Nur digital | Ein Rückblick auf den Friedensprozess

»Es ist ein Krieg zwischen Würde und Entwürdigung«

Interview mit Nazan Üstündağ, von Günay Aksoy, Özgürlükçü Demokrasi, 23.09.2016

Wir von Özgürlükçü Demokrasi haben mit der Soziologie-Professorin an der Istanbuler Boğaziçi-Universität Dr. Nazan Üstündağ, die wir aus ihrem Kampf um Frieden kennen, über die Zukunft der Türkei und über die von der AKP-Regierung verpasste Chance zum Frieden gesprochen. Sie bezeichnet den gegenwärtigen Krieg als einen Krieg zwischen »Würde« und »Entwürdigung«.

»Es ist ein Krieg zwischen Würde und Entwürdigung«Mit der Verlesung der Botschaft des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan am 21. März 2013 begann der Prozess der demokratischen Lösung. Wie wichtig war dieser Prozess für die Türkei und den Mittleren Osten?

Im Mittleren Osten gibt es ein übermäßiges Problem von Ungleichheit, Ungerechtigkeit und der Konzentration von Macht und Reichtum. Daneben bleiben zwei wichtige, damit verbundene Probleme ungelöst: die Palästinafrage und die kurdische Frage. Mit dem Andauern der Ausbeutung und Besetzung von Palästina und Kurdistan werden die im Mittleren Osten angewendete staatliche Gewalt und der Terror legitimiert, popularisiert und die Sicherheitspolitik wird fraglos akzeptiert. Zudem nähren und verstärken die Auseinandersetzungen in diesen beiden Kolonien die Manöver der internationalen Mächte in der Region. Viele Vernichtungspraktiken, die wir heute als normal ansehen, werden zuerst dort angewendet und breiten sich dann auf die Welt aus. In diesem Sinne war der Prozess 2013 für den Mittleren Osten eine ganz neue Möglichkeit und existenziell.

Erstens wurde zum ersten Mal im Mittleren Osten die Tür zu einer Phase aufgestoßen, in der die Völker die Kriterien für ein gemeinsames Leben in einem gemeinsam akzeptierten Territorium zusammen festlegen sollten. Das hat uns alle wie die ganze Welt begeistert. Wir können diesen Prozess, wenn wir ihn zusammen mit dem »arabischen Frühling« und dem sich später entwickelnden Gezi-Widerstand lesen, als Teil des Aufstands und des Willens der Völker des Mittleren Ostens betrachten, die sich zu befreien versuchen und zusammen ein neues Lebensmodell suchen.

Zweitens war es eine Phase, die auf 118 Friedensprozesse in der Welt seit den 1990ern folgte und die Hoffnung mit sich brachte, nach vielen Friedensversuchen in der Türkei nicht die davor oft begangenen Fehler zu wiederholen. So hat Öcalan aufgrund früherer Erfahrungen zur Verhinderung solcher Fehler eine Vielzahl von Gesetzesvorschlägen eingebracht. Doch wurden viele davon nicht akzeptiert.

Drittens hat der Prozess die Türkei in eine Phase gebracht, in der sie universelle Fragen zu diskutieren begonnen hat. Wie rechnet man mit seiner Vergangenheit ab? Wie vergibt man? Wie hängt Geschlechterungleichheit mit anderen Ungleichheiten zusammen? Wie hängen Demokratie und Frieden miteinander zusammen? Was für einen Zusammenhang gibt es zwischen Gewalt und Herrschaft? Wie hängt die Ausbeutung von Arbeit mit ethnischer Vorherrschaft zusammen? Was für einen Zusammenhang gibt es zwischen Kapitalakkumulation und Gewalt oder Gewaltlosigkeit? Es wurde eine Atmosphäre geschaffen, in der diese Fragen diskutiert wurden, mit denen sich die ganze Welt auseinandersetzt und worauf sie eine Antwort sucht. Prozesse von Wissensproduktion wurden ernsthaft beschleunigt. Aus akademischer Sicht haben wir eine Phase erlebt, in der die Wissensproduktion in der Türkei und Kurdistan, zusammen mit der Revolution von Rojava, auf die Weltbühne getreten ist.

Der demokratische Lösungsprozess hatte einen wichtigen Dialogkanal für die Lösung der 200-jährigen kurdischen Frage und den seit 1984 andauernden Krieg geöffnet. Der Staat hat ihn nicht genutzt. Was lässt sich über den Grad der gesellschaftlichen Unterstützung in der Türkei sagen?

Ich denke, dass weder der Staat noch sonst jemand den Prozess gut genutzt hat. Zahlreichen Untersuchungen zufolge bewegte sich die passive gesellschaftliche Unterstützung auf sehr hohem Niveau. Selbst an der Basis der Partei der Nationalistischen Bewegung MHP hat sich der Anteil derjenigen, die Frieden und eine Lösung und beispielsweise muttersprachlichen Unterricht befürworten, deutlich vergrößert. An manchen Orten konnten wir bei den Parlamentswahlen vom 7. Juni sogar registrieren, dass Teile der ehemaligen MHP-Wählerschaft ihre Stimme dieses Mal für die HDP abgaben. Das ist natürlich eine Folge der Annäherung auf lokaler Ebene im Zuge des Lösungsprozesses. Man muss sagen, dass die Opposition beim Thema der Transformation dieser lokalen Annäherung in eine gesellschaftliche Bewegung in einzigartiger Weise schwach und inkompetent war. Ich habe darüber bereits mehrfach geschrieben, wiederhole es aber noch mal. »Frieden schließen« wurde als etwas gesehen, das sich bei inszenierten und »wichtigen« Persönlichkeiten verwirklichen müsse. Dagegen gab es viele Möglichkeiten, die Aleviten mit den Kurden, die Kurden mit den Türken, die AKPler mit den HDP-Kurden, die Laizisten mit den Islamisten und die Frauen mit den Männern an der Basis zusammenzubringen. Diese Möglichkeit haben, wenn auch nur in einem gewissen Grade, die Frauen genutzt. Sie wissen, dass die Frauen das Parlament und Kandil besuchten und mit lokalen Gruppen zusammenkamen. Vielleicht sind es genau aus diesem Grund die Frauen gewesen, die, als der Krieg begonnen hat, den organisiertesten Reflex zeigten und Solidaritätsnetzwerke schufen. Und die Anwälte und die Kräfte des Gesundheitswesens. Denn sie haben Arbeit geleistet.

Meiner Meinung nach ist ein Thema, das der Rede wert ist, wie der ehrliche passive Wille auf der Seite des Friedens auf so schnelle Weise zunichtegemacht worden.

Ich denke, dass ein enger Zusammenhang besteht zwischen dem liberalen Friedensverständnis im Fernsehen und den im selben Moment auftretenden kriegserhaltenden Lynchszenen. Beides kennzeichnet das Fehlen gesellschaftlicher Mechanismen.

Hätten diejenigen, die Frieden wollen, der Rat der Weisen, eine kritische Rolle einnehmen können, um das Scheitern des Prozesses zu verhindern?

Diejenigen, die Demokratie forderten, sind in verschiedenen Etappen für den Friedensprozess eingetreten. Es wurden Konferenzen abgehalten und Institutionen und Blöcke gegründet. Es gab natürlich auch welche, die Struktur und Methode des Prozesses kritisiert haben. Ich persönlich habe einem großen Teil dieser Kritik nicht zugestimmt. Im Friedensprozess versuchte die AKP, jegliche Opposition gegen sich als Opposition zum Friedensprozess hinzustellen. Bei den Wahlen vom 7. Juni haben die Friedenskräfte und die HDP dieses Verständnis erfolgreich entlarvt und deutlich gemacht, dass man in Opposition zur AKP und trotzdem für den Friedensprozess sein kann. Daraufhin hat die AKP die Forderung nach Frieden und die Opposition kritisiert. Auch wenn wir dieses Manöver erwartet hatten, waren wir nicht genug darauf vorbereitet und konnten keine überparteiliche Friedens- und Demokratiepolitik entwickeln.

Der Rat der Weisen hätte sicher eine Rolle spielen können. Hätte er wirklich aus Unabhängigen bestanden, hätten sie sich bei einigen Minimalpunkten getroffen und Aufrufe machen können. Doch weil es eine solche Struktur nicht gab, hat sich jeder auf seine Seite zurückgezogen. Und natürlich darf die von allen Seiten geführte ermüdende und anstrengende Kampagne zur Diskreditierung des Rates nicht vergessen werden. Auf der anderen Seite haben wir als Akademiker für den Frieden mehrmals den Prozess und die Ratsabordnungen unterstützt. Zusammen mit ihnen formulierten wir eine konstruktive Kritik. Ähnliches machten auch die Frauen. Doch solch eine Haltung konnten wir bei den anderen Institutionen nicht beobachten.

Öcalan erklärte, dass man ihn nicht als Instrument betrachten solle, und rief die Machthaber zur Ernsthaftigkeit auf. Welche Gründe stecken Ihrer Meinung nach hinter der unzureichenden Annäherungsweise der Machthaber?

Dieses unsichtbare Gesicht, das niemand sieht – das ist von außen nicht alles ersichtlich. Doch wenn wir die Ereignisse im letzten Jahr bewerten, dann lässt sich sagen, dass beim Thema der Annäherung an den Frieden große Unterschiede bestehen zwischen den verschiedenen Institutionen des Staates und den Teilen, die diese Institutionen führen. Dass sich die bestehenden Konflikte um die kurdische Frage drehen. Ich denke, dass es einen Kreis gab, der sich der Lösung ernsthaft angenähert hatte. Der wurde neutralisiert. Es gibt auch einen Kreis, der über Syrien enge Beziehungen im Mittleren Osten geknüpft und sich dem Prozess manipulativ und instrumentell angenähert hat. Er hat sich völlig gegen den Prozess gestellt und macht gemeinsame Sache mit Ergenekon. Bekanntlich ist auch die Gülen-Bewegung in ihrem eigenen Rahmen insbesondere in Kurdistan in die Ereignisse involviert. Wir konnten ohnehin beim Punkt im Demokratiepaket zum kurdischsprachigen Unterricht in Spezialschulen verfolgen, wie die Gülen-Bewegung im Prozess ihren eigenen Vorteil verfolgte.

Es gibt natürlich noch eine offenere Realität. Die AKP bzw. die Machthaber hatten sich wie bereits erwähnt von einer Lösung Verschiedenes erwartet. Erstens die Orte in Kurdi­stan unbewohnbar zu machen und für das Kapital zu öffnen. Zweitens die Übergabe des Gewaltmonopols an die staatlichen Stellen und so eine Vereinzelung des Lebens. Drittens die Verzerrung der Geschichtsschreibung in der Art »alle Verbrechen haben die Laizisten verübt«. Doch diese Version konnte sich nicht durchsetzen. Demokratie bedeutet Pluralität. Ganz im Gegenteil konnten sich auch andere Sichtweisen behaupten, das Kapital stieß auf den Widerstand der Ideologie der Demokratischen Autonomie und somit trat das Gesetz der türkischen Republik zusammen mit den kurdischen Institutionen und Organisierungen im zivilen Bereich offener zu Tage. Also hat der Staat den Krieg bevorzugt und öffnete die Region mit seiner Zerstörungspolitik dem Bausektor. Mit dem Ausnahmezustand, den Zwangsverwaltungen und dem 15. Juli [Putschversuch] ist er in einen nationalen Krieg geflüchtet. Ich möchte also zum Ausdruck bringen: Der Krieg hat wegen der Niederlage des staatlichen Projekts im zivilen Leben und der demokratischen Politik begonnen. Leider ist dies im gesamten Mittleren Osten zu beobachten.

In der Einigungsphase zwischen Kolumbien und der FARC waren etliche Länder Vermittler, die UNO hat sich eingeschaltet. Was haben die internationalen Mächte im Friedensprozess hier bewirkt?

Die internationalen Mächte haben nicht nur eine Absicht und handeln niemals ohne Berücksichtigung ihres eigenen Vorteils. Die von den UN dargelegten Kriterien sind natürlich Ergebnisse wichtiger Erfahrungen. Doch weil sie in mancher Hinsicht kontinuierlich auf die Schlichtung auf staatlicher Ebene ausgerichtet sind, bleiben sie in der Kritik, nicht die Gesellschaft zu stärken. Damit werden Friedensprozesse zu einem Mittel des globalen Kapitalismus. Ich habe beispielsweise von Anfang an die Meinung vertreten, dass die fehlende Einschaltung internationaler Akteure in den Prozess positiv ist und Vermittler und Beobachter von lokalen und regionalen Akteuren gestellt werden müssen.

Denn in den UN-Sitzungen, an denen ich teilgenommen habe, bekam ich oft mit, wie lokale Akteure als Ergebnis der Internationalisierung von Friedensprozessen ihre Kraft einbüßten und die Prozesse an Transparenz verloren.

Ich denke, die Tatsache, dass der Lösungsprozess sowohl praktisch als auch diskursiv als eine Verlagerung des Syrienkonflikts gehandhabt und dadurch die Gegnerschaft von IS und YPG (in Syrien) in eine Gegnerschaft von AKP und HDP/PKK übersetzt wurde, hat keine positive Rolle im Prozess gespielt.

Sırrı Sürreya Önder, der in der İmralı-Delegation vertreten war, sagte: »Wenn wir gegen so einen vulgären Raubkapitalismus keine Opposition organisieren, liegt das Problem bei uns selbst.« Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang für die kommenden Entwicklungen?

Ich denke, dass wir uns in einem wirklichen Weltkrieg befinden. Wenn wir von Weltkrieg sprechen, kann darunter zweierlei verstanden werden. Erstens ein Krieg um Verteilung und Hegemonie, der von den großen Mächten wie China, Russland, den USA und Europa geführt wird und in dem die anderen Kräfte sich auch einen Platz zu schaffen versuchen. Eine zweite Interpretation, zu der ich eher neige, sieht einen Kampf zwischen den herrschenden und den befreienden Kräften. Wir sehen im Mittleren Osten, in Lateinamerika, den USA, Europa, Indien, China und überall eine ernsthafte Suche der Völker. Es ist ein Kampf zwischen der Bewegung der Schwarzen, dem Arabischen Frühling, dem Flüchtlingswiderstand, der kurdischen Freiheitsbewegung, der maoistischen Bewegung in Indien bis hin zum Widerstand gegen die Olympiade in Brasilien, die allem ihren Stempel aufgedrückt haben, und den entgegenstehenden Kräften wie Putin, Erdoğan, Trump usw. Diese beiden Linien organisieren die Gewalt unabhängig voneinander. Jeder Ort ist Schauplatz dieses Krieges. Die Gesellschaften schaffen eine große Wahrheit, die entweder von diesen Kräften oder mithilfe von Strukturen wie dem IS, die den revolutionären Geist in eine konterrevolutionäre Praxis verwandeln, beraubt und geplündert wird. In solch einer Phase machtlos zu sein, ist wohl die schmerzlichste Erfahrung der Welt. Unglücklicherweise bleiben wir oft machtlos. Es gibt einen Krieg. Niemand ist unbeteiligt. Was kann man also machen? Natürlich Organisierung. Aber wie? Ich denke offen gesagt, dass in diesem Rahmen der wertvollste Wert, der organisiert werden kann, die Würde ist. Würdevoll zu sein, sich nicht zu beugen und sich nicht zu verkaufen. Ich denke, dass wir die Gesellschaft im Rahmen dieser Werte zum Dialog öffnen können. Ich denke, dass dieser Krieg ein Krieg zwischen Würde und Entwürdigung, zwischen Freiheit und Sklaverei, ein Krieg der Werte ist oder auf diese Weise übersetzt werden kann. So einfach also, Würde und Entwürdigung.

Beim letzten Treffen mit der Imralı-Delegation am 5. April 2014 hatte Öcalan auf die Parallelstruktur aufmerksam gemacht. Und am 15. Juli zeigte sich nun der sogenannte Putschmechanismus. Werden die Machthaber ihre Lehren aus diesem Prozess ziehen?

Nein, niemals. Das denke ich nicht. Ganz im Gegenteil denke ich, dass als Ergebnis dieses Prozesses die Regierung gespalten worden ist und diverse Erschütterungen erlebt hat. Ich bewerte diese Phase nicht als eine, in der die Machthaber ihre Lektion lernen werden, sondern als eine, in der das Ziel der Sturz der Machthaber sein sollte.

Vom Ausnahmezustand und den Zwangsverwaltungen wurde jeder betroffen. Die Gefechte haben sich intensiviert. Die von der Türkei angestachelte Syrien-Krise hat sich verschärft. Was sehen Sie für das Jahr 2017 voraus?

Ich weiß offen gesagt nicht, inwieweit sich die Zukunft der Türkei voraussagen lässt. Aber momentan glaube ich, dass das Jahr 2017 sehr zäh verlaufen wird.

Nach der Ermordung der PKK-Gründerin Sakine Cansız in Paris sagte Öcalan zur Delegation: »Sie wollen genau mit solchen Provokationen, dass ich den Prozess beende. Ich hatte die Einsicht, dass wir zur Rechenschaft dieses Massakers und zur Vereitelung dieser Falle den Willen zum Frieden noch weiter festigen und stärken müssen und habe von Neuem begonnen.« Wir sehen also bei ihm trotz allem seinen Willen zum Frieden in diesen Gesprächen ...

In einem Kriegszustand, in dem die Gewalt hierarchisch organisiert ist, werden Beziehungen immer vertieft, das Militär wird dem gesellschaftlichen Willen vorgesetzt, Möglichkeiten werden zerstört und die Natur, die Menschen und Träume getötet. Was kann der Herrschaft mehr nutzen, als die kurdische Gesellschaft kontinuierlich in einem Kriegszustand zu halten? Das Beharren, dagegen den Frieden zu organisieren, ist ein Beharren auf dem Widerstand.

Zuletzt sagte Öcalan: »Wir haben Projekte. Wenn der Staat dafür bereit ist, können wir sie in sechs Monaten verwirklichen. Wenn er ernsthaft gewesen wäre, hätten wir das Problem bis heute schon gelöst und so viele Menschen wären nicht gestorben.« Was, denken Sie, beinhalten die Projekte Öcalans auf dem Weg zur Lösung?

Die Dolmabahçe-Vereinbarung ist meines Erachtens die weltweit fortschrittlichste Übereinkunft. Warum? Sie versprach unter anderem den Frauen, Arbeitern und Kurden der türkischen Republik eine Neustrukturierung der institutionellen Machtverteilung. Wäre diese Vereinbarung eingehalten worden und hätten die wirklichen Verhandlungen begonnen, dann hätte sich der Kongress versammelt und verkündet, keine Waffen mehr gegen die Türkei zu erheben. So weit waren wir gekommen. Das hat der Staat beendet. Einerseits kann man nicht wieder zu diesem Punkt zurück. Denn niemand will mehr ein gemeinsames Zusammenleben und Träumen. Wie kann man das nach Cizîr (Cizre), Sûr und dem Lynchen noch wollen? Andererseits kann man diesen Punkt wieder erreichen. Denn auch wenn man jetzt angesichts der materiellen Bedingungen nicht zusammenleben will, tut man es in gewisser Weise doch. Für eine Lösung muss eine Trennung geschaffen werden, ein Abstand von der gegenwärtigen Situation. Die Menschen müssen davon überzeugt werden, dass die aktuelle Kriegssituation für immer Geschichte sein wird. Nur so ließe sich eine Lösung ermöglichen. Ich weiß nicht, wie das mit der AKP-Herrschaft und ihren neuen Bündnissen zu realisieren ist.