Die KurdInnenfrage der Türkei:

Von der Lösungsphase zum bewaffneten Konflikt – vom Konflikt zum Putsch

Devriş Çimen, Journalist

Im Folgenden eine Analyse zum einen der Probleme der Türkei im Zusammenhang der Entwicklungen im Mittleren Osten vor dem Hintergrund des versuchten Militärputsches und der außenpolitischen Konflikte mit allen Staaten, zum anderen der Auswirkungen auf die Lösung der kurdischen Frage und die im Verborgenen stattfindenden Entwicklungen seit dem Wiederaufflammen des bewaffneten Konflikts mit der PKK.

Nach Beginn des Arabischen Frühlings führte die Stiftung für Wirtschaftliche und Soziale Studien der Türkei (Türkiye Ekonomik ve Sosyal Etüdler Vakfi, TESEV) 2011 eine Untersuchung durch, betitelt »Die Wahrnehmung der Türkei im Mittleren Osten« (»Ortadoğu’da Türkiye Algısı«). Die Studie ergab, dass die Türkei in 16 Staaten der Region von 78 % der Befragten als sympathischstes Land betrachtet wurde. 77 % der Befragten benannten die Türkei zudem als das Land, das zum Frieden im Mittleren Osten am meisten beiträgt. Ob die Türkei für die Staaten des Mittleren Ostens als ein erfolgreiches Modell dienen könnte, beantworteten 61 % der TeilnehmerInnen mit »Ja«. Zudem gaben 71 % an, dass die Türkei bei der Lösung der Probleme in der Region eine aktivere Rolle spielen sollte. Auf dem ersten Platz sahen die Befragten mit 25 % die Türkei in zehn Jahren als die stärkste Wirtschaftsmacht der Region. Als Grund für diese Einschätzungen gaben 32 % die Demokratie, 25 % die Wirtschaft und 23 % die muslimische Identität der Türkei an.1Einmarsch der Türkei in Nordsyrien | Foto: DIHA

Der Weg der AKP an die Macht

Heute jedoch haben diese Angaben ihre Gültigkeit verloren. Die politischen Entwicklungen im Mittleren Osten und der Welt gehen sehr rasch vonstatten.

Die antidemokratische Staatsdoktrin der Türkei fußt auf der Verfassung des Landes. Mit der AKP kam bei den Parlamentswahlen am 3. November 2002 eine Regierung an die Macht, mit der sich nicht die offizielle Staatsdoktrin, sondern nur der Name der regierenden Partei änderte. Denn die heutige Türkei verfügt weder über eine stabile Demokratie oder Wirtschaft, noch bieten die politischen Rahmenbedingungen eine stabile Grundlage für die innenpolitischen Dynamiken. Ganz im Gegenteil entwickelt sich die Türkei heute eher in Richtung Ägyptens, Syriens oder Iraks. Zudem sind sich verschiedene Gruppen in der Türkei bei folgendem Aspekt einig: Ohne die sehr engen politischen, strategischen, wirtschaftlichen und militärischen Verbindungen zu den USA und der EU hätte die AKP 15 Monate nach ihrer Gründung nicht zu einer Regierungspartei und später zur alleinherrschenden Partei werden können. Aufgrund der strategischen Bedeutung der Türkei für den Westen wollte dieser mit der AKP als wichtiger Akteurin ein gemäßigtes, neoliberales und akzeptables islamisches Modell im Nahen und Mittleren Osten etablieren. Dabei spielte bis vor Kurzem noch die Gülen-Bewegung auch eine Rolle.

Von »Null-Problem-Politik« zu Problemen mit allen

Dabei ist es sinnvoll, die oben genannte TESEV-Studie und den Aufstieg der Türkei im Nahen und Mittleren Osten zu betrachten.

In vergangenen Tagen, als Ahmet Davutoğlu noch als renommierter Professor für internationale Beziehungen galt und vor seinem eigentlichen Aufstieg stand, zog er mit seinem 2001 veröffentlichten Buch »Strategische Tiefe«2 die Aufmerksamkeit auf sich. Der AKP-Politiker Abdullah Gül, der 2002 bei den Wahlen zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, war stark von den Überlegungen Davutoğlus beeinflusst und wurde kurze Zeit später auch Außenminister. Um die »Null-Problem-Politik mit den Nachbarn« umzusetzen, machte der damalige Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan 2009 Davutoğlu zum Außenminister.

Ahmet Davutoğlu sagte als Außenminister: »Ich glaube daran, dass unser Land, das jetzt schon die positiven Auswirkungen der ›Null-Problem-Politik‹ erntet, wie die Wellen eines Steines, den man ins Wasser fallen lässt, zuerst im Zentrum und anschließend im gesamten Umfeld zu spüren sein wird.«3 Später verfiel er jedoch in die Position eines Politikers, dessen Strategie im Schatten des Präsidenten zugrunde ging, und das Land, das er regierte, hatte außen- wie innenpolitische Probleme in jeglicher Hinsicht. Dies verdeutlicht uns zudem ein konkretes Beispiel, wie die theoretischen Strategien der Türkei in der Praxis nicht umgesetzt werden. Schlussendlich wurde Davutoğlu durch Erdoğan, ob nun aufgrund des Imageverlusts oder des Fehlschlagens der »Null-Problem-Politik«, zum Rücktritt gezwungen.4 Als Nachfolger ernannte Erdoğan nun Binali Yıldırım, um seine Vision von der sog. »Neuen Türkei«5, die zugeschnitten ist auf die AKP-Politik, besser umzusetzen. In der Realität wird die Türkei nicht vom Ministerpräsidenten regiert, sondern vom Präsidenten der Republik.

Vom gegenseitigen Nutzen zum Putschversuch

Noch einen Punkt dürfen wir nicht vergessen. Nämlich dass die AKP keine homogene Partei ist, sondern eine Partei aus dem Zusammenschluss vieler Milieus, die aufgrund ihrer neoliberalen, neoosmanischen und islamischen Organisierung gemeinsame Interessen zusammenführen. Die einflussreichste Gruppe in diesem Zusammenschluss ist die jetzt als terroristisch geltende Organisierung der Fethullah-Gülen-Gemeinde. Diese Gemeinde organisiert sich seit fast vierzig Jahren und hat auch schon vor der AKP-Herrschaft Einfluss auf die Regierenden gehabt. Während der AKP-Herrschaft hat die Gemeinde aufgrund gemeinsamer Interessen mit ihr den Zenit ihrer Macht erreicht.

Immer wieder spielte Erdoğan in seinen Reden mit den Worten »diese Wege sind wir gemeinsam gegangen« auf die Gülen-Gemeinde an. Er hat sie bis vor zwei Jahren so viel machen lassen, dass er jetzt in dieser Situation angelangt ist. All jene RichterInnen, Sicherheitskräfte, StaatsanwältInnen, Generäle und RektorInnen dieser Gemeinde, die eingestellt wurden, werden heute als PutschistInnen verhaftet. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass unter jeder Einstellung dieser Personen, die heute als »GülenistInnen« aus dem Amt entfernt oder verhaftet werden, die Unterschrift eines AKP-Zuständigen steht. Sogar eine oberflächliche Untersuchung kann dies nachweisen. Selbst Erdoğan und seine AKP-Verantwortlichen leugnen diese Tatsache nicht. Wir dürfen unter dem Staubwirbel des Putschversuches eines nicht vergessen, nämlich dass dieses Interessenbündnis wie auf einem Rachefeldzug gegen jegliche Opposition und allen voran die KurdInnen gekämpft hat.

Nach dem Putschversuch vom 15. Juli, bei dem 237 Menschen gestorben sind, erklärte Erdoğan den Ausnahmezustand. Auf Grundlage der Ausnahmezustandsgesetze entließ er schließlich bis zu hunderttausend Personen vom Militär, von der Polizei, der Bürokratie, den Ministerien sowie den Schulen und Universitäten. Unzählige Medieninstitutionen wurden geschlossen, zahlreiche JournalistInnen ins Gefängnis gesteckt. Bevor wir weitermachen, müssen wir also Folgendes feststellen: All diese Menschen gehörten zu der Basis, die die AKP erst so stark gemacht hat. Wenn jemand zur Rechenschaft gezogen werden muss, dann sind das in erster Linie Tayyip Erdoğan und seine AKP-Führung. Denn der Putschversuch war ein Ergebnis ihrer Politik.

Kriegskonzept statt Lösungsphase

Die »strategische Tiefe«, den »Vorbildcharakter« und das »Lösungsmodell« der Türkei sehen wir im dramatischen Umbruch im Krieg gegen die PKK, in den Zerstörungen der Städte in der Region Kurdistan und zuletzt dem gescheiterten Militärputsch und der Ausrufung des Ausnahmezustands. Wir können sagen, dass die Probleme in der Außenpolitik und der Putschversuch im Inneren ihre Quelle in der Politik der Verleugnung und Vernichtung der KurdInnen sowie in der Aufhebung aller möglichen demokratischen Prinzipien haben. Die Normalisierung der Verhältnisse in der Türkei setzt deren Demokratisierung voraus. Im Konkreten bedeutet das die Lösung der kurdischen Frage und die Beendigung jeder anderen antidemokratischen Politik.

Aber gegen eine solche Demokratisierung regt sich Widerstand bei der AKP und anderen innenpolitischen Dynamiken der Türkei. Die »Friedensphase« 2013–2015, die nach langen Bemühungen und einseitigen Waffenstillständen der kurdischen Seite entwickelt worden und schließlich als ein Konsens-Dokument in die 10-Punkte-Lösungsdeklaration6 gemündet war, blieb wirkungslos, weil die dort aufgeführten notwendigen Schritte vom türkischen Staat und der Regierung nicht umgesetzt wurden. Der Staat nutzte diese »Friedensphase«, um neue »Militärstationen«, »Sicherheitsstaudämme« und Verkehrswege zu errichten und das Dorfschützersystem aufzustocken. Der Menschenrechtsverein in der Türkei IHD erklärte damals, dass vor allem diese Praxis des Staates die Friedensphase gefährde.7 Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist, dass Erdoğan trotz seines Wissens und seiner Zustimmung zur Dolmabahçe-Deklaration vom 28. Februar 2015, die zu großen Hoffnungen und Erwartungen in der Öffentlichkeit geführt hatte, kurz danach mit Äußerungen wie »Es gibt keine kurdische Frage«8 auftrat und schließlich am 5. April 2015 eine Totalisolation Abdullah Öcalans verhängte, die bis heute anhält. Diese negative Entwicklung mündete schließlich darein, dass er sich mit der Erklärung »Ich finde diese Sitzung nicht richtig«9 gegen die Forderung aus der Dolmabahçe-Deklaration nach einer Monitoring-Gruppe aussprach.

Das eigentlich Interessante ist, dass es bei dem Inhalt der Sitzung, der in die Öffentlichkeit geraten ist und die Erdoğan als »nicht richtig« bewertet hat, darum ging, dass die Türkei für ihre Demokratisierung größere Schritte unternehmen müsse. Das, worüber sich bei diesem Treffen geeinigt wurde, war nicht die Lösung der kurdischen Frage, sondern vielmehr der Fahrplan für den Eintritt der Türkei in eine Demokratie, die sie nie war. Denn die staatliche Ideologie der türkischen Republik hat einen undemokratischen Charakter, den Erdoğan in allen Bereichen schützt und der die politische Weltanschauung und das Skelett der AKP bildet. Die Folge dieses Charakters ist ein Erdoğan, der den Fahrplan für ein Höchstmaß an Demokratie ablehnt.

Nach den Wahlen wurde die Demokratie ausgehebelt

Es ist eine Türkei entstanden, deren Innen- und Außenpolitik nicht zueinander passen. Als Folge dessen stützt sich die Türkei wieder auf die Politik der Gewalt. Nachdem Erdoğan den Fahrplan für ein Höchstmaß an Demokratie abgelehnt hatte, begann die Gewaltphase. Dass in Riha (Urfa) zwei PolizistInnen ermordet wurden, nahm er als Vorwand und begann am 24. Juli 2015 mit Dutzenden Flugzeugen die Guerilla in den Medya-Verteidigungsgebieten grenzübergreifend zu bombardieren. Diese Eskalation der Gewalt können wir damit in Verbindung bringen, dass die AKP mit dem 13,1%-Erfolg der Demokratischen Partei der Völker (HDP) bei den Parlamentswahlen vom 7. Juni 2015 ihre Alleinherrschaft verloren hat und die Lösung der kurdischen Frage die Grundlagen ihrer politischen Weltanschauung erschüttern würde.

Die AKP und Erdoğan haben diese Ergebnisse nicht ertragen können und einen politischen Putsch angezettelt. Indem Erdoğan eine Regierungsbildung verhinderte, führte er das Land in die Neuwahlen am 1. November. Dabei haben die AKP Erdoğans und Davutoğlus mit allen möglichen Tricks und Betrügereien die Herrschaft an sich gerissen. Hierbei muss erwähnt werden, dass sie das ohne Zustimmung aus tieferen Kreisen des Staates nicht hätten tun können. Ohne dieses Einvernehmen wäre die AKP nicht erneut an die Macht gekommen. Und heute, nach dem Putschversuch vom 15. Juli, wäre ohne dieses Einvernehmen – in politischer Vertretung durch CHP und MHP – ein Weiterregieren nicht möglich. Insofern kann gesagt werden, dass es sich hier um einen Kompromiss zwischen der türkisch-nationalistischen Staatsdoktrin und ihren tiefen Strukturen und der AKP handelte, die mit allen Mitteln an der Macht bleiben wollte. Als Folge dessen hat die AKP die Aufgabe übernommen, erneut den Krieg gegen das kurdische Volk zu entfesseln. Mit dem politischen Putsch vom 1. November ist die AKP wiederum an die Macht gelangt, allerdings auch zu einer Kriegsregierung geworden, wie ihre Vorgängerinnen.

Seit Monaten werden kurdische Städte bombardiert. Im letzten Jahr sind Hunderte ZivilistInnen ermordet, die Menschenrechte mit Füßen getreten, in kurdischen Städten und Regionen der Ausnahmezustand ausgerufen und die Ausnahmezustandsjustiz praktiziert worden. Medien, die dies berichten und aufdecken wollten, sind geschlossen und zum Schweigen gebracht, Dutzende JournalistInnen verhaftet und ins Gefängnis gesteckt worden. AkademikerInnen, die sich gegen diese Kriegsstrategie stellten, wurden ihres Amtes enthoben und eingekerkert. Die AKP-Türkei, die mit einer Putsch-Justiz gegen die KurdInnen und andere demokratische Kräfte kämpfte, ist heute mit einem neuen Putschversuch in ihren eigenen Reihen beschäftigt.

Putschversuch ist ein Machtkampf

Die AKP mit einem solchen antidemokratischen Staatscharakter betreibt eine Außenpolitik, die mit all ihren Nachbarländern Konflikte schürt. Sie tritt das internationale Recht und alle internationalen Verpflichtungen mit Füßen, fliegt immer wieder grenzüberschreitende Militäroperationen gegen zivile Siedlungsgebiete und PKK-Stellungen in Irak. Sie stationiert türkische Soldaten in der irakischen Stadt Bashiqa. In Syrien sieht sie das kurdische Demokratische-Autonomie-Gebiet Rojava (Westkurdistan) als Bedrohung an und interveniert ständig dagegen. Dafür scheut sie nicht einmal davor zurück, wie mehrmals der internationalen Presse zu entnehmen war, den Islamischen Staat (IS) bei seinen Angriffen gegen Rojava politisch und logistisch zu unterstützen. Sie hat des Weiteren die drei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei als Faustpfand zur Erpressung der EU eingesetzt, um politischen Druck auszuüben. Sie hat die USA oder andere ihrer Bündnispartner vor die Wahl gestellt »Entweder wir oder die KurdInnen«. Sie hat sogar auf Kosten der kurdischen Frage einen Flüchtlingsdeal mit Deutschland abgeschlossen. Folglich sahen sich die Völker und demokratischen Kräfte in dieser von Gewalt und Chaos geprägten negativen Entwicklung mit Erdoğan und der AKP-Regierung konfrontiert, die ein monistisches Regime errichten wollen. Die Kovorsitzenden des Exekutivrates der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) machten in ihrer Erklärung zum Putschversuch am 15. Juli 2016 auf die Machtkämpfe innerhalb des Regimes aufmerksam: »Wir haben es mit dem Machtkampf darum zu tun, wer dieses von Antidemokratie und Kurdenfeindlichkeit geprägte Regime regieren wird. Daher kann es keine Option für demokratische Kräfte sein, sich auf die Seite dieser Kräfte zu schlagen.«10 Auch der Journalist Ahmet Şık schrieb: »Nicht die Demokratie, sondern das parlamentarische System wurde geschützt. Der einziger Gewinner in diesem Machtkampf zwischen den uniformierten und den zivilen FaschistInnen ist der Faschismus selbst.«11

Voice of America berichtete am 22. Februar 2016 mit Bezug auf AnalystInnen: »Eine Türkei, die mit all ihren Nachbarn Probleme hat, mit Russland kurz vor einem Krieg steht, nicht mal mit ihrem engsten Verbündeten Washington klarkommt, hat eine ›katastrophale‹ Außenpolitik.«12 Das Traurige ist aber, dass in diesen und ähnlichen Bewertungen der innere undemokratische Charakter und der Krieg gegen die KurdInnen nicht gesehen werden. Interessant dabei ist, dass es, obwohl die Türkei trotz solch großer Probleme nach außen hin auch antidemokratisch nach innen agierte, weder von den UN, den USA, der EU noch von anderen Institutionen irgendwelche politischen Sanktionen oder Embargos gab. Auch wenn das wie ein unerhebliches Detail erscheint, illustriert es das Wesen dieser Politik. Denn jede Sanktion würde die Türkei ein Stück weit zur Demokratisierung drängen. Während die Außenpolitik als »Katastrophe« bezeichnet wird, wird die katastrophale Faschisierung im Inneren gebilligt.
Dann stellt sich die Frage, woher Erdoğan und die AKP-Regierung die Kraft für ihre Außenpolitik schöpfen, die einzig und allein die Kurdenfeindlichkeit in ihr Zentrum stellt.

In der Türkei genießt verleugnerische, gewalttätige und rassistische Politik gesetzliche Sicherheit

Die offizielle Staatsdoktrin der Türkei ist auf der Verleugnung verschiedenster »anderer« ethnischer und religiöser Gruppen aufgebaut; noch immer werden die ersten Sätze in der Präambel und den unabänderlichen Eingangsartikeln der türkischen Verfassung – über die »türkischen nationalen Interessen«, die »türkische Existenz«, die »Unteilbarkeit von Staatsgebiet und Staatsvolk«, die »geschichtlichen und ideellen Werte des Türkentums«, den »Nationalismus Atatürks« – als Kernstück türkischer Ideologie angesehen und zeigen in Artikel 3 »Der Staat Türkei ist ein in seinem Staatsgebiet und Staatsvolk unteilbares Ganzes. Seine Sprache ist Türkisch. (...)«13, dass der Staat eine nur auf dem Türkentum gründende Republik ist. Daran erinnernd, dass die aktuelle Verfassung noch dieselbe Putschverfassung ist, die 1982 von der Militärjunta erstellt wurde, sollten wir fortfahren.

Der auf den vom zerschlagenen und besiegten Osmanischen Reich übrig gebliebenen Regionen Anatoliens und Kurdistans errichtete und an die türkische Ethnie angelehnte türkische Staat hat seine Existenz durch die Verleugnung anderer Ethnien innerhalb des eigenen Staates gesichert. Wir wissen nun, dass nach dem Ersten Weltkrieg die Siegermächte England und Frankreich die Region Kurdistan ihren geopolitischen Interessen gemäß auf die Türkei, Iran, Irak und Syrien verteilt und dadurch die KurdInnen ihrer gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Rechte beraubt haben.

Diese vier von den internationalen Mächten unterstützten und bewilligten Staaten fingen an, gegen die unter ihre Herrschaft gefallenen KurdInnen eine ausbeuterische, diskriminierende, verleugnende und assimilierende Politik anzuwenden. Durch die bis zum Sprachverbot reichende Assimilationspolitik der Türkei wurde nun begonnen, mithilfe der dazu geänderten Verfassung bis hin zu Bildung und Politik gewisse Werte zu entwickeln, die gegen alles Nichttürkische gerichtet sind. Verfassung und Bildungswesen in der Türkei sind noch immer von solchen politischen Problemen geprägt. Dabei bekam das kurdische Volk jedoch nur Verleugnung, Assimilation, Verbot und Vernichtung zu spüren. Der gegen diese Missstände ins Leben gerufene, militärisch und politisch legitime Kampf wurde kriminalisiert und dieser Widerstand wurde mit staatlicher Gewalt zu unterdrücken versucht. Die verschiedensten Regierungen machten sich in der Vergangenheit daran, diese Ziele durchzusetzen; heute ist es die AKP. Wenn sich also der Name der Ausführenden ändert, bleibt es bei der Umsetzung doch derselbe verleugnende, zerstörerische und assimilierende türkische Staat.

KurdInnen bleiben bei den Menschenrechten außen vor

Gerade weil die KurdInnen beim Internationalen (zwischenstaatlichen wäre angebrachter) Gerichtshof außen vor bleiben, werden die Bewegung, ihre Organisationen und PolitikerInnen, die im Namen des kurdischen Volkes Widerstand leisten, als TerroristInnen, SeparatistInnen verboten und im günstigsten Falle als SpalterInnen angesehen. Der Staat, der vom Hegemon monopolisiert wurde, wird nicht, wie es eigentlich sein sollte, auf den Menschenrechten eines jeden Individuums gegründet, sondern fällt dem eigenen Profit der Mächtigen zum Opfer. Und dieses Chaos, in dem das kurdische Volk permanent steckt, ist nur diesen profitorientierten Zusammenschlüssen geschuldet.

Konkret: Die UN-Generalversammlung hat in der Präambel ihrer Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte betont, »damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen«,14 und Artikel für Artikel die dazu nötigen Schritte aufgelistet.

Sagen wir, das kurdische Volk sieht wegen der am eigenen Leib erlebten Gewalt und Unterdrückung Aufstand und Widerstand als einzige Lösung; wie kann beispielsweise ein UN-Mitglied trotz der Vernichtung kurdischer Dörfer in der Türkei, trotz des Verbots von Sprache und Kultur, trotz unzähliger ungeklärter Morde im kurdischen Gebiet, trotz der überdurchschnittlich hohen Präsenz von Banden, Spezialkräften und Militär in den kurdischen Gebieten ein Volk noch immer als terroristisch klassifizieren, obwohl diese Menschen ihre eigene Selbstverteidigung als existenziell betrachten? Der heute andauernde Widerstandskampf in Nordkurdistan wird von der Türkei mit Panzern in den Städten, bombardierenden Hubschraubern zu unterbinden versucht, wobei die türkische Regierung bei diesem menschenrechtsverletzenden Vorgehen nicht von den UN zur Rechenschaft gezogen wird. Dieses passive Verhalten gegenüber der Türkei ist eine indirekte Billigung des Vorgehens gegen die KurdInnen.

Eine Sprache, eine Flagge, eine Religion, ein Staat

Während der türkische Staatspräsident R. T. Erdoğan immer wieder »eine Sprache, eine Flagge, eine Religion, einen Staat«15 anspricht, bringt er eine einheitliche, stark zentralisierte Staatsdoktrin zum Ausdruck. Wann immer in der Öffentlichkeit die kollektiven Rechte des kurdischen Volkes verlangt oder diskutiert wurden, haben er und ähnliche Staatsoberhäupter der Vergangenheit auf diese einfältigen, nationalistischen, rassistischen und einförmigen Worte zurückgegriffen. Eine ähnliche Haltung zeigte er auch bei ArmenierInnen, AssyrerInnen, LasInnen, TscherkessInnen, AlevitInnen und ChristInnen.

In der Türkei leben mindestens 44 ethnische und religiöse Gemeinschaften

Auch wenn es bei laufenden Diskussionen so scheint, als handele es sich oftmals lediglich um KurdInnen, TürkInnen, AlevitInnen und SunnitInnen, richtet sich das Mantra »ein Volk, eine Religion« genau so gegen ArmenierInnen, AraberInnen, TscherkessInnen, RumänInnen, PomakInnen, LasInnen, TurkmenInnen, AssyrerInnen, Hamschenzi, GeorgierInnen, Pontus-GriechInnen, TschetschenInnen, TatarInnen, Azeri, YörükInnen, ÊzîdInnen, ChristInnen, NestorianerInnen, ChaldäerInnen, JüdInnen, DschafaritInnen, AlawitInnen und viele andere ethnische und religiöse Gruppen. Ein Teil dieser Volksgruppen hat sich aufgrund der in der Vergangenheit von staatlicher Seite erfahrenen Assimilationspolitik, Unterdrückung, Verleugnung und undemokratischen Politik aus zunehmender Angst verschlossen, ja sich als Schutz sogar einer »Autoassimilation« unterworfen. Das aus den Überbleibseln des Osmanischen Reiches entstandene nationalistische und separatistische Verständnis sorgt dafür, dass zum einen durch Erziehung und Bildung mit Positionen wie »Glücklich ist, wer sich TürkIn nennen kann« die Leugnung von Vielfältigkeit entwickelt wird und zum anderen durch Drohkulissen wie »Die Türkei ist von drei Seiten vom Meer umgeben und von vier Seiten von Feinden«16 eine Art paranoides Volksempfinden entsteht. Während ihrer gesamten Erziehungs- und Bildungszeit werden die Menschen mit der Angst erzogen, in welch einer verfluchten Region sie leben und dass sie jeden Moment von inner- wie von außerhalb mit dem Feind konfrontiert werden könnten. Eine der einflussreichsten Tageszeitungen beispielsweise, die Hürriyet, ist mit ihren faschistischen und nationalistischen Parolen wie »Die Türkei gehört den TürkInnen«17 eine Quintessenz dieser angstgefütterten Erziehung der vergangenen Jahrzehnte. Während sich der türkische Staatspräsident wie z. B. nach dem Putschversuch vom 15. Juli am 2. August mit einer Rede äußert – »Dieses Ereignis wurde nicht nur in der Türkei geplant; das Drehbuch wurde draußen geschrieben, aber die AkteurInnen sind in diesem Land.«18 –, steht nach den eben erwähnten Erziehungsmethoden ohnehin schon ein Volk bereit, das als psychologische Masse diese Paranoia und Propaganda annehmen wird. Ohne ein Großteil der türkischen Bevölkerung zu befragen ist es einfacher, das Vertrauen und den Beifall für Erdoğan durch diese Erinnerungen zu verstehen. Nachdem diese Dinge gesagt sind, wird die Demokratiefeindlichkeit der AKP verschleiert und sich komplett auf die Feinde im Ausland konzentriert.

Der KurdInnenhass Erdoğans ist ein TürkInnenproblem

Diese sich an Paranoia, Tabus und Ängste anlehnende Lehre macht es offensichtlich, dass gleichzeitig ein TürkInnenproblem entstanden ist. Während die kurdische Seite zur Lösung der KurdInnenfrage oftmals mit Deklarationen, Konsensdokumenten und Roadmaps an die Öffentlichkeit getreten ist, bevorzugte das vorherrschende »TürkInnenproblem« keine friedliche Lösung, sondern ging die Sache als autokratischer Staat an und kriminalisierte die eine Lösung Suchenden. Dieses Problem ist so tief verwurzelt, dass die Grundrechte allen voran der KurdInnen, gefolgt von (wie oben aufgezählt) etlichen anderen Volks- und Konfessionsgruppen, der überempfindlichen türkischen Identität zum Opfer fallen. So wie es die türkische Überempfindlichkeit in der Vergangenheit mit ihren rassistischen,

chauvinistischen Parteien mit dem Stolz, der Kultur und der Herkunft als »legitim« angesehen hat, diese Werte mit Füßen zu treten, so führt das die AKP seit der Machtübernahme 2002 mit einer noch durchdachteren und pragmatischen Politik weiter.

Wir haben nun versucht zu erklären, wie in der Türkei und in Nordkurdistan jeweils an die kurdische Frage herangegangen wird. Mit dieser Art Politik wird auch dem in Rojava und Başûr entstehenden Status für die KurdInnen gegenübergetreten.

Entweder wir oder die KurdInnen

Wenn wir es nun konkretisieren: Erdoğan sagte in der Anfangsphase der Aufstände in Syrien (im Juli 2012), dass sie es »niemals zulassen werden«19, dass Syrien gespalten wird und dort etwas Neues entsteht. Um das zu erreichen, setzte er alles in seiner Macht Stehende ein. Er ging sogar so weit, seine Verbündeten, die USA mit ihrem Präsidenten Obama, zu erpressen und vor die Wahl zu stellen: »Entweder wir oder die KurdInnen«, im Sinne von: »Sind wir deine PartnerInnen oder die TerroristInnen in Syrien?«20 Aber was Erdoğan nicht sah oder nicht sehen wollte – der Mittlere Osten und die KurdInnen haben sich verändert. Der Direktor des Mittelostprogramms der USA, Henri Barkley (Wilson Center), schrieb am 25. Februar 2012, dass die KurdInnen in ihrer gesamten Geschichte noch nie so einflussreich gewesen seien. Er erwähnte ebenfalls in Anbetracht der KurdInnen, die in Irak und Syrien das Kräftegleichgewicht bestimmen und sich in der Türkei im Aufstand befinden: »Egal ob Klein- oder Großmacht, sie wird sich mit den Forderungen der KurdInnen befassen müssen.«21

Denn die KurdInnen stellten nicht nur Forderungen, sondern entwickelten im Chaos des Mittleren Ostens praktische Lösungsansätze wie zum Beispiel in Rojava und Bakûr (West- und Nordkurdistan), wo Volksgruppen friedlich miteinander leben und sich artikulieren können. Zudem entwickelte sich ein Kampf, der sich auf die Befreiung und Beteiligung der Frauen sowohl im militärischen Bereich (Volks-/Frauenverteidigungseinheiten, YPG/YPJ) als auch im gesellschaftlichen Bereich stützt. Das führte dazu, dass die KurdInnen in der Weltöffentlichkeit immer sichtbarer wurden. Mit ihrem politischen und gesellschaftlichen System, das sie gegen das Chaos des Mittleren Ostens und gegen den IS aufbauten, erlangen sie strategische Bedeutung.

Wir wollen den Fehler in Irak jetzt in Syrien nicht wiederholen

Die Äußerung Erdoğans gegenüber Obama »Entweder wir oder die KurdInnen« stützt sich ebenfalls darauf. Aber es gibt auch einen Hintergrund für diese Aussage. Was sie Ende Januar im Hinblick auf Syrien zur Sprache brachten, ist Ausdruck des kurdInnenfeindlichen politischen Bewusstseins. »Wir wollen keinen neuen Irak. Was heißt das? Nordirak ... Jetzt soll Nordsyrien entstehen. Unmöglich, dass wir das akzeptieren. Wir wissen, dass unsere Last als Türkei groß ist, wir sind gezwungen unsere Haltung zu bewahren. Ansonsten haben wir nach Nordirak hier ein Nordsyrien. Diese Strukturen können in Zukunft große Probleme bereiten.«22

Für Erdoğan und den türkischen Staat stellt es ein Problem dar, wenn die KurdInnen einen Status haben, frei sind, sich selbst verwalten und organisiert sind. Damit es nicht zum »Problem« wird, sind sie so weit gegangen, mit dschihadistischen Organisationen wie IS und Al-Nusra Bündnisse einzugehen. Ihr Hauptproblem ist nicht, wie sie behaupten, Assad, sondern ihre KurdInnenfeindlichkeit. Erdoğan sagte am 7. Februar 2016 hinsichtlich der föderativen kurdischen Regierung in Nordirak, die seit 2003 besteht: »Wir wollen den Fehler in Irak jetzt in Syrien nicht wiederholen (...) Hätten wir am 1. März [2003] die Stationierung von US-Truppen für den Irak-Krieg nicht abgelehnt, wäre die Türkei in Irak, hätte sich Irak nicht so entwickelt. Wäre der Antrag angenommen worden, säße die Türkei mit am Tisch (...).«23

Was mit Fehler gemeint ist, ist der politische Status, den die KurdInnen in Irak erhalten haben. Auch wenn heute die VertreterInnen der Regionalregierung Kurdistan (KRG) in der Türkei »freundschaftlich« empfangen werden und sich aufgrund des Erdöl- und -gashandels »gute« nachbarschaftliche Beziehungen entwickelt haben sollten, zeigen diese jüngsten Äußerungen, dass dies für die unterbewusste KurdInnenfeindlichkeit keinen Unterschied macht.

Es wird nichts unversucht gelassen, um zu verhindern, dass die KurdInnen ihre Grundrechte erhalten und sich aus der Kolonialisierung befreien. Wie in der Geschichte in dem Artikel von Ümit Kıvanç »Dieselbe Regel auch in der Außenpolitik: Der Kurde soll seine Mutter nicht sehen«. In der Geschichte warten ein Kurde, ein Türke und ein Lase auf ihre Hinrichtung. Es ist Tradition, sie werden nach ihrem letzten Wunsch gefragt. Der Lase sagt: »Es soll mir eine Lehre sein«, der Kurde überlegt und ihm fällt seine Mutter ein, die er sehr liebt: »Ich möchte, bevor ich sterbe, meine Mutter sehen«24, sagt er. Als der Türke an der Reihe ist, sagt er, ohne zu überlegen: »Der Kurde soll seine Mutter nicht sehen!« Was im Kopf von Erdoğan vorgeht und zur Sprache kommt, ähnelt sehr dieser Geschichte. Er setzt alles außer Kraft, Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheiten, damit sie nicht auch von KurdInnen beansprucht und genutzt werden.

Erdoğan-Sackgasse kann nur mit Demokratie überwunden werden

Begriffe wie Frieden, Geschwisterlichkeit und Demokratie werden von den KurdInnen anders gefüllt als von der türkischen Politik. Während Erstere Einheit (Zusammengehörigkeit) und Demokratie fordern, lädt die herrschende türkische Politik zur »Konformität«, die aus der monistischen und diskriminierenden Politik resultiert. Was genau ist diese »Konformität«? Das Rechtssystem funktioniert nicht, vieles wird über Bestechung, Korruption und Beziehungen abgewickelt; das parlamentarische System arbeitet nicht, die Verfassung ist eine Putsch-Verfassung und auch wenn eine neue Verfassung diskutiert wird, wird ihr ethnischer Charakter aufrechterhalten (»nur für TürkInnen«); die GouverneurInnen und LandrätInnen verhindern die Entwicklung lokaler Demokratie; Freiheit und Demokratie werden nur verbal geäußert, ohne Umsetzung; Regierung und Politik sind intransparent; die Opposition wird unterdrückt und verhaftet, es gibt keine Pressefreiheit; die Wirtschaftspolitik versagt; Bildung, Recht und NGOs haben ihre Unabhängigkeit verloren; die Türkei ist mit allen Nachbarländern verfeindet, liegt mit allen Bündnispartnern, allen voran den USA und der EU, im Streit ... Wird denn aber nicht gesehen, dass diese Konformität eines Mannes, der, um Präsident zu werden, ein Präsidialsystem mit diktatorischen Zügen zur Diskussion gestellt hat, genau zu all diesen Problemen beiträgt?

Wenn die Türkei sich nicht radikal zu einer pluralistischen Demokratie wandelt – dafür stellt die Lösungsdeklaration25, die mit Öcalan und der PKK erarbeitet wurde, einen wichtigen Wegweiser dar –, wird sie ihre antidemokratische, monistische, assimilierende Putschpolitik, die seit ihrer Entstehung 1923 bis heute in unterschiedlichen Phasen praktiziert worden ist, wiederholen. Ein solcher Staat wird sich, abgesehen davon, kein Demokratiemodell für die Region zu sein, zunehmend in ein Land wie Irak unter Saddam oder Ägypten unter Mubarak und Syrien unter Assad verwandeln, die heute in der Region allesamt überwunden werden.

Fußnoten:
1  Ortadoğu’da Türkiye Algısı 2011, TESEV, Mensur Akgün, Sabiha Senyücel Gündoğar, http://tesev.org.tr/tr/yayin/ortadoguda-turkiye-algisi-2011/
2  Stratejik Derinlik – Türkiye’nin Uluslararası Konumu, Ahmet Davutoğlu, Küre Yayınları, İstanbul, 2001
3  Komşular ile sıfır sorun politikamız, http://www.mfa.gov.tr/komsularla-sifir-sorun-politikamiz.tr.mfa
4  Davutoğlu’nun istifası: Şimdi ne olacak?, http://www.bbc.com/turkce/haberler/2016/05/160505_davutoglu_analiz_arslan
5  »Yeni Türkiye’yi İnşa Etmek İçin Öz Güveni Yüksek Bir Nesil Yetiştirmek Zorundayız«, http://www.tccb.gov.tr/haberler/410/41281/yeni-turkiyeyi-insa-etmek-icin-oz-guveni-yuksek-bir-nesil-yetistirmek-zorundayiz.html
6  Ortak açıklamanın tam metni, http://www.aljazeera.com.tr/haber/ortak-aciklamanin-tam-metni
7  İHD’den süreç uyarısı, http://www.aljazeera.com.tr/haber/ihdden-surec-uyarisi
8  Erdoğan: ›Kürt sorunu var‹ demek ayrımcılıktır, http://www.aljazeera.com.tr/haber/erdogan-kurt-sorunu-var-demek-ayrimciliktir
9  Erdoğan: Dolmabahçe Mutabakatı Doğru Değil, http://www.amerikaninsesi.com/content/erdogan-dolmabahce-mutabakini-dogru-bulmuyorum/2690354.html
10  KCK’den Darbe girişime ilişkin açıklama, http://anfturkce.net/kurdistan/kck-den-darbe-girisimine-iliskin-aciklama
11  Ahmet Şık darbenin perde arkasını anlattı: Neden 15 Temmuz?, http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/turkiye/568551/Ahmet_Sik_darbenin_perde_arkasini_anlatti__Neden_15_Temmuz_.html
12  ABD İncirlik Üssü’ne Alternatif Arar mı?, http://www.amerikaninsesi.com/content/abd-incirlik-ussu-ne-alternatif-arar-mi/3201989.html
13  Türkiye Cumhuriyeti Anayasası, https://www.tbmm.gov.tr/anayasa/anayasa82.htm
14  İnsan hakları evrensel beyannamesi, http://www.ohchr.org/EN/UDHR/Pages/Language.aspx?LangID=trk
15  »Tek dil değil, tek bayrak, tek din, tek devlet dedik!«, http://www.haberturk.com/gundem/haber/739892-tek-dil-degil-tek-bayrak-tek-din-tek-devlet-dedik-
16  Türkiye’nin yeni düşmanları, http://www.radikal.com.tr/yazarlar/eyup-can/turkiyenin-yeni-dusmanlari-1141589/
17  «Hürriyet, Aydın Doğan’ındır”!, http://www.aksam.com.tr/yazarlar/hurriyet-aydin-doganindir-c2/haber-289852
18  Erdoğan: İçeride aktörleri olan ama senaryosu dışarıda yazılan bir darbe hareketidir, http://www.hurriyet.com.tr/yerel-haberler/ankara-haberleri/erdogan-iceride-aktorleri-olan-ama-senaryosu-d_318100/
19  Başbakan: Suriye’nin kuzeyinde bir oluşuma izin vermeyiz, http://www.zaman.com.tr/politika_basbakan-suriyenin-kuzeyinde-bir-olusuma-izin-vermeyiz_1323183.html
20  Erdoğan’dan Obama’ya: Senin ortağın ben miyim yoksa teröristler mi?, http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/siyaset/477038/Erdogan_dan_Obama_ya__Senin_ortagin_ben_miyim_yoksa_teroristler_mi_.html
21  Kurds are now key to a Middle East solution, http://www.ft.com/cms/s/0/5087293e-db1c-11e5-a72f-1e7744c66818.html#axzz41tJMVMIS
22  Erdogan: »Kuzey Suriye« istemeyiz, http://hurriyet.com.tr/erdogan-kuzey-suriye-istmeyiz-28056851
23  Irak'taki hataya düsmezelim, http://www.hurriyet.com.tr/iraktaki-hataya-dusmeyelim-40050485
24  Dış politikada da aynı düstur: Kürt anasını görmesin, http://www.radikal.com.tr/yazarlar/umit-kivanc/dis-politika-da-ayni-dustur-kurt-anasini-gormesin-1511455/
25  Ortak aciklamanin tam metni, http/www.aljazeera.com.tr/haber/ortak-aciklamanin-tam-metni