Liebe Leserinnen und Leser,

der Kampf um Befreiung kennt keine Verschnaufpausen. Und so überschlagen sich auch in diesem Sommer die Ereignisse. Man muss sich nur einmal schlaglichtartig die Geschehnisse der letzten zwei Monate vergegenwärtigen, um einen Eindruck von der Intensität der aktuellen Phase zu gewinnen: der gescheiterte Militärputsch in der Türkei, die Verhängung der Ausgangssperre durch Erdoğan und die darauffolgende Hexenjagd gegen alle Oppositionellen im Land, die anhaltende Totalisolation Abdullah Öcalans auf der Gefängnisinsel Imralı, die erfolgreiche Operation zur Befreiung von Minbic in Rojava (Westkurdistan), das Verbot der kurdischen Tageszeitung Özgür Gündem in der Türkei und Nordkurdistan, die erfolgreichen Aktionen der HPG und YJA-Star gegen Militär und die Polizei in Nordkurdistan, die Fortsetzung der Hinrichtungspolitik Irans gegen kurdische AktivistInnen in Rojhilat (Ostkurdi­stan), die Auseinandersetzungen zwischen der syrischen Armee und den Verteidigungseinheiten Rojavas in Hesekê, die weitere Verfolgung und Verurteilung kurdischer AktivistInnen in Deutschland und das Austragungsverbot für das Internationale Kurdische Kulturfestival in Köln im September.

Protest gegen die Schließung der Tageszeitung Özgür Gündem in der Türkei | Foto: ANFDer Überblick macht deutlich: Wir befinden uns in einer Phase, in der die Angriffe verschiedenster Kreise auf die kurdische Freiheitsbewegung deutlich zunehmen. Klar ist aber auch, dass diese Angriffe letztlich die Folge der eigenen Angst dieser Kreise sind. Denn die Begeisterung in den Gesellschaften des Mittleren Ostens für die kurdische Freiheitsbewegung und ihre Vorstellung von einem befreiten Leben wächst von Tag zu Tag. Wer die Bilder aus dem gerade befreiten Minbic gesehen hat, konnte in den Augen der Menschen lesen, welche Erleichterung und Hoffnungen sie mit dem Sieg der Demokratischen Kräfte Syriens über den IS verbanden. Und diese Hoffnung versetzt die Herrschenden im Mittleren Osten und darüber hinaus in Angst. Und so treibt diese Angst um den eigenen Machtverlust den diplomatischen Verkehr zwischen den Regionalmächten an, die sich in der antikurdischen Koalition wiederfinden. Besonders deutlich wird das im Falle der Türkei, die ihre Außenpolitik praktisch nach der Prämisse gestaltet, wie und mit wem sie die Errungenschaften der kurdischen Freiheitsbewegung zunichtemachen kann. Und so wundert es kaum, dass der türkische Präsident in unterwürfiger Pose in Moskau versucht, die Wogen zu glätten, während sein Außenminister das antikurdische Bündnis mit Iran zu restaurieren sucht. Selbst von den Anti-Assad-Sprechchören aus den Reihen der türkischen Regierung ist kaum noch etwas zu hören. Denn die größte Gefahr für Ankara sind derzeit die Errungenschaften in Rojava und der kurdischen Freiheitsbewegung. Aus diesem Grund wäre auch ein neuerlicher Schulterschluss mit dem Baath-Regime im Kampf gegen die KurdInnen in nächster Zeit keine große Überraschung mehr.

Doch wie gesagt, immer mehr Menschen schöpfen derzeit aus dem Kampf und der Perspektive der kurdischen Freiheitsbewegung Hoffnung für eine bessere Welt. Und aus dieser Hoffnung entwickelt sich eine Kraft, gegen die keine Bündnisse zwischen den Machthabenden dieser Welt standhalten können. Lasst uns Teil dieser Kraft sein!

Eure Redaktion