In welchem Ausmaß arbeitet die PDK mit dem IS zusammen?
Wir haben erfahren, dass unter anderem Vertreter der PDK und der Regierungen der USA sowie Großbritanniens gemeinsame Vorbereitungen für die Eroberung Mûsils (Mossuls) im Frühsommer 2014 trafen. Es gab eine Vereinbarung, die der PDK Gebiete oberhalb des 36. Breitengrades und dem IS die Gebiete darunter zusicherte. Der IS hat sich nicht daran gehalten und versuchte auch die kurdische Autonomieregion zu erobern. Damit hatte die PDK nicht gerechnet. Die YPG aus Rojava und die Guerilla der Arbeiterpartei Kurdistans PKK haben, nach dem kampflosen Rückzug der PDK-Peschmerga aus Şengal, den Schutz der dort lebenden êzîdischen Kurden organisiert. Mehreren hunderttausend Menschen wurde so das Leben gerettet.

Internationale Kräfte wollen noch immer mit Hilfe des IS im Irak, im Iran und in Syrien die Gesellschaft spalten. Die PDK strebt an, zu einer bedeutenden Regionalmacht zu werden, und ordnet sich deshalb dem Willen der Großmächte unter. Das Vertrauen der Bevölkerung in die PDK ist nach deren kampflosem Rückzug aus mehreren Konfliktgebieten, insbesondere aus Şengal, allerdings stark geschwächt. Die USA und weitere Akteure wollen sie nun wieder stärken. Sie sehen in der PDK einen zuverlässigen und steuerbaren Partner zur Sicherung der eigenen Gewinne aus Öl- und Gasexporten. Die Waffen werden also nicht geliefert, um die Kurden zu schützen, sondern um die eigenen Interessen durchzusetzen. Dabei geht es wohl auch darum, die PKK zu schwächen.

Können Sie die Ziele der türkischen Regierung in Bezug auf Rojava/Nordsyrien genauer erklären?
Die Türkei hat ein Interesse daran, die Selbstverwaltungsstrukturen in Rojava, in denen sämtliche Bevölkerungs- und Religionsgruppen die Gesellschaft gemeinsam gestalten, zu zerstören. An ihnen sind Kurden, die Abdullah Öcalan nahestehen, entscheidend beteiligt. Schon seit langem forderte die Regierung Erdoğan deshalb eine Pufferzone in Rojava, um die Region zu entvölkern. Dazu ist auch geplant, die UN zu instrumentalisieren. Die türkische Regierung ist ein enges Bündnis mit dem IS eingegangen. Da das Ausmaß dieses Bündnisses nicht öffentlich werden darf, weil das der Türkei schaden würde, hat der IS die türkische Regierung quasi in der Hand. Dorfbewohner dokumentierten jedoch, wie die Türkei über eine grenznahe Bahnstrecke nahe Tal Abyad Panzer und schwere Waffen in der Nähe Kobanês (Ain al-Arabs) an den IS lieferte. Zur selben Zeit ließen die Dschihadisten 49 Mitarbeiter des türkischen Generalkonsulats frei, die in Mûsil unter Hausarrest gestanden hatten.

Die Türkei ist noch immer nicht bereit, das Bündnis mit dem IS zu beenden. Absurd ist, dass die AKP-Regierung eher mit dem IS verhandelt, als die kurdische Frage, ein zentrales Moment der gesellschaftlichen Probleme des Landes, zu lösen. Mit einer solch aggressiven Politik und den brutalen Angriffen auf Bevölkerung und Flüchtlinge an der Grenze zu Kobanê, bei denen mehrere Menschen starben, verunmöglicht die AKP-Regierung eine Fortsetzung des Friedensprozesses.

Können Sie etwas zur Strategie der US-Regierungen im Mittleren Osten sagen?
Sämtliche Interventionen der USA im Mittleren Osten und in Nordafrika im Rahmen des Greater Middle East Project waren in den letzten Jahren wenig erfolgreich. Die Entwicklungen in Ägypten, Libyen, Tunesien, Irak und Syrien entsprechen nicht oder nur in geringem Maße den Vorstellungen der US-Regierung. Durch ihre Politik haben die USA allerdings die gesamte Region ins Chaos gestürzt. Eines der ersten Staatssysteme hatte sich historisch betrachtet im Mittleren Osten entwickelt. Auf dieser Grundlage entstanden dann später die Nationalstaaten in Europa. Das System der Nationalstaaten funktioniert aber in der großen weltweiten Krise, in der wir uns befinden, im Mittleren Osten nicht mehr. Unter anderem deshalb haben die USA die Kontrolle verloren. Auf dieser Basis hat sich auch die Revolution in Rojava entwickelt. Eine basisdemokratische Selbstverwaltung, die in der Region zum positiven Modell werden könnte, stellt die Vormachtstellung der USA in Frage. Als Instrument dagegen wurde der IS genutzt. Nur auf der Grundlage einer verheerenden Politik der Duldung und Unterstützung konnte sich die dschihadistische Organisation so schnell und so gefährlich entwickeln.

In Rojava steht das geschwisterliche Miteinander der Menschen, Religionen und Ethnien im Zentrum. Um das zu zerstören, wurde der IS »vorgeschickt«. Die Regierung der USA will einen Konfessionskrieg verschärfen, um die Bevölkerungsgruppen erneut zu spalten. Nach der Schwächung und Destabilisierung der Region sollen dann die USA um Hilfe gerufen werden – um neue Abhängigkeiten zu schaffen. Dabei geht es um Kontrolle und Absatzmärkte. Die US-Regierung hat erkannt, dass ausländische Interventionen keinen Erfolg bringen. Da der IS die Region kennt, wird er als destabilisierender Akteur der Spaltung instrumentalisiert. Er selbst benutzt dabei den Westen als Feindbild, um die Menschen aus Protest gegen lange Unterdrückung an sich zu binden. Die Dschihadisten geben vor, den Imperialismus zu bekämpfen, und schmieden auf dieser Grundlage Bündnisse mit weiteren Kräften, die dagegen aufbegehren. Der IS versucht auch mit den Sunniten im Irak, in Syrien und in Europa zusammenzuarbeiten – und dadurch eine interaktive Bewegung zu sein.

Der Iran und die Türkei sind momentan die Regionalmächte mit Hegemonialansprüchen. Der Iran will über die schiitische Karte hegemonial bleiben, die Türkei über die sunnitische – jeweils appellieren sie an die Kultur des Mittleren Ostens, um sich durchzusetzen. Die Bündnislinien sind dabei vereinfacht gesagt folgende: die Türkei, sunnitische Kräfte und der IS – und der Iran, die irakischen Schiiten und Assad. In Syrien und im Irak geht es auch um diese Auseinandersetzung der Regionalmächte. Das erschwert die Planungen der US-Regierung.

Die Angriffe auf Rojava beschäftigen momentan weltweit die Öffentlichkeit. Können Sie die Situation dort näher erläutern?
Die Revolution in Rojava wird offensichtlich als große Gefahr gewertet, da sie das Gegenteil einer kolonial abhängigen Gesellschaft ist. Dort stehen der Mensch und die gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben im Mittelpunkt der Gesellschaftsorganisation. In diesem Konflikt stehen sich unterschiedliche Gesellschaftsmodelle gegenüber. Die basisdemokratische Selbstverwaltung in Rojava oder neokoloniale Aufteilung. Das kapitalistische System profitiert von Krisen und greift die Kultur, die Würde der Menschen und die Natur an. Der Krieg in Syrien wird noch lange andauern, sich wahrscheinlich ausweiten und große Zerstörungen mit sich bringen. Es handelt sich neben den geostrategischen Momenten auch um einen Konfessionskrieg. Der Konfessionskrieg hat in Europa sehr lange gedauert. Auch der Krieg im Mittleren Osten und in Kurdistan wird wohl noch lange andauern. Wie lange genau, ist schwer vorherzusagen.

Die Verteidigungseinheiten YPG/YPJ führen einen erbitterten Kampf um Kobanê. Die Stadt selbst gleicht schon einem Trümmerfeld. Foto: DIHADie Verteidigungseinheiten YPG/YPJ führen einen erbitterten Kampf um Kobanê.
Die Stadt selbst gleicht schon einem Trümmerfeld. Foto: DIHA

Viele kurdische Akteure sprechen vom Beginn eines Dritten Weltkrieges im Mittleren Osten. Teilen Sie diese Ansicht?
Ja, das sehe ich ähnlich. Der IS hat auch in Europa Auswirkungen. Die Dschihadisten wollen die christlichen Kulturen im Mittleren Osten vernichten. Es sind zudem nicht nur Moslems, die sich dem IS anschließen, sondern auch Europäer, die keine Perspektive mehr sehen. Deshalb sollte die EU begreifen, dass dieser Krieg nicht nur hier stattfindet. Die USA benötigen und benutzen das Chaos in der Region auch, um die Staaten der EU in ihre Politik einzubinden. In der kapitalistischen Moderne wird tief verwurzelte Stabilität nicht gern gesehen. Kapitalismus bedeutet grundsätzlich Krieg.

Heute können die Hegemonialmächte die Krise nicht mehr verwalten und steuern. Durch Krieg und Naturzerstörung wendet sich das System gegen ein soziales Miteinander. Nach dem Ende des Realsozialismus wurden die Grundlagen humanistischer Gesellschaften gezielt angegriffen und eine umfassende Politik der inneren Spaltung wurde vorangetrieben. Der Mensch kann seine Persönlichkeit nur in sozialen Strukturen entfalten. Außerhalb eines funktionierenden Kollektivs ist der Mensch schwach. Das System setzt an diesem Punkt an und stärkt sich durch Maßnahmen der Zerstörung kollektiver Strukturen. Kapitalismus baut seine Stärke fast ausschließlich auf der individuellen Freiheit auf, die als alleinstehende Qualität im Rahmen von konkurrenzbasierten Gesellschaftsformationen allerdings nicht glücklich machen kann. Ansonsten produziert das System eine negative und ausgrenzende Sprache und Realität.

Krisen eröffnen aber auch immer Möglichkeiten und Perspektiven, die wir entwickeln können. Ein zerstörerisches System bereitet sich historisch gesehen immer sein eigenes Ende. Deshalb müssen wir langfristig denken und gemeinsam für die Menschlichkeit und ein respektvolles Zusammenleben wirken. Unsere Lebensphilosophie besteht darin, Probleme zu sehen und zu lösen. Das bedeutet Freiheit. Durch eine solche Analyse und ein ständiges selbstkritisches Hinterfragen hat die PKK unzählige Angriffe überstanden. Durch jeden erneuten Angriff lernen wir dazu. Passende Problemlösungen können allerdings nur auf der Grundlage einer Analyse der Hintergründe gefunden werden. Unsere Sprache und Realität sind positive. Schwächen sind dazu da, sie in Stärken zu verwandeln. Wir bescheiden uns nicht mit Selbstzufriedenheit, denn das würde bedeuten, statisch zu werden. Eine ständige Weiterentwicklung verhindert Dogmatismus. Probleme überwinden wir mit den eigenen Mitteln, um Abhängigkeit zu vermeiden – und mit Selbstbewusstsein. Widerstand heißt Leben, Leben heißt Freiheit, Freiheit heißt Unsterblichkeit.

Wird es nicht Zeit, die PKK von den Terrorlisten der USA und der EU zu streichen?
Die Türkei kann eigentlich nicht mehr davon sprechen, dass die PKK eine Terrororganisation ist. Wir sind diejenigen, die den Friedensprozess vorangetrieben haben. Die kurdische Frage ist ein Problem der Bevölkerung und essentieller Rechte der Kurden und weiterer Bevölkerungsgruppen. Die EU und die USA haben die PKK aus eigenen Interessen auf ihre jeweiligen Terrorlisten gesetzt.

Uns ist relativ klar, dass sie diese Einstufung nicht so schnell ändern. Die Türkei ist ein Mitglied der NATO und weiterer internationaler Organisationen. Die Regierungen der Türkei haben über lange Jahre einen absurden Propagandakrieg gegen die PKK geführt. Es gab unzählige Diffamierungskampagnen, um vom eigentlichen Problem, der Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung und dem Widerstand dagegen abzulenken. Momentan sind allerdings die positiven Entwicklungen der PKK und ihr stabilisierender Einfluss auf die Region nicht mehr übersehbar. In Şengal haben wir sehr viele Menschen gerettet und sogar indirekt den Ruf der PDK bewahrt. Hätte dort ein noch größeres Massaker stattgefunden, hätte die PDK aufgrund ihres kampflosen Rückzugs vollkommen ihr Gesicht verloren. Momentan sind weder die Staaten noch regionale Akteure in der Lage, die Menschen zu beschützen. Für uns bedeutet, die Êzîden zu verteidigen, die Menschheit zu verteidigen.

Im Grunde sollten die Staaten einsehen und akzeptieren, dass die PKK keine Terrororganisation ist, sondern eine, die Leben rettet und eine Demokratie aufbaut, an der sich sämtliche Menschen gleichberechtigt beteiligen können. In unserer Realität werden humanistische Ethik und Ästhetik verbunden und dadurch die Menschenrechte und die Werte der UN-Charta umgesetzt. Das Problem der Kriminalisierung ist also ein politisches – die Definition als terroristische Organisation oder demokratischer Akteur hängt vom Willen und den Interessen der Staaten ab. PDK und YNK wurden zum Beispiel, trotz jahrelanger Zusammenarbeit, bis letztes Jahr auf Terrorlisten geführt. Die PKK wird in der EU und insbesondere in der Bundesrepublik wohl hauptsächlich noch immer kriminalisiert, um den Interessen des NATO-Partners Türkei nachzukommen. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, das zu ändern.

Wie ernst ist die Lage in Kobanê?
Es handelt sich um den dritten schweren Angriff auf Kobanê. Der IS hat dazu mehr als 60 moderne Panzer, katjuschaähnliche Raketen und weitere schwere Waffen in die Region verlegt. Er greift an fünf Fronten gleichzeitig an. Schwere panzerbrechende Waffen haben wir nicht. Wir müssen die gesamte Widerstandskraft und Solidarität aller Kurden und Bündnispartner mobilisieren, um die Angriffe abzuwehren. Die Lage ist sehr ernst.