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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

es fällt schwer, 2013 im Hinblick auf die Entwicklungen in Kurdistan zu bewerten. Ein wichtiges Schlagwort ist sicherlich der sogenannte Lösungsprozess zwischen dem türkischen Staat und der kurdischen Freiheitsbewegung. Formell dauern die Gespräche an, doch der Prozess stockt. Die staatlichen Schritte sind mit viel Wohlwollen als kosmetischer Natur zu bezeichnen. Und trotz ausbleibender bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen Guerilla und Armee hat der Staat in Form von exzessiver Polizeigewalt immer wieder seine Fratze gezeigt.

Zuletzt sind in Gever (Yüksekova) bei Protesten gegen die Schändung der Gräber gefallener GuerillakämpferInnen drei Menschen durch Polizeikugeln ermordet worden. Welchen Weg die AKP-Regierung im Jahr 2014 im Lösungsprozess einschlagen wird, bleibt abzuwarten. Doch wenn sie ihn für ihre wahltaktischen Manöver opfert, wird das zu erheblichem Chaos führen, warnte jüngst auch der inhaftierte PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan im Gespräch mit der BDP-Delegation auf Imralı.

Für Rojava war 2013 geprägt durch den Widerstand gegen Angriffe und den Aufbau der Demokratischen Autonomie. Gleich zu Beginn von 2014 könnte die westkurdische Revolution einen großen Schritt nach vorn machen. Denn gegenwärtig laufen die Arbeiten zur Bildung einer Übergangsregierung auf Hochtouren, gleichzeitig Vorbereitungen für die internationale Friedenskonferenz für Syrien, Genf II, die für Ende Januar geplant ist. Noch ist eine eigenständige kurdische Delegation für diese Konferenz unklar, denn die Gegner der Rojava-Revolution unternehmen alles nur Erdenkliche, um die Errungenschaften der Bevölkerung zunichtezumachen. Doch eines ist gewiss: Die breite gesellschaftliche Unterstützung für das Projekt einer demokratischen Selbstverwaltung in Rojava wird es seinen Gegnern auch 2014 nicht einfach machen.

Europa hatte 2013 mit einer Schreckensmeldung begonnen: Am 9. Januar wurden die drei kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez in Paris ermordet. Hunderttausende aus ganz Europa strömten daraufhin in die französische Hauptstadt. Zwar wurde ein dringend Tatverdächtiger in Frankreich verhaftet, doch die vollständige Aufklärung dieses grausamen Verbrechens lässt weiter auf sich warten. Die wird seitdem in verschiedenen Städten Europas auf Initiative der kurdischen Frauenbewegung auf wöchentlichen Kundgebungen gefordert. Auch 2014 wird diese Forderung auf die Straße getragen werden, bis sie erfüllt ist, und anlässlich des Jahrestages der Morde werden erneut viele tausend Menschen ihre Trauer und Wut in Paris zum Ausdruck bringen.
Die Herausforderungen für die kurdische Freiheitsbewegung und all jene, die sich mit ihr für einen gerechten Frieden einsetzen, werden sicherlich auch 2014 nicht geringer.

In diesem Sinne wünschen wir allen, die an einer wirklichen Friedenslösung mitwirken, ein erfolgreiches neues Jahr!

Die Redaktion