4. Konferenz der Kampagne TATORT Kurdistan
Ulf Petersen, Köln
Vom 11. bis 13. April fand in Köln die seit 2011 jährlich stattfindende Konferenz der Kampagne TATORT Kurdistan statt. Die aktiv an der Kampagne beteiligten Gruppen und Einzelpersonen sowie einige interessierte Gäste haben teilgenommen, insgesamt ca. 40 Personen.
Am Freitag wurde die Situation in der Türkei und Nordkurdistan nach den Kommunalwahlen vom 30. März diskutiert. Ich war am Wahltag als Wahlbeobachter in der Kleinstadt Xinûs (Hınıs), Provinz Erzirom (Erzurum), tätig gewesen. Ich betonte, dass die Regierungspartei AKP trotz ihrer weiterhin soliden Unterstützung zwei Millionen Stimmen im Vergleich zu den Parlamentswahlen 2011 verloren hatte und BDP/HDP sowie die altfaschistische MHP stark gewonnen hatten. Songül Karabulut, Mitglied im Kurdischen Nationalkongress (KNK), analysierte die Aussichten für den Friedensprozess und die Demokratische Autonomie in den vorwiegend kurdisch bewohnten Gebieten. Sie erwartet, dass der Friedensprozess bzw. der Versuch, einen solchen wirklich zu beginnen, weiterhin zäh laufen wird, unter anderem weil Erdoğan sich auf die Machtsicherung bei den Parlamentswahlen 2015 orientiert. Ein Ergebnis der Diskussion war, dass die kurdische Freiheitsbewegung und die Parteien BDP/HDP die Möglichkeit und auch die Dringlichkeit hätten, die Selbstverwaltung in den kurdischen Gebieten voranzutreiben und die antikapitalistischen, feministischen, ökologischen und basisdemokratischen Ideen der Bewegung zu konkretisieren und praktische Umsetzungen zu entwickeln.
Der Samstag war komplett für die Lage in Rojava bzw. in Syrien eingeplant. Michael Knapp aus Berlin berichtete in einem ausführlichen Foto- und Filmvortrag von seiner Delegationsreise im Herbst 2013. Die Realität der Selbstverwaltung und des Krieges und die starke Umsetzung der Geschlechtergleichheit wurden sehr deutlich. Abdulsalam Mustafa, Europavertreter der PYD (Partei der Demokratischen Union), erläuterte Taktik und Strategie seiner Partei. Er betonte, dass seitens der KDP-Barzanî-nahen Kräfte eine »Schmutzkampagne« organisiert wird und dass die PYD sich deshalb eine kritische Befragung zu den erhoben Vorwürfen, undemokratisch vorzugehen, wünsche. Auch seien journalistische Reisen wie die von Michael Knapp sehr wertvoll.
Auf der Grundlage der Vorträge wurde eingehend über die Situation in Syrien diskutiert. Die als Besucherin anwesende Journalistin Karin Leukefeld fragte nach, ob und wie verhindert werden könne, dass die Selbstregierung in Rojava im Rest Syriens als eigennütziges Vorpreschen der KurdInnen gesehen wird. Dieses Dilemma kann nicht so einfach gelöst werden, da das defensive Agieren der KurdInnen und der PYD im Kontext des syrischen Krieges von allen Seiten bedroht wird.
Am Nachmittag wurde diskutiert, wie Solidarität für die Selbstverwaltung in Rojava organisiert werden kann. Die anwesenden Gruppen aus Duisburg, Hamburg und München hatten bereits Aktivitäten gestartet. Ein Ergebnis der Konferenz war, dass der Aufruf der Kurdistan-Hilfe aus Hamburg für den Wiederaufbau der zerstörten Krankenstation der Heyva-Sor-Zentrale in Kobanê bundesweit unterstützt werden soll. Dazu soll ein in Entwicklung befindliches Hilfsprojekt der Frauenbewegung in Qamişlo kommen.
Zu dem in Deutschland und international recht breit unterstützten Aufruf »Das kurdische Rojava in Syrien braucht Hilfe in der Not. Unterstützen Sie ein demokratisches Experiment!« von Medico international und Civaka Azad gab es Kritik an der Arbeitsweise von NGOs, die sich auf staatliche Gelder stützen und immer auch als langer Arm der staatlichen Außenpolitik fungieren. Einigkeit bestand darin, dass der Aufruf verbreitet wird und der breite Unterstützerkreis angesichts der unfairen Kampagne gegen die PYD und der Zurückhaltung in der linken und demokratischen Öffentlichkeit einen Erfolg darstelle.
Weitere Vorhaben sind: öffentliche Veranstaltungen nach einer erneuten Delegationsreise im Mai; Nutzung und Verbreitung des baskischen Dokumentarfilms »Silent Revolution« über Rojava; Druck eines Plakates zur Solidarität mit Rojava, das für alle Aktivitäten genutzt werden kann.
Neben den Aktivitäten zu Rojava befasste die Konferenz sich noch mit der Vorbereitung der Halim-Dener-Kampagne und -Demonstration am 21. Juni in Hannover sowie weiteren Aktivitäten gegen die Repression kurdischer Politik in Deutschland.
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